BT-Drucksache 16/9375

Gewährleistung eines funktionsfähigen Wettbewerbs in der Hilfsmittelversorgung

Vom 28. Mai 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9375
16. Wahlperiode 28. 05. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Daniel Bahr (Münster), Heinz Lanfermann, Dr. Konrad Schily,
Dr. Heinrich L. Kolb, Detlef Parr, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Uwe Barth,
Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Jörg van Essen, Ulrike Flach,
Otto Fricke, Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter
Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen),
Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger,
Hellmut Königshaus, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Sibylle Laurischk,
Harald Leibrecht, Ina Lenke, Michael Link (Heilbronn), Markus Löning, Patrick
Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim
Otto (Frankfurt), Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler,
Marina Schuster, Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr),
Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Gewährleistung eines funktionsfähigen Wettbewerbs in der Hilfsmittelversorgung

Mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz sind die Voraussetzungen für die
Abgabe von Hilfsmitteln an Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung
verändert worden. Spätestens nach einer Übergangszeit, die bis zum 31. De-
zember 2008 noch für die Leistungserbringer gilt, die bereits vor dem GKV-
Wettbewerbsstärkungsgesetz zugelassen waren, wird es für die Versicherten
nicht mehr in jedem Fall die freie Wahl geben, wo sie ein bestimmtes Hilfsmit-
tel beziehen wollen. Ausschreibungen werden dann das Vertragsgeschehen do-
minieren bzw. in Fällen, in denen das nicht zweckmäßig ist, der Abschluss von
Verträgen mit einzelnen Anbietern oder Zusammenschlüssen von Anbietern.
Gewachsene Kundenbindungen sind dann nur noch aufrecht zu erhalten, wenn
der entsprechende Leistungserbringer einen Vertrag mit der Krankenkasse des
Versicherten schließen kann. Diese Neuregelung hat damit deutliche Auswir-
kungen auf die Art, in der Versicherte versorgt werden sowie auf das Wett-
bewerbsgeschehen im Hilfsmittelmarkt. Ohne Sicherstellung, dass es nicht zum
Missbrauch marktbeherrschender Stellungen kommen kann, geraten insbeson-
dere mittelständische Hilfsmittelerbringer in Gefahr, bei diesem Prozess aus
dem Markt gedrängt zu werden.
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Die Ausschreibungen gemäß § 127 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetz-
buch (SGB V) lassen es zu, dass sich Krankenkassen nach Abschluss des
Verfahrens für einen einzigen Anbieter von Hilfsmitteln entscheiden. Wie ist
gewährleistet, dass alle anderen Anbieter, die die Bedingungen auch erfüllen
und bereit sind, die Konditionen zu akzeptieren, ebenfalls zur Versorgung
der Versicherten dieser Krankenkasse zuzulassen sind?

Drucksache 16/9375 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
2. Wie will die Bundesregierung anderenfalls sicherstellen, dass eine qualita-
tiv gute, wohnortnahe, flächendeckende Versorgung der Patienten auch auf
mittlere Sicht erhalten bleibt, wenn alle anderen Anbieter, die nicht zum
Zuge gekommen sind, in den Konkurs gegangen sind, weil sie auf einen
Schlag z. B. bei einer großen AOK über 40 Prozent ihrer Kunden verloren
haben?

3. Wie stellt die Bundesregierung sich die vom Bundesministerium für Ge-
sundheit propagierte Sicherstellung einer ausreichenden Vielfalt der Leis-
tungserbringer durch eine sachgerechte Aufteilung in Lose bei den Aus-
schreibungen vor, wie es in einem Schreiben an die Spitzenverbände der
Krankenkassen vom 25. März 2008 zum Ausdruck gebracht worden ist?

4. Wie gedenkt die Bundesregierung die Marktmacht bestimmter gesetzlicher
Krankenkassen zu beschränken, um ruinösen Wettbewerb zu verhindern
und wann wird sie die entsprechenden wettbewerbs- und kartellrechtlichen
Vorgaben auf die gesetzlichen Krankenkassen übertragen?

5. Wann wird die Bundesregierung die Forderung des Bundeswirtschafts-
ministeriums umsetzen, die Vertragsbeziehungen zwischen Krankenkassen
und Leistungsanbietern der Wettbewerbs- und Vergabeaufsicht durch das
Bundeskartellamt zu unterwerfen und die gerichtlichen Überprüfungen bei
den Kartellgerichten anzusiedeln?

6. Wie begründet die Bundesregierung die Aussage des Bundesministeriums
für Gesundheit in einem Schreiben an die Spitzenverbände der Kranken-
kassen vom 25. März 2008, dass die gesetzlichen Regelungen dem Selbst-
bestimmungsrecht und den Interessen der Versicherten angemessen Rech-
nung tragen, wenn ein Versicherter nur noch einen einzigen Anbieter in
Anspruch nehmen kann, dem er auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist,
weil er keine Alternative hat?

7. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass die Aufforderung an die Kran-
kenkassen auch wirklich umgesetzt wird, durch Vereinbarung geeigneter
Versorgungsmodalitäten dafür Sorge zu tragen, dass schutzwürdige Daten
ihrer Versicherten auch im praktischen Versorgungsgeschehen geschützt
bleiben und nicht unbefugt offenbart werden und gegen wen richtet sich
der Anspruch der Versicherten bei Nichtbeachtung?

8. Wie begründet die Bundesregierung im Hinblick auf die durch wettbe-
werbs- und kartellrechtlich nicht eingeschränkten Ausschreibungs- und
Vertragsmöglichkeiten der Krankenkassen das Festhalten am Instrument
der Festbeträge?

9. Wie begründet die Bundesregierung ihre von einigen Gerichtsentscheidun-
gen in Verfahren zur Erlangung einstweiligen Rechtsschutzes abweichende
Auffassung, dass die Hilfsmittelversorgung bereits in der bis Ende 2008
dauernden Übergangsphase gemäß § 126 Abs. 2 SGB V allein durch Aus-
schreibungsgewinner erfolgen kann und damit die bis zum 31. Dezember
2008 zugelassenen Leistungserbringer zwar formal einen Übergangsschutz
haben, nicht aber einen materiellen?

10. Ist nach Auffassung der Bundesregierung in ausreichendem Maße sicherge-
stellt, dass diese im Rahmen des Übergangsschutzes weiterhin zugelassenen
Leistungserbringer bis zum Ende des Jahres weiterhin für jeden Versicherer
jeder Krankenkasse die erforderlichen Leistungen erbringen können?

Berlin, den 28. Mai 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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