BT-Drucksache 16/9374

Haltung der Bundesregierung zur Online-Konsultation der EU-Kommission zu freiwilligen nationalen Prüfzeichen

Vom 28. Mai 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9374
16. Wahlperiode 28. 05. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan,
Dr. Edmund Peter Geisen, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Uwe Barth, Rainer
Brüderle, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto
Fricke, Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich (Bayreuth), Joachim Günther (Plauen),
Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Hellmut Königshaus,
Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle
Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Michael Link (Heilbronn), Markus Löning,
Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-
Joachim Otto (Frankfurt), Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank
Schäffler, Marina Schuster, Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr),
Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Haltung der Bundesregierung zur Online-Konsultation der EU-Kommission zu
freiwilligen nationalen Prüfzeichen

Freiwillige Prüfzeichen wie das GS-Zeichen leisten einen wichtigen Beitrag für
den Verbraucherschutz. Verbraucher können sich darauf verlassen, dass ein
Produkt, das ein GS-Zeichen trägt, von neutralen Experten geprüft wurde, be-
vor es auf den Markt gebracht wurde, und anschließend auch seine Fertigung
überwacht wird. Das GS-Zeichen ist damit eine unverzichtbare Orientierungs-
hilfe für den Verbraucher. Es genießt große Akzeptanz bei den Herstellern, die
ihre Sicherheitskompetenz durch ein neutrales Testat dokumentieren können.

Im Zuge der Überarbeitung des Rechtsrahmens für die Vermarktung von Pro-
dukten auf Basis der Richtlinien des sogenannten New Approach versuchte die
EU-Kommission nationale Prüfzeichen (GS-Zeichen) zu verbieten – unter
anderem mit der Begründung, dass das GS-Zeichen den freien Warenverkehr
behindere. Dies trifft nicht zu, da es jedem Hersteller offen steht, der sich den
strengen Prüfanforderungen unterwirft. Das GS-Zeichen wird weltweit von ins-
gesamt 84 GS-Prüfstellen vergeben.

Das EU-Parlament sprach sich in Erster Lesung am 21. Februar 2008 gegen ein
Verbot freiwilliger Prüfzeichen aus. Auch der Deutsche Bundestag hat am
8. Mai 2008 in seinem einstimmigen Beschluss „Sicheres Spielzeug für unsere

Kinder“ die Forderung formuliert: „Das GS-Zeichen muss erhalten bleiben, so-
lange es kein EU-einheitliches Prüfzeichen gibt, das diese Funktion zuverlässig
erfüllt“. Vertreter aller Fraktionen richteten den dringenden Appell an die Bun-
desregierung, sich in Brüssel für die Beibehaltung des GS-Zeichens einzuset-
zen. Am 25. April 2008 hatte sich der Bundesrat zuvor in gleicher Richtung ge-
äußert.

Drucksache 16/9374 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wie der Entwurf der Spielzeug-Richtlinie vom 18. Februar 2008 zeigt, hält die
EU-Kommission an ihrem Verbotskurs fest. Der Aufforderung des Ausschusses
für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) des EU-Parlaments vom
27. November 2007, in einer umfangreichen Studie („in-depth analysis“) die
Bedeutung und den Wert eines unabhängigen Prüfsiegels wissenschaftlich zu
analysieren, ist die Kommission bisher nur unzureichend nachgekommen.

So hat sie am 11. April 2008 eine Internet-Konsultation „Umfrage zu einem
möglichen Sicherheitszeichen für Verbraucher“ gestartet. Die Laufzeit dieser
Umfrage endet am 6. Juni 2008 und soll als Grundlage der künftigen Position
der EU-Kommission zum GS-Zeichen bzw. einem freiwilligen EU-Prüfzei-
chen, das den Standards des GS-Zeichens entspricht, herangezogen werden.

Die Internet-Konsultation wirft eine Reihe weitreichender Fragen auf: Sie
richtet sich zwar mit einem Drittel ihrer Fragen an Verbraucher, wurde von der
EU-Kommission aber nicht transparent an die Verbraucher kommuniziert.
Selbst für Experten ist die Umfrage auf den Seiten der EU-Kommission nur
schwer zu finden. Zudem enthält sie eine Reihe von suggestiven Fragen, die auf
eine Diskreditierung des GS-Zeichens schließen lassen. Die Umfrage wurde im
Zeitraum zwischen dem 11. April 2008 und dem 6. Mai 2008 mehrfach ver-
ändert, sodass schon allein deswegen von einer wissenschaftlichen Seriosität
nicht die Rede sein kann.

Deshalb fragen wir die Bundesregierung:

1. War der Bundesregierung die Online-Konsultation bekannt, wenn ja, seit
wann?

2. War die Online-Konsultation methodisch mit den Mitgliedstaaten abge-
stimmt?

3. War der konkrete Fragenkatalog der Online-Konsultation mit den Mitglied-
staaten abgestimmt?

4. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Fragen zum Teil nicht
offen bzw. suggestiv formuliert und daher unverwertbar sind?

5. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass durch die mangelnde Kommu-
nikation und die konkrete Formulierung der Fragen den Interessen der Ver-
braucher nicht hinreichend Rechnung getragen wird?

6. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, dass die Frage-
bögen während des Konsultationszeitraums mehrfach verändert wurden?

Wenn ja, warum wurden diese verändert?

7. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass eine Veränderung der Fragen
während einer laufenden Umfrage wissenschaftlich nicht seriös und die
Verwertbarkeit der Konsultation folglich statistisch fragwürdig ist?

8. Hält die Bundesregierung die Online-Konsultation für ein geeignetes Ver-
fahren zur repräsentativen Erhebung von belastbaren Daten?

9. Wäre nach Ansicht der Bundesregierung eine Eurobarometer-Umfrage zur
Erhebung von Daten gegenüber einer Online-Konsultation nicht besser ge-
eignet?

10. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass eine Online-Konsultation
zur Vorbereitung einer für den Verbraucherschutz elementaren Weichen-
stellung weniger geeignet ist als eine wissenschaftliche Studie?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/9374

11. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass das Ergebnis dieser Online-
Umfrage unter keinen Umständen die vom Ausschuss für Binnenmarkt und
Verbraucherschutz (IMCO) des EU-Parlaments die EU-Kommission gefor-
derte umfangreiche Studie („in-depth analysis“) über die Bedeutung frei-
williger Prüfsiegel ersetzen kann?

12. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass bei der EU-Kommission ge-
genüber dem deutschen GS-Zeichen seit Jahren ohne nachvollziehbare
Argumentation eine ablehnende Haltung besteht?

13. Welche konkreten Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um
den vom Bundestag am 8. Mai 2008 geforderten Erhalt des GS-Zeichens in
Brüssel durchzusetzen?

14. Hält es die Bundesregierung für rechtssystematisch zulässig, im Rechtsrah-
men nach dem sogenannten New Approach private Prüfsiegel zuzulassen,
sie aber in Richtlinien für einzelne Produktgruppen, zum Beispiel für
Spielzeug, auszuschließen?

Berlin, den 22. Mai 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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