BT-Drucksache 16/9310

Mehr Netto für alle

Vom 28. Mai 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9310
16. Wahlperiode 28. 05. 2008

Antrag
der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele, Frank Schäffler,
Dr. Volker Wissing, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Uwe Barth, Rainer Brüderle,
Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Jörg van Essen, Paul K. Friedhoff, Horst
Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann,
Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter
Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb,
Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht,
Ina Lenke, Michael Link (Heilbronn), Markus Löning, Patrick Meinhardt, Jan Mücke,
Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt),
Cornelia Pieper, Jörg Rohde, Marina Schuster, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner,
Florian Toncar, Dr. Claudia Winterstein, Hartfrid Wolff (Rems-Murr),
Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Mehr Netto für alle

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Familien, Arbeitnehmer und Mittelstand sind die Leistungsträger in unserem
Land. Sie zu stärken ist die zentrale Aufgabe der Wirtschafts- und Steuerpolitik.
Der Ertrag von Arbeit muss soweit wie möglich in den Händen der Arbeitneh-
mer bleiben. Der Deutsche Bundestag spricht sich für ein einfaches, gerechtes
und wettbewerbsfähiges Steuersystem aus.

Viele Arbeitnehmer spüren nicht, dass der wirtschaftliche Aufschwung in
Deutschland bei ihnen persönlich ankommt. Die Tarifabschlüsse der letzten
Monate haben für viele Beschäftigte eine nennenswerte Erhöhung des Brutto-
lohns gebracht. Aber Lohnerhöhungen werden vielfach durch Preissteigerungen
bei den Ausgaben des täglichen Bedarfs und vor allem bei Strom und Benzin
aufgezehrt. Jeder Einzelne muss aber von Lohnerhöhungen wirklich profitieren.
Familien, Arbeitnehmer und Mittelstand brauchen mehr Netto vom Brutto.

Der Deutsche Bundestag spricht sich für deutliche Entlastungen bei Steuern und
Abgaben aus, vor allem für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen. Die dazu
notwendige Senkung des Einkommensteuertarifs soll nicht durch den Abbau
von Abzugsmöglichkeiten gegenfinanziert werden. Vielmehr sollen die haus-

haltspolitischen Spielräume genutzt werden, um eine echte Entlastung für jeder-
mann zu erreichen.

Das aktuelle Gutachten der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute zur Lage
der Weltwirtschaft und der deutschen Wirtschaft im Frühjahr 2008 empfiehlt,
die Steuerbelastungen zu verringern und zumindest die „heimlichen“ Steuer-
erhöhungen zu vermeiden. Das Argument, es gäbe keinen Raum für Steuer-

Drucksache 16/9310 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
senkungen, bezeichnen die Institute in diesem Zusammenhang als „irrefüh-
rend“, weil es lediglich darum gehe, eine Zunahme der Steuerbelastung zu ver-
meiden.

Der Deutsche Bundestag unterstützt die Bundesregierung in ihren Bemühungen
zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte. Steuerentlastungen stehen
hierzu allerdings nicht im Widerspruch: Sie verhelfen vielmehr der Strategie der
Haushaltskonsolidierung zum Erfolg, denn sie erhöhen das verfügbare Einkom-
men der Bürger sowie die Arbeitsanreize und fördern damit das Wirtschafts-
wachstum.

Die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden liegen im Jahr 2008
insgesamt um über 100 Mrd. Euro und damit fast ein Viertel höher als im Jahr
2005. Nach der Gemeinschaftsdiagnose der Wirtschaftsforschungsinstitute in
der Mittelfristprojektion bis 2012 ist mit einem durchschnittlichen nominalem
BIP-Wachstum von rund 3 Prozent jährlich zu rechnen. Zumindest mit dieser
Wachstumsrate werden auch die Steuereinnahmen mitlaufen. Nach überschlägi-
ger Sachschätzung wird der Gesamtstaat im Jahr 2012 gegenüber 2008 weitere
100 Mrd. Euro zusätzliche Steuern einnehmen.

Der Deutsche Bundestag spricht sich dafür aus, einen Teil dieser Mehreinnah-
men beim Steuerzahler zu belassen. Die öffentlichen Haushalte können dennoch
mit erheblichen Mehreinnahmen rechnen. Eine rechtzeitige politische Entschei-
dung hilft, mittelfristig das Ausgabeverhalten entsprechend anzupassen. Der
Deutsche Bundestag spricht sich dafür aus, vor der Einführung eines einfachen,
niedrigen und gerechten Steuersystems die Sofortentlastung und die erste Stufe
des CSU-Steuerkonzepts umzusetzen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

Gesetzentwürfe vorzulegen, die folgende Punkte berücksichtigen:

1. Zum 1. Januar 2009 werden Kindergeld und Kinderfreibeträge erhöht. Der
Umfang der Erhöhung ist abhängig von den Ergebnissen des für Herbst
dieses Jahres angekündigten Siebten Existenzminimumberichts der Bundes-
regierung.

2. Die Pendlerpauschale wird in der bis 2006 geltenden Form wieder eingeführt.

3. Zum 1. Januar 2010 wird der Grundfreibetrag von 7 764 auf 8 004 Euro
erhöht, der Eingangsteuersatz von 15 Prozent auf 13 Prozent abgesenkt.

4. Der Einkommensteuertarif wird so abgeflacht, dass nicht mehr bei einem
Einkommen von 12 739 Euro ein Steuersatz von 23,97 Prozent gilt, sondern
bei einem Einkommen von 14 000 Euro ein Steuersatz von 23,35 Prozent.

Berlin, den 27. Mai 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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