BT-Drucksache 16/9174

Zum Stand der Verhandlungen über einen Europäischen Auswärtigen Dienst

Vom 7. Mai 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9174
16. Wahlperiode 07. 05. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Werner Hoyer, Markus Löning, Michael Link (Heilbronn),
Florian Toncar, Jens Ackermann, Christian Ahrendt, Uwe Barth, Rainer Brüderle,
Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans,
Jörg van Essen, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter
Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen),
Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger,
Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz
Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger, Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt
Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia
Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Marina Schuster, Dr. Rainer
Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker
Wissing, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Zum Stand der Verhandlungen über einen Europäischen Auswärtigen Dienst

Mit dem Lissabonner Vertrag wird das institutionelle Gefüge der Europäischen
Union im Bereich der Außenbeziehungen auf eine völlig neue Grundlage ge-
stellt. Vorgesehen sind die Schaffung des Amtes eines „Hohen Vertreters der
Union für die Außen- und Sicherheitspolitik“ und die Gründung eines Europäi-
schen Auswärtigen Dienstes (EAD).

Das Zusammenspiel der einzelnen außenpolitischen Akteure – zu denen dann
auch der Präsident des Europäischen Rats zählen wird –, die Abgrenzung ihrer
Aufgabenbereiche, die Beteiligung der Mitgliedstaaten an den Meinungsbil-
dungsprozessen und das Verhältnis von Ratssekretariat, EU-Kommission und
EAD wurden bisher nicht im Einzelnen geregelt.

Die Verhandlungen über die zukünftigen Strukturen und die Arbeitsweise des
EAD befinden sich derzeit in einem entscheidenden Stadium und werden unter
französischer Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2008 im Wesentlichen
abgeschlossen werden.

Die Bundesregierung muss sich deshalb jetzt mit aller Kraft dafür einsetzen,
dass die deutschen Interessen bei den Verhandlungen über die Umsetzung der
Vorgaben des Lissabonner Vertrags maßgeblich Berücksichtigung finden. Da-

bei gilt es, sowohl den Gemeinschafts- als auch unseren nationalen Interessen
angemessen Rechnung zu tragen.

Drucksache 16/9174 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

1. Welche „Kernparameter“ zum Aufbau des EAD sind nach Meinung der
Bundesregierung noch klärungsbedürftig?

2. Inwieweit sollte der Hohe Repräsentant der Europäischen Union nach Mei-
nung der Bundesregierung in die weiteren Planungen zum EAD eingebun-
den werden?

3. Welche Vorstellungen des zukünftigen französischen Ratsvorsitzes sind der
Bundesregierung zum EAD bekannt?

4. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass der EAD zum 1. Januar 2009
seine Arbeit aufnehmen sollte oder favorisiert sie einen anderen Zeitpunkt?

5. Auf welchem Zeit- und Strukturplan basiert der Vorschlag der Bundes-
regierung zu einem „evolutiven Aufbau“ des EAD?

6. Was genau versteht die Bundesregierung unter dem von ihr vertretenen An-
satz eines „Sui-generis“-Charakters des EAD?

7. Entspricht es den Tatsachen, dass die Bundesregierung den Ansatz, den
EAD möglichst eng an die Europäische Kommission anzubinden, ablehnt
und dem „Sui-generis“-Charakter des EAD als Verhandlungsgrundlage be-
reits im Ausschuss der Ständigen Vertreter am 10. April dieses Jahres zuge-
stimmt hat?

8. Welche Mechanismen demokratisch-parlamentarischer Kontrolle sieht die
Bundesregierung in Bezug auf den EAD als notwendig an?

9. Welche Meinung vertritt die Bundesregierung angesichts des Konzeptes
eines „Sui-generis“-Charakters des EAD hinsichtlich dessen haushaltswirt-
schaftlicher Eigenständigkeit?

10. Welche Meinung vertritt die Bundesregierung angesichts des Konzeptes
eines „Sui-generis“-Charakters des EAD hinsichtlich dessen verwaltungs-
technischer Eigenständigkeit bzw. dessen Anbindung an vorhandene Struk-
turen innerhalb der Europäischen Kommission?

11. Soll der Präsident des Europäischen Rates nach Auffassung der Bundes-
regierung, die in Brüssel die Position vertritt, dieser solle sich bei der
Wahrnehmung seiner Aufgaben auf den EAD „stützen“ können, ein punk-
tuelles oder umfassendes Weisungsrecht gegenüber dem EAD haben?

12. Wie soll – vor dem Hintergrund, dass durch die Einsetzung eines „Hohen
Vertreters der Union für die Außen- und Sicherheitspolitik“, der zugleich
Vizepräsident der EU-Kommission und EU-Außenkommissar ist, erreicht
werden, dass die Union außenpolitisch künftig mit einer Stimme spricht –
eine erneute Vielstimmigkeit der EU verhindert werden, wenn zugleich
auch der künftige Präsident des Europäischen Rates mit außenpolitischen
Fragen befasst sein wird?

13. Welche Rolle soll der EAD bei der Formulierung außenpolitischer Aus-
sagen und der Erarbeitung inhaltlicher Festlegungen in der Gemeinsamen
Außen- und Sicherheitspolitik im Gefüge der dafür bisher zuständigen und
weiter fortbestehenden Ratsgremien – von den Ratsarbeitsgruppen über das
Politische und Sicherheitspolitische Komitee und den Ausschuss der Stän-
digen Vertreter bis zum Ministerrat – spielen?

14. Gibt es Überlegungen, dass der EAD auch eine Funktion im Bereich der
Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik übernehmen soll, und
wie ist die Haltung der Bundesregierung zu dieser Frage?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/9174

15. Von welchen Schätzungen geht die Bundesregierung intern bezüglich der
Personalzahlen für den EAD aus, und zwar sowohl mit Blick auf den Ge-
samtbedarf als auch mit Blick auf den von Deutschland national bereitzu-
stellenden Anteil?

16. Für wann rechnet die Bundesregierung mit konkreten Vorschlägen seitens
der Europäischen Kommission und des Ratssekretariates bezüglich der
Personalzahlen beim EAD?

17. Zu welchen Teilen sollten Europäische Kommission, Ratssekretariat und
Mitgliedstaaten nach Meinung der Bundesregierung im EAD vertreten
sein?

18. Welche Änderungen im Personalstatut hält die Bundesregierung für not-
wendig, um eine Gleichstellung der von den Mitgliedstaaten entsandten
Mitarbeiter im Verhältnis zu den Mitarbeitern der Europäischen Kommis-
sion und des Ratssekretariates sicherzustellen?

19. Wie will die Bundesregierung gewährleisten, dass die von den Mitglied-
staaten in den EAD entsandten Mitarbeiter dort auch Führungsaufgaben
übernehmen können?

20. Ist geplant, dass die von den Mitgliedstaaten entsandten Angehörigen des
Europäischen Auswärtigen Dienstes nur in der Brüssel Zentrale eingesetzt
werden oder sollen sie auch in den Delegationen im Ausland Dienst tun?

Was strebt die Bundesregierung an?

21. Welche Erwägungen haben dazu geführt, dass die Bundesregierung – wie
der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, im
Ausschuss für die Angelegenheiten der EU des Deutschen Bundestages er-
klärt hat – eine Aufgabenstellung des EAD nach der Formel „everything
but trade“ anstrebt?

22. Welche bestehenden Arbeitseinheiten der Europäischen Kommission und
des Ratssekretariates sollten nach Meinung der Bundesregierung in den
EAD übertragen werden?

23. Ist die Bundesregierung der Meinung, dass das aus den Reihen der Europä-
ischen Kommission und des Ratssekretariates für den EAD rekrutierte Per-
sonal einer Rotation in und aus dem EAD unterliegen sollte?

24. Ist die Bundesregierung der Meinung, dass das Personal des EAD ein-
schließlich des Anteils der Mitgliedstaaten aus dem Gemeinschaftshaushalt
finanziert werden sollte?

25. In welcher Form setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass innerhalb
des EAD Deutsch als Arbeitssprache gelten soll?

26. Unterstützt die Bundesregierung Vorschläge zu Sprachenregimen für den
EAD, in denen Deutsch als Arbeitssprache nicht vorgesehen ist, und wenn
ja, warum und welche?

27. Welche Rolle sollten nach Ansicht der Bundesregierung die Mitgliedstaa-
ten bei der Auswahl des Personals zum EAD spielen?

28. Welche spezifischen Anforderungen erachtet die Bundesregierung für die
Entsendung deutscher Mitarbeiter in den EAD für notwendig?

29. Wie viel Prozent der Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes und anderer Bun-
desministerien erfüllen derzeit diese Anforderungen?

30. In welcher Form erfolgt im Auswärtigen Amt und in anderen Bundesminis-
terien die Vorbereitung von Mitarbeitern auf eine Tätigkeit im EAD?

Drucksache 16/9174 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
31. Haben das Auswärtige Amt und andere Bundesministerien bereits konkret
Mitarbeiter angesprochen, ob sie für eine Verwendung im EAD Anfang des
nächsten Jahres zur Verfügung stünden, auch mit Blick auf die im Falle
einer Versetzung nach Brüssel erforderlichen Planungen für die Familien
der Beamtinnen und Beamten?

Wenn ja, um wie viele Mitarbeiter auf welchen Dienstsstufen handelt es
sich?

32. Wie viele neue Stellen haben das Auswärtige Amt und andere Bundes-
ministerien für das Haushaltsjahr 2009 beim Bundesministerium der Finan-
zen zur Kompensation der in den EAD zu entsendenden Mitarbeiter bean-
tragt?

33. Plant die Bundesregierung eine Beteiligung der Bundesländer an der Ent-
sendung von deutschen Mitarbeitern in den EAD?

Berlin, den 9. Mai 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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