BT-Drucksache 16/9005

Militärisch gelenkte Öffentlichkeit durch Natochannel.tv und Bundeswehr TV

Vom 28. April 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9005
16. Wahlperiode 28. 04. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Lothar Bisky, Paul Schäfer (Köln), Dr. Petra Sitte, Monika
Knoche, Cornelia Hirsch, Inge Höger, Dr. Lukrezia Jochimsen, Dr. Norman Paech,
Volker Schneider (Saarbrücken) und der Fraktion DIE LINKE.

Militärisch gelenkte Öffentlichkeit durch Natochannel.tv und Bundeswehr TV

Am 2. April 2008 hat die NATO den internetbasierten TV-Kanal Nato-
channel.tv freigeschaltet. Das Portal soll nach Eigenangaben (www.nato.int/
natochannel/index.html) rund um die Uhr Zugang zu Videomaterial aus Ge-
bieten liefern, wo immer NATO-Mitgliedstaaten im operativen Einsatz sind.
Dieses wird nicht nur in Form von vorproduzierten Berichten im Internet
ausgestrahlt, sondern soll auch in Broadcast-Qualität für Fernsehstationen zur
Verfügung gestellt werden. Der Deutsche Journalisten Verband sieht in Nato-
channel.tv journalistische Mindestanforderungen an Unabhängigkeit und Re-
cherche nicht gewährleistet und spricht von „Propaganda“ (Presseerklärung
vom 3. April 2008).

Das Programm von Bundeswehr TV (bwtv) wird über Satellit ausgestrahlt und
ist ausschließlich über einen speziellen Decoder zu empfangen. Ausgewählte
Beiträge werden ins Internet eingestellt. Es richtet sich in erster Linie an die
Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz. Gezeigt werden moderierte
Nachrichten, Texttafelnachrichten, Magazinsendungen, Liveübertragungen,
Spielfilme, Interviewsendungen und Sportübertragungen. Seit April 2002
befindet sich bwtv im Probebetrieb. Eine Entscheidung darüber, ob bwtv im
Regelbetrieb senden wird, steht noch aus.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. In welcher Form waren die Bundesregierung und ihr untergeordnete Minis-
terien und Behörden an der Entwicklung und dem Aufbau des Fernseh-
senders Natochannel.tv beteiligt?

2. Wurden im Vorfeld der Planungen für Natochannel.tv Gutachten und Stel-
lungnahmen von externen Experten eingeholt, und wenn ja, von wem?

3. Welche finanziellen Mittel sind für Natochannel.tv eingeplant und aus
welchem Etat der NATO kommen diese Mittel?

4. Mit welchen Mitteln für Personal- und Sachkosten wird die Bundesregie-

rung den TV-Kanal der NATO unterstützen?

5. Unterstützt die Bundesregierung oder die Bundeswehr den TV-Kanal der
NATO auf andere Art und Weise?

Wenn ja, wie?

6. Wer trägt die Verantwortung für die Programmgestaltung und die Redak-
tionsarbeit für Natochannel.tv?

Drucksache 16/9005 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

7. Wie viel Personal wird für die Erstellung und Umsetzung des NATO-Pro-
gramms eingesetzt?

8. Wie viele Kamerateams und Reporter sind für Natochannel.tv im Einsatz
(bitte aufgeschlüsselt nach Einsatzgebieten)?

9. Unterliegt die Berichterstattung der Reporter von Natochannel.tv vor der
Veröffentlichung einer militärischen Zensur oder einer sonstigen Über-
prüfung durch NATO-Dienststellen?

Wenn ja, durch wen?

10. Mit welchen Maßnahmen soll erreicht werden, dass Natochannel.tv eine
unabhängige Berichterstattung gewährleistet?

11. Haben sich die NATO-Staaten auf einen Kodex mit Verhaltensregeln für
die Arbeit von Natochannel.tv geeinigt?

Wenn nicht, warum ist dies nicht geschehen und sollte dies nach Auf-
fassung der Bundesregierung nicht nachgeholt werden?

12. Wird das den Redaktionen zur Ausstrahlung zur Verfügung gestellte
Videomaterial als von der NATO produziertes im Bild gekennzeichnet
sein?

13. Welche NATO-Vorschriften gibt es für die Weiterverwendung von auf
Natochannel.tv veröffentlichtem Material durch Dritte, und wie wird ge-
gebenenfalls die Einhaltung kontrolliert?

14. Unter welchen Bedingungen wird unabhängigen Medienvertreterinnen und
-vertretern das einem Natochannel.tv-Beitrag zugrunde liegende Rohmate-
rial zur Verfügung gestellt?

15. Welche Institutionen bzw. Vertreter Deutschlands sind in das Projekt Nato-
channel.tv einbezogen bzw. arbeiten an dem Projekt mit?

16. Welche Ausgaben für Personal- und Sachkosten wurden in den Jahren
2002 bis 2008 für bwtv getätigt (bitte nach Jahren und unterteilt in Per-
sonal- und Sachkosten aufschlüsseln)?

17. Wer trägt die Verantwortung für die Programmgestaltung und die Redak-
tionsarbeit für bwtv?

18. Wie viele Kamerateams und Reporter sind für bwtv im Einsatz?

19. Wie viel Personal wird für die Erstellung und Umsetzung des Bundeswehr-
Programms eingesetzt?

20. Unterliegt die Berichterstattung der Reporter von bwtv vor der Veröffent-
lichung einer militärischen Zensur oder einer sonstigen Überprüfung durch
Bundeswehr-Dienststellen?

Wenn ja, durch wen?

21. Wie wird eine unabhängige und sachliche Berichterstattung, die anerkann-
ten journalistischen Grundsätzen genügt, in den bwtv Nachrichten und
Presseschauen sichergestellt?

22. Welche Verträge bzw. Kooperationen bestehen zwischen bwtv und privaten
Unternehmen oder Dienstleistern zu welchem Zweck (bitte auflisten nach
Unternehmen/Dienstleister und Art der Tätigkeit)?

23. Ist eine Kooperation zwischen bwtv und Natochannel.tv beabsichtigt bzw.
bestehen Überlegungen oder Pläne für eine solche?

Wenn ja, welche?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/9005

24. Welche Mittel für Senderechte wurden in den Jahren 2002 bis 2008 für
bwtv aufgebracht (bitte nach Jahren aufschlüsseln)?

25. Welchen Anteil haben Bundeswehreigenproduktionen an der Sendezeit
von bwtv?

26. Für welchen Zeitraum und zu welchen finanziellen Konditionen wurden
die Bundesliga-Live-Rechte (Bundesliga-Konferenz) durch bwtv erwor-
ben?

27. Wie bewertet die Bundesregierung das Kosten-Nutzen-Verhältnis des
Bundeswehrfernsehens vor dem Hintergrund, dass die Verfügbarkeit von
öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehsendern (ARD, ZDF, WDR,
Premiere, RTL usw.) in den Einsatzgebieten ISAF, EUFOR, KFOR und
EUFOR RD CONGO deutlich höher ist als die von bwtv?

28. Wann und durch wen wird entschieden, ob bwtv in Regelbetrieb gehen
wird?

29. Gibt es – jenseits der Unterrichtung durch den Wehrbeauftragten (Bundes-
tagsdrucksache 16/8200, S. 42) – bereits Gutachten bzw. Stellungnahmen,
die für oder wider einen Regelbetrieb plädieren?

Wenn ja, welche?

30. Welche Kosten für den Betrieb von bwtv sind für die nächsten fünf Jahre
veranschlagt?

Berlin, den 25. April 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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