BT-Drucksache 16/8976

Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen

Vom 25. April 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8976
16. Wahlperiode 25. 04. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, Dr. Martina Bunge, Cornelia Hirsch,
Volker Schneider (Saarbrücken), Dr. Ilja Seifert, Frank Spieth und der
Fraktion DIE LINKE.

Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen

Am 11. März 2008 verkündete die Bundesministerin für Bildung und For-
schung, Dr. Annette Schavan, die Entscheidung, am Standort Bonn das ge-
plante nationale Demenzforschungszentrum anzusiedeln. In Anbindung an das
dortige Universitätsklinikum sowie weiterer Satellitenstandorte unter anderem
in Rostock, München, Köln und Jülich soll hier die Forschung über neuro-
degenerative Krankheiten wie Parkinson und Alzheimer vorangetrieben
werden. Nach Aussage der Bundesregierung stehen neben der Erforschung der
Krankheitsursachen auch Möglichkeiten der Früherkennung sowie der Ent-
wicklung von adäquaten Behandlungsformen und Pflegekonzepten im Fokus.
Das neue Forschungszentrum solle nach Aussagen der Bundesministerin ein
„Leuchtturm“ der Forschung werden und Deutschland an die internationale
Spitze der Erforschung neurodegenerativer Erkrankungen führen. Das For-
schungszentrum wird zur HelmholtzGemeinschaft gehören und mit 40 Mio.
Euro durch die Bundesregierung gefördert. Für weitere Standorte der Demenz-
forschung stehen laut Bundesregierung 20 Mio. Euro zur Verfügung.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche konkreten Aufgaben und Funktionen soll das Deutsche Zentrum für
Neurodegenerative Krankheiten erfüllen, die bisher nicht im erforderlichen
Maße von der Forschungslandschaft abgedeckt werden?

2. Welche Fragestellungen im Bereich der Demenzforschung sind aus Sicht der
Bundesregierung derzeit die dringendsten, so dass sie vorrangig im Rahmen
des Zentrums bearbeitet werden sollen?

3. Welchen Anteil sollen nach Auffassung der Bundesregierung Fragen der
Präventions- und Versorgungsforschung auf der einen sowie der Grund-
lagenforschung auf der anderen Seite in der Arbeit des Forschungszentrums
einnehmen?

4. Wie ist aus der Sicht der Bundesregierung die anwendungs- und versor-
gungsnahe Ausrichtung des Forschungszentrums (vgl. Sprecherin des

Bundesministeriums für Bildung und Forschung – BMBF – in der Süd-
deutschen Zeitung vom 22. September 2007) mit dem Profil der Grund-
lagenforschung der Helmholtz-Gemeinschaft zu vereinbaren?

5. Welche spezielle Aufgabenstellung grenzt das „Leuchtturmprojekt Demenz“
des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) von dem Demenzfor-
schungszentrum ab?

Drucksache 16/8976 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

6. In welcher Form werden Projekte des „Leuchtturmprojektes Demenz“ mit
dem Forschungszentrum kooperieren?

7. In welcher Form wird die Zusammenarbeit des zentralen Standorts Bonn mit
den ebenfalls geförderten weiteren sechs Standorten in Göttingen, München,
Tübingen, Magdeburg, Witten/Herdecke und Rostock/Greifswald erfolgen?

8. Wie bewertet die Bundesregierung die langfristige Stabilität des Zentrums-
partners Privatuniversität Witten/Herdecke, der in jüngster Zeit wegen
starker finanzieller Schwierigkeiten vor dem Aus stand?

9. Wie schätzt die Bundesregierung die Chancen ein, hervorragende Wissen-
schaftlerinnen und Wissenschaftler in der benötigten Anzahl für das neue
Zentrum zu engagieren?

10. Wie bewertet die Bundesregierung die Gefahr, dass durch die Schaffung
eines solchen „Leuchtturmprojektes“ andere gewachsene Standorte der
Demenzforschung geschwächt werden, etwa durch Abwerbung von
Forscherinnen und Forschern?

11. Wann wird das neue Forschungszentrum aus Sicht der Bundesregierung
arbeitsfähig sein?

12. In welchen organisatorischen Strukturen und in welchem zeitlichen Ablauf
wurde die Entscheidung für den Standort des Kernzentrums und die ange-
bundenen Standorte gefällt?

13. Stand die Frage der wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit im Vordergrund
der Standortentscheidung für den Standort Bonn oder gab es weitere Krite-
rien?

14. Aus welchen Gründen wurden etablierte Standorte der Forschung an neu-
rodegenerativen Erkrankungen wie Berlin, München oder Heidelberg nicht
ausgewählt?

15. Nach welchen Kriterien wurden die Mitglieder der Gründungskommission,
die die Standortentscheidung zu fällen hatten, ausgewählt?

16. Wie bewertet die Bundesregierung die Kritik, dass vier von fünf Mitglie-
dern der Kommission aus dem Bereich der Grundlagenforschung kämen
und damit eine Vorfestlegung auf die Grundlagenorientierung verbunden
sei (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 12. März 2008)?

17. Waren internationale Gutachter aus der Wissenschaft in den Auswahlpro-
zess eingebunden?

Wenn ja, welche?

18. Gab es im Rahmen des Auswahlverfahrens Begehungen der sich bewer-
benden Standorte?

19. Welchen Umfang hatten die von der Bundesregierung angeforderten An-
träge?

20. Wie bewertet die Bundesregierung die Kritik von Wissenschaftlern, dass
das Ausschreibungsverfahren der Tragweite des Projektes sowie der För-
dersumme unangemessen war (vgl. etwa Hendrik van den Bussche in der
Süddeutschen Zeitung vom 12. März 2008)?

21. Wie begründet die Bundesregierung die erheblichen Unterschiede in Auf-
wand und Komplexität der Auswahlverfahren etwa im Vergleich zur Exzel-
lenzinitiative oder dem Spitzenclusterwettbewerb?

22. Wird die Finanzierung des Demenzforschungszentrums im Rahmen der
Programmorientierten Förderung der Helmholtz-Gemeinschaft erfolgen?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8976

23. Wie bewertet die Bundesregierung das Interesse aus der Privatwirtschaft an
der Forschung des Forschungszentrums?

24. In welcher Form ist die Beteiligung privater Geldgeber oder Sponsoren an
dem Zentrum geplant?

25. Wie bewertet die Bundesregierung den Vorschlag des Vorsitzenden der
Deutschen Gesellschaft für Stammzellforschung, Prof. Jürgen Hescheler,
statt eines Großinstituts eher besonders innovative Promotionsvorhaben zu
fördern, um auf diese Weise Durchbrüche in der Forschung zu erzielen
(vgl. Rheinischer MERKUR vom 14. Februar 2008)?

Berlin, den 23. April 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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