BT-Drucksache 16/8970

Gesundheitszustand der Menschen mit geistiger Behinderung in der Bundesrepublik Deutschland

Vom 23. April 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8970
16. Wahlperiode 23. 04. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Detlef Parr, Jörg Rohde, Miriam Gruß, Joachim Günther
(Plauen), Jens Ackermann, Daniel Bahr (Münster), Uwe Barth, Rainer Brüderle,
Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans,
Jörg van Essen, Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Heinz
Lanfermann, Michael Link (Heilbronn), Patrick Meinhardt, Dirk Niebel, Hans-
Joachim Otto (Frankfurt), Cornelia Pieper, Frank Schäffler, Marina Schuster, Carl-
Ludwig Thiele, Florian Toncar, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Guido Westerwelle und
der Fraktion der FDP

Gesundheitszustand der Menschen mit geistiger Behinderung in der
Bundesrepublik Deutschland

In Deutschland leben und arbeiten ca. eine halbe Million Menschen mit geisti-
ger Behinderung in Fördereinrichtungen, Werkstätten, betreuten Wohngemein-
schaften und karitativen Institutionen. Organisationen wie die Bundesarbeits-
gemeinschaft Ärzte für Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung
e. V. oder Special Olympics Deutschland (SOD) e. V. kümmern sich um die ge-
sundheitlichen Belange von geistig und mehrfach behinderten Menschen.

Menschen mit geistiger Behinderung sind oft nur schwer in der Lage, ihren ge-
sundheitlichen Zustand selbstständig zu beurteilen. Sie sind auf eine adäquate
medizinische Betreuung, die auf ihre Bedürfnisse entsprechend eingeht, ange-
wiesen.

Die Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung
e. V., die Bundesarbeitsgemeinschaft Ärzte für Menschen mit geistiger oder
mehrfacher Behinderung e. V. und der Bundesverband evangelische Behinder-
tenhilfe e. V. (BeB) verweisen seit Jahren auf Defizite in der Ausbildung. Die
Ärztinnen und Ärzte, die in besonderer Weise für die Behandlung geistig behin-
derter Patienten qualifiziert sind, werden nur unzureichend vergütet. Das Ver-
gütungssystem bildet den behinderungsbedingten Mehrbedarf und den entspre-
chenden Mehraufwand der Vertragsärzte bei der Versorgung von Menschen mit
schwerer Behinderung nach Aussage des BeB nicht angemessen ab. Das gelte
sogar noch in verschärfter Form auch für den neuen Einheitlichen Bewertungs-
maßstab 2008 (EBM). Infolge dieser Defizite ist flächendeckend eine optimale
gesundheitliche Versorgung geistig behinderter Menschen nicht immer gewähr-
leistet.
Das Programm Healthy Athletes beispielsweise bietet im Rahmen von Special
Olympics Veranstaltungen kostenlose und umfassende Gesundheitsunter-
suchungen an. Diese Untersuchungen werden von Ärzten durchgeführt, die auf
die besonderen Bedürfnisse der Menschen mit geistiger Behinderung geschult
wurden. Es werden z. B. die Seh- und Hörfähigkeit, die Zahngesundheit und
der orthopädische Gesamtzustand untersucht. Gerade im internationalen Ver-
gleich sind die Ergebnisse besorgniserregend.

Drucksache 16/8970 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den gesundheitlichen
Zustand der Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung in der
Bundesrepublik Deutschland, und wie beurteilt die Bundesregierung deren
Gesamtgesundheitszustand?

2. Gibt es nach den Erkenntnissen der Bundesregierung Schwierigkeiten im
Rahmen der gesundheitlichen Versorgung von Menschen mit geistiger Be-
hinderung, und wenn ja, welche?

3. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um die medizinische
Versorgung der Menschen mit geistiger Behinderung in Deutschland auf
ihre speziellen Bedürfnisse auszurichten?

4. Plant die Bundesregierung gesundheitspolitische Initiativen oder Förder-
programme zur Unterstützung von Menschen mit geistiger Behinderung,
um die medizinische Versorgung und Behandlung dieser Menschen zu ver-
bessern, und wenn ja, welche?

5. Wie beurteilt die Bundesregierung die Qualität der Aus-, Fort- und Weiter-
bildung von Ärzten, sonstigen Therapeuten und Pflegekräften im Hinblick
auf die Versorgung von Menschen mit geistiger Behinderung?

6. Wie beurteilt die Bundesregierung die Umsetzung der vom Gesetzgeber
vorgegebenen stärkeren Pauschalierung ärztlicher, insbesondere hausärzt-
licher Leistungen im Hinblick auf eine adäquate Versorgung von Menschen
mit schwerer Behinderung?

7. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den Forschungsstand im
Bereich der Medizin für Menschen mit Behinderungen?

8. Wird der eventuelle zeitliche Mehraufwand für die Diagnosestellung und
Behandlung geistig behinderter Patienten nach Ansicht der Bundesregie-
rung bei der Honorierung und Vergütung von Ärzten und Therapeuten
adäquat berücksichtigt, und wenn nein, wie soll Abhilfe geschaffen wer-
den?

9. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung dem Sport für Menschen mit
geistiger Behinderung zu?

10. Wie beurteilt die Bundesregierung das Special Olympics-Programm
Healthy Athletes, und ist sie gegebenenfalls bereit, zur Verbreiterung der
Datenlage einen Ausbau zu unterstützen?

Berlin, den 23. April 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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