BT-Drucksache 16/8960

Aussteigerprogramme für Mitglieder der rechtsextremistischen Szene

Vom 23. April 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8960
16. Wahlperiode 23. 04. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Christian Ahrendt, Miriam Gruß, Gisela Piltz, Hartfrid Wolff
(Rems-Murr), Dr. Max Stadler, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Ina Lenke,
Burkhardt Müller-Sönksen, Dr. Konrad Schily, Ernst Burgbacher, Dr. Edmund
Peter Geisen, Michael Link (Heilbronn), Hellmut Königshaus, Martin Zeil, Jörg
Rohde, Gudrun Kopp, Markus Löning, Detlef Parr, Jens Ackermann, Jörg van
Essen, Daniel Bahr (Münster), Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst,
Patrick Döring, Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael Goldmann, Joachim
Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Birgit
Homburger, Dr. Werner Hoyer, Dr. Heinrich L. Kolb, Heinz Lanfermann, Harald
Leibrecht, Patrick Meinhardt, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Cornelia
Pieper, Frank Schäffler, Marina Schuster, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar,
Christoph Waitz, Dr. Volker Wissing, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion
der FDP

Aussteigerprogramme für Mitglieder der rechtsextremistischen Szene

Zahlreiche Vereine und Organisationen bemühen sich um präventive Maßnah-
men wie Aufklärung und politische Bildung über Rechtsextremismus und
Linksextremismus sowie ihre verheerenden Folgen. Ebenso ist es notwendig,
dass die Bundesregierung Aussteigerprogramme anbietet und fördert, die die
Betroffenen bei ihrer Entscheidung und dem Ausstieg unterstützen.

Auf staatlicher Ebene gibt es bereits seit 2001 vom Bundesamt für Verfassungs-
schutz ein Aussteigerprogramm für Mitglieder der rechtsextremistischen
Szene. Diese Behörde arbeitet auf zwei Ebenen: Einerseits werden gezielt
Schlüsselfiguren der rechtsextremistischen Szene angesprochen, um sie zum
Ausstieg zu bewegen. Andererseits hat sie eine Hotline eingerichtet, über die
individuelle Hilfestellungen angeboten werden. Zudem gibt es private Aus-
steigerorganisationen, wie z. B. das „EXIT-Deutschland“, das Aussteiger u. a.
aus rechtsextremistischen Gruppen unterstützt.

Die rechtsextremistische Szene bemüht sich hingegen, durch Wiederein-
stiegsprogramme ihre ehemaligen Anhänger erneut an sich zu binden. Erfah-
rungen ehemaliger NPD-Mitglieder wie Ingo Hasselbach haben gezeigt, dass
der Ausstieg aus der rechtsextremistischen Szene mit enormen Schwierigkeiten
bis hin zu Morddrohungen verbunden sein kann.
Wir fragen daher die Bundesregierung:

1. Ist der Bundesregierung bekannt, aus welcher rechtsextremistischen Szene
(d. h. aus Parteien, Kameradschaften etc.) die Hilfesuchenden kommen?
(Bitte bei den Antworten je nach Möglichkeit zwischen Frauen und Män-
nern unterscheiden.)

Drucksache 16/8960 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2. Wie viele Ausstiegswillige der rechtsextremistischen Szene melden sich in
welchem Bundesland und bei welcher Organisation bzw. Behörde?

3. Besteht in allen Bundesländern ein Beratungsnetzwerk für Ausstiegs-
willige, insbesondere für Jugendliche und deren Angehörige?

4. Finden aktive Maßnahmen derart statt, dass an Mitglieder der rechtsextre-
mistischen Szene mit Ausstiegsangeboten herangetreten wird und wenn ja,
wie viele Personen sind auf diese Weise tatsächlich aus der rechten Szene
ausgetreten?

5. Ist der Bundesregierung bekannt, welche die häufigsten Ausstiegsgründe
sind?

6. Wie viele ausstiegswillige Menschen werden derzeit durch die staatlich ge-
förderten Aussteigerprogramme betreut?

7. Verfügt die Bundesregierung über Erkenntnisse, welche Wiederein-
stiegsprogramme die rechtsextremistische Szene einsetzt, um Aussteiger
zurückzuholen, und wenn ja, wie sehen diese aus?

8. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, wie viele Personen
jeweils in welchen Bundesländern in den letzten fünf Jahren nach ihrem
Ausstieg aus der rechtsextremistischen Szene in dieser wieder aktiv gewor-
den sind?

9. Wie sieht die konkrete Hilfestellung für die ehemaligen Anhänger der
rechtsextremistischen Szene aus, nachdem sie sich an das Aussteiger-
programm des Verfassungsschutzes mit dem Austrittswunsch gewandt
haben?

10. Bestehen zwischen den staatlichen und privaten Aussteigerorganisationen
bzw. -programmen Kooperationen und wenn ja, wie sehen diese aus?

11. Gibt es länderübergreifende Aussteigerorganisationen und wenn ja, wel-
che?

Wie sieht die Zusammenarbeit dieser Organisationen aus?

12. Gibt es öffentliche Stellen bzw. private Einrichtungen oder Organisationen,
an die sich speziell betroffene Familienangehörige wenden können und
wenn ja, welche?

13. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über das Alter der Personen vor,
die sich an die Aussteigerprogramme wenden und wenn ja, um welche Al-
tersgruppen handelt es sich?

14. Über welche besonderen Kompetenzen verfügen die für die Aussteiger-
programme tätigen Personen und welche besonderen Lehrgänge qualifizie-
ren sie für ihre Aufgaben?

15. Ist der Bundesregierung bekannt, ob Polizei und Justiz bei Jugendlichen,
die wegen einer rechtsextremistisch geprägten Straftat aufgefallen sind, an
die Aussteigerorganisation bzw. -programme herantreten?

16. Verfügt die Bundesregierung über Kenntnisse, ob rechtsextreme Jugend-
liche, die erstmals strafrechtlich auffällig geworden sind, durch die Koope-
ration von Aussteigerorganisationen bzw. -programmen und Polizei infor-
miert werden?

17. Gibt es zeitliche Befristungen staatlicher Aussteigerprogramme und wenn
ja, welche Laufzeit betragen sie (Auflistung bitte nach Programmen)?

18. Ist die staatliche Förderung der privaten Aussteigerorganisationen bzw.
-programme befristet?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8960

19. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, ob Polizeibeamte,
Lehrer und Sozialarbeiter über die Aussteigerorganisationen bzw. -pro-
gramme informiert werden und wenn ja, wie wird die Information sicher-
gestellt?

20. Gibt es zwischen dem Verfassungsschutz und den Aussteigerorganisatio-
nen bzw. -programmen eine Kooperation derart, dass von den Aussteigern
bekannt gewordene Umstände an den Verfassungsschutz weitergeleitet
werden?

21. Ist der Bundesregierung bekannt, ob staatlich mitfinanzierte Aussteigeror-
ganisationen bzw. -programme von Linksextremisten bzw. deren Sympa-
thisanten unterstützt werden und wenn ja, hält die Bundesregierung dies für
sinnvoll und um welche Aussteigerorganisationen bzw. -programme han-
delt es sich hierbei?

Berlin, den 23. April 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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