BT-Drucksache 16/8952

Systematisches Bildungsmarketing - Berufliche Bildungsdienstleistung als Exportartikel

Vom 23. April 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8952
16. Wahlperiode 23. 04. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Patrick Meinhardt, Uwe Barth, Cornelia Pieper, Christian
Ahrendt, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick Döring,
Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund
Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen),
Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Birgit Homburger, Dr. Werner
Hoyer, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Heinz Lanfermann, Harald Leibrecht,
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel,
Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Jörg Rohde, Frank Schäffler,
Marina Schuster, Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph
Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle
und der Fraktion der FDP

Systematisches Bildungsmarketing – Berufliche Bildungsdienstleistung
als Exportartikel

Die auf dem dualen System beruhende berufliche Bildung ist ein deutsches
Erfolgsmodell, an dem ein zunehmendes internationales Interesse besteht. Kein
Wunder: Garantiert das duale System Qualifikation auf allerhöchstem Niveau
bei gleichzeitiger Verankerung in der beruflichen Praxis. So gelingt es dem
dualen System, Ausbildungsinhalte stets auf dem neusten Stand der techni-
schen Entwicklung zu halten. Auch der Übergang in ein reguläres Beschäf-
tigungsverhältnis fällt jungen Absolventinnen und Absolventen einer betriebli-
chen Ausbildung verhältnismäßig leicht – zumindest im Vergleich mit Ländern,
in denen rein schulische Ausbildungen dominieren. Dementsprechend liegt die
Jugendarbeitslosigkeit in Finnland (20,1 Prozent) oder Schweden (22,6 Pro-
zent) deutlich über dem deutschen Niveau von 14,8 Prozent (vgl. Statistisches
Amt der Europäischen Gemeinschaften, Dezember 2006).

Insbesondere die dynamisch wachsenden Schwellenländer, häufig durch den
suboptimalen Ausbildungsstand der eigenen Arbeiter im Wachstum gehemmt,
sind daran interessiert, vergleichbare Ausbildungs- und Qualifizierungsstruk-
turen aufzubauen. Dementsprechend äußerte Indiens Arbeitsminister Oscar
Fernandes, Indien müsse jährlich zehn Millionen Menschen beruflich qualifi-
zieren, um vom Prozess der Globalisierung profitieren zu können. Dies sei nur
durch die Schaffung berufsbildender Infrastruktur möglich (vgl. Confederation

of Indian Industry/Business Wire India, Dezember 2007).

Drucksache 16/8952 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Es stellt sich die Frage, inwiefern die deutschen Bildungsdienstleister vom
expandierenden internationalen Bildungsmarkt profitieren und auf welche
Strukturen sie zu diesem Zwecke zurückgreifen können. Eine professionelle
Unterstützung der Tätigkeit, wie sie beispielsweise von der britischen „City &
Guilds“ geboten wird, wäre unter Umständen eine wertvolle Bereicherung.
Diese Organisation versteht sich als Wegbereiter, ist eine berufliche Bildungs-
Dachorganisation mit 8 500 Partnereinrichtungen in 100 Ländern.

Doch stattdessen werden seitens privater Bildungsträger immer wieder Vor-
würfe laut, dass staatliche Einrichtungen der deutschen Entwicklungshilfe und
wirtschaftlicher Zusammenarbeit zunehmend als Konkurrenten auf dem inter-
nationalen Bildungsmarkt auftreten. Besonders problematisch erscheinen diese
Vorhaben, wenn die betreffenden staatlichen Organisationen nur über unzu-
reichende Erfahrungswerte im Bereich der beruflichen Bildung verfügen und
unkoordiniert auf den internationalen Markt vordringen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Inwiefern erkennt die Bundesregierung ein gesamtstaatliches Interesse
Deutschlands sowie auch deutscher Unternehmen mit internationaler An-
bindung, die auf dem dualen System beruhende deutsche Berufsbildung
global zu vermarkten und für die (kommerziell ausgerichtete) Übernahme
dieses Modells zu werben?

2. Welche Anhaltspunkte finden sich dafür, dass die bisherigen Anstrengun-
gen der Bundesregierung als ausreichend anzusehen wären?

3. Gibt es eine Gesamtstrategie der Bundesregierung, um deutsche berufliche
Bildungsmodelle und -konzepte systematisch im Ausland zu vermarkten?

Wenn ja, wie gestalten sich diese?

4. Inwiefern findet eine Zusammenarbeit der Bundesministerien, insbeson-
dere des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, des Bundesministe-
riums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und
des Auswärtigen Amts statt, um die Anstrengungen im Bereich des inter-
nationalen Bildungsmarketings im Bereich der beruflichen Bildung zu sys-
tematisieren?

5. Welche Aufgaben im Hinblick auf die Vermarktung von beruflichen Bil-
dungsdienstleistungen wurden der InWEnt gGmbH in diesem Zusammen-
hang seitens der Bundesministerien übertragen?

6. Wodurch zeichnet sich die Expertise der seit 2002 existierenden InWEnt
gGmbH, vor allem im Bereich der beruflichen Bildung aus?

7. Inwiefern ist sichergestellt, dass staatlich finanzierte Organisationen wie
die InWEnt gGmbH oder die GTZ International nicht als Konkurrenten zu
nationalen privaten Bildungsdienstleistern auftreten?

8. Welche Rolle spielt die Initiative „iMOVE“ des BMBF mit Blick auf eine
Gesamtstrategie zur Vermarktung von deutschen Bildungsmodellen, insbe-
sondere im Bereich der beruflichen Bildung?

9. Über welche Ressourcen und personellen Kapazitäten verfügt die Initiative
„iMOVE“, um sich den stellenden Aufgaben effektiv annehmen zu kön-
nen?

10. Welche Rolle soll der Initiative „edvance“ des BMZ und des BMBF im
Unterschied zur Initiative „iMOVE“ zugeordnet werden?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8952

11. Inwiefern berücksichtigt die Strategie der Bundesregierung zum internatio-
nalen Bildungsmarketing (sofern vorhanden) das bereits existierende An-
gebot deutscher Bildungsdienstleister?

Wie werden diese mit eingebunden?

Berlin, den 23. April 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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