BT-Drucksache 16/8941

Kosten und Finanzierung der Rentenanpassung 2008

Vom 23. April 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8941
16. Wahlperiode 23. 04. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Christian Ahrendt, Daniel Bahr (Münster),
Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild
Dyckmans, Jörg van Essen, Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich (Bayreuth),
Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther
(Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Birgit Homburger,
Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus, Gudrun Kopp, Heinz Lanfermann, Harald
Leibrecht, Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk
Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz,
Jörg Rohde, Frank Schäffler, Marina Schuster, Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele,
Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing,
Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Kosten und Finanzierung der Rentenanpassung 2008

Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf für die Rentenanpas-
sung 2008 wirft einige Fragen betreffend die Angaben über Kosten des Gesetz-
entwurfs, künftige Rentenanpassungen und Entwicklung der Beitragssätze auf.

1. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung für die Rentenanpassung 2008 be-
ziffert die Kosten der Aussetzung des Riester-Faktors für die Rentenver-
sicherung auf etwa 11,1 Mrd. Euro bis 2013. Das Bundesministerium für
Wirtschaft und Technologie rechnet mit Gesamtkosten der Maßnahme von
etwa 14 Mrd. Euro.

2. Im Gesetzentwurf wird wie bereits im Rentenversicherungsbericht 2007 für
die Jahre 2012 und 2013 von einer Rentenanpassung von jährlich etwa
1 Prozent ausgegangen – obwohl in diesen Jahren nun nach dem Gesetz-
entwurf zusätzlich der bremsende Riester-Faktor nachgeholt werden soll.
Dabei wurden bereits im Rentenversicherungsbericht 2007 mit 2,5 Prozent
Lohnwachstum jährlich sowie einer positiven Beschäftigungsentwicklung
sehr günstige ökonomische Annahmen unterstellt.

3. Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf wird behauptet, dass die Beitragsziele
bis zum Jahr 2020, nämlich einem Beitragssatz nicht über 20 Prozent, er-
reicht würden. Diese Angaben erscheinen aber zumindest sehr optimistisch.

Durch das Aussetzen des Nachhaltigkeitsfaktors in den Jahren 2005 und

2006 werden bis 2011 etwa 12 Mrd. Euro Kosten bei der Rentenversicherung
aufgelaufen sein und durch das Aussetzen des Riester-Faktors bis zum Jahr
2014 etwa 14 Mrd. Euro. Damit fallen bei der Rentenversicherung gegenüber
den Planungen des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes etwa 25 Mrd. Euro Mehraus-
gaben an. Diese sollen nur zu einem kleinen Teil, in Höhe von etwa 6 Mrd.
Euro (3,4 Mrd. Nachhaltigkeitsfaktor und 3 Mrd. Riester-Faktor), noch nach-
geholt werden.

Drucksache 16/8941 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Auch wurde der geplante Beitragskorridor des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes
bereits deutlich verlassen. Nach dem RV-Nachhaltigkeitsgesetz sollte der
Beitragssatz der Rentenversicherung 2007 bei 19,5 Prozent liegen, 2010 bei
18,6 Prozent und erst 2020 auf 20 Prozent ansteigen. Jetzt soll der Beitrags-
satz 2010 bei 19,9 Prozent liegen, also 1,3 Prozentpunkte über den Beitrags-
satzplanungen des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes – und dennoch 2020 nur
20 Prozent erreichen. Angesichts dieser Zahlen wird deutlich, dass die Bei-
tragsplanungen des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes kaum mehr haltbar erschei-
nen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Werden die Gesamtkosten der Rentenanpassung 2008 wie vom Bundes-
wirtschaftsministerium errechnet etwa 14 Mrd. Euro betragen?

2. Wie hoch sind die zusätzlichen Ausgaben und Kosten für das Aussetzen
des Riester-Faktors in den Jahren 2008 und 2009 im Zeitraum bis 2013 für
die Rentenversicherung?

3. Wie hoch werden die Einsparungen bei der Rentenversicherung sein, die
durch das Nachholen des Riester-Faktors in den Jahren 2012 und 2013 be-
wirkt werden?

4. Wie hoch sind die zusätzlichen Ausgaben und Gesamtkosten für das Aus-
setzen des Riester-Faktors in den Jahren 2008 und 2009 im Zeitraum bis
2013 für den Bundeshaushalt, bitte aufgeschlüsselt nach den Kategorien
der Tabelle 1 des Gesetzentwurfs – Finanzielle Auswirkungen des Ver-
schiebens des Altersvorsorgeanteils im Mittelfristzeitraum?

5. Durch welche Maßnahmen will die Bundesregierung diese Mehrkosten im
Bundeshaushalt gegenfinanzieren?

6. Wie hoch sind die Mehrausgaben und Gesamtkosten für das Aussetzen des
Riester-Faktors in den Jahren 2008 und 2009 im Zeitraum bis 2013 für die
Länderhaushalte?

7. Wie ist es zu erklären, dass im Rentenversicherungsbericht 2007 für die
Jahre 2012 bis 2014 jeweils etwa 1 Prozent Rentenanpassung prognosti-
ziert werden und nun im Gesetzentwurf zur Rentenanpassung 2008 eben-
falls wieder Rentenanpassungen von 1 Prozent für diese Jahre angegeben
werden, wo doch nach dem Gesetzentwurf in den Jahren 2012 und 2013
zusätzlich der nachgeholte Riester-Faktor die Rentenanpassung um jeweils
0,6 Prozent bremsen soll?

8. Geht die Bundesregierung im Gesetzentwurf zur Rentenanpassung 2008
von positiveren Lohnentwicklungen als im Rentenversicherungsbericht
2007 aus, um so trotz Nachholung des Riester-Faktors eine gleich hohe
Rentenanpassung für 2012 und 2013 im Rentenversicherungsbericht 2007
und im Gesetzentwurf zur Rentenanpassung 2008 prognostizieren zu kön-
nen?

9. Wie hoch sind die Kosten, die der Rentenversicherung durch das Nicht-
anwenden des Nachhaltigkeitsfaktors in den Jahren 2005 und 2006 bis zur
Aufholung durch den Nachholfaktor entstanden sind, jeweils nach Jahren
und gesamt angegeben?

10. Wie hoch sind die nachzuholenden Rentenanpassungsdämpfungen auf-
grund der Nichtanwendung des Nachhaltigkeitsfaktors in den Jahren bis
zum Einsetzen des Nachholfaktors ab 2011?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8941

11. Warum werden im Rentenversicherungsbericht 2007, S. 36, die mit dem
Nachholfaktor nachzuholenden Rentendämpfungen mit 1,75 Prozent im
Westen und 1,3 Prozent im Osten, angegeben, was etwa 3,5 Mrd. Euro ent-
spricht, wenn doch bis 2011 aufgrund des Sockeleffekts der nicht vor-
genommenen Rentendämpfungen deutlich höhere Kosten bei der Renten-
versicherung anfallen?

12. Gibt es Gründe dafür, die Kosten für das Aussetzen des Nachhaltigkeits-
faktors in den Jahren 2005 und 2006 anders zu berechnen als das Ausset-
zen des Riester-Faktors in den Jahren 2008 und 2009, nämlich durch ein
Nichtberücksichtigen der Sockelwirkung der Kosten in den Jahren nach
dem Aussetzen des Faktors und bis zur Nachholung der Dämpfung?

13. Wie ist es zu erklären, dass der Beitragssatz nach dem RV-Nachhaltigkeits-
gesetz und Rentenversicherungsbericht 2004 in 2010 bzw. 2012 unter
19 Prozent liegen sollte, um dann allmählich bis 2020 auf 20 Prozent
anzusteigen, während im Gesetzentwurf für 2010 ein Beitragssatz von
19,9 Prozent vorgesehen ist und dennoch bis 2020 der Beitragssatz 20 Pro-
zent nicht überschreiten soll?

14. Wie unterscheiden sich die wirtschaftlichen Grundannahmen im RV-Nach-
haltigkeitsgesetz gegenüber dem Gesetzentwurf der Rentenanpassung 2008,
dass trotz einer Abweichung vom im Nachhaltigkeitsgesetz vorgesehenen
Beitragssatzkorridors im Jahr 2010 in Höhe von 1,3 Beitragssatzpunkten
(18,6 zu 19,9 Prozent) mit dem Gesetzentwurf Rentenanpassung 2008 noch
behauptet werden kann, der Beitragssatzkorridor werde bis 2020 eingehal-
ten?

15. Ist es zutreffend, dass seit Inkrafttreten des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes im
Jahr 2005 die Beitragssatzziele des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes immer ver-
fehlt wurden, wenn man berücksichtigt, dass 2006 der Beitragssatz nur auf-
grund des 13. Monatsbeitrags gehalten werden konnte, der einer faktischen
Beitragssatzerhöhung auf 20,6 Prozent im Jahr 2006 entspricht?

16. Spricht diese Verfehlung der Beitragsziele in den zurückliegenden Jahren
nicht dafür, dass auch in den kommenden Jahren und insbesondere 2020
die Beitragssatzziele deutlich verfehlt werden, insbesondere da für 2010
mit dem Gesetzentwurf zur Rentenanpassung 2008 bereits eine Verfehlung
der Beitragssatzziele aus dem RV-Nachhaltigkeitsgesetz um 1,3 Prozent-
punkte eingeplant ist?

Berlin, den 23. April 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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