BT-Drucksache 16/8937

Die Beziehungen zu der Republik Kuba nach dem Rückzug Fidel Castros

Vom 23. April 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8937
16. Wahlperiode 23. 04. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Marina Schuster, Florian Toncar, Christian Ahrendt, Uwe Barth,
Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Mechthild Dyckmans,
Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael
Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan,
Heinz-Peter Haustein, Michael Kauch, Hellmut Königshaus, Gudrun Kopp, Heinz
Lanfermann, Harald Leibrecht, Michael Link (Heilbronn), Patrick Meinhardt,
Burkhardt Müller-Sönksen, Detlef Parr, Gisela Piltz, Frank Schäffler,
Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle
und der Fraktion der FDP

Die Beziehungen zu der Republik Kuba nach dem Rückzug Fidel Castros

Nach 49 Jahren an der Spitze von Staat und Partei hat sich der kubanische
„Maximo Lider“ Fidel Castro im Februar 2008 offiziell zurückgezogen. Die
Menschenrechtssituation auf Kuba ist nach wie vor sehr besorgniserregend.
Politische Beobachter erwarten von der neuen Führung unter Raul Castro aller-
dings eine politische Öffnung und wirtschaftliche Reformen des Staates. Die
Reformsignale sind bislang widersprüchlich. Raul Castro hob jüngst das
Verkaufsverbot für Computer, Fernseher und Videorekorder auf und erlaubte
die Nutzung von Mobiltelefonen. Nach langer Verzögerung hat die Republik
Kuba nunmehr zwei UN-Menschenrechtsabkommen – den Internationalen Pakt
der bürgerlichen und politischen Rechte (IPbpR) sowie den Internationalen
Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwskR) – unterzeich-
net. Außenminister Felipe Roque erklärte jedoch, dass sich für die Kubaner
durch die Unterzeichnung nichts ändern werde, da es sich nur um die „Forma-
lisierung“ bereits bestehender Rechte handele. Angesichts der kritischen Men-
schenrechtslage berichten Menschenrechtsorganisationen daher von unvermin-
derten Verstößen gegen die in den unterzeichneten Abkommen verankerten
Rechte. Zudem gab es Gespräche einer EU-Delegation in Havanna über die
Öffnungsbereitschaft des Regimes und die mögliche Aufhebung der Sanktionen
seitens der EU (DER SPIEGEL, 11. Februar 2008). In dieser Frage divergieren
die Positionen der EU-Mitgliedstaaten. Die wirtschaftliche Öffnung des Staates
hat bereits begonnen. Angesichts eines Wirtschaftswachstums von 6 Prozent
und großem Investitionsbedarf konkurrieren internationale Unternehmen nach

Medienberichten um die besten Startplätze (Wirtschaftswoche 9/2008).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie bewertet die Bundesregierung die innenpolitische – insbesondere die
menschenrechtliche – Situation auf Kuba seit dem endgültigen Rückzug
Fidel Castros?

Drucksache 16/8937 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2. Welche Informationen liegen der Bundesregierung über die Zahl und die
Identität der weiterhin auf Kuba in Haft befindlichen politischen Gefange-
nen vor?

3. Wie beurteilt die Bundesregierung den Grad der Einschränkung der Infor-
mations- und Meinungsfreiheit im Internet auf Kuba?

4. Welche Informationen liegen der Bundesregierung über die Zusammen-
arbeit europäischer IT-Unternehmen mit der kubanischen Internetbetreiber-
firma sowie den staatlichen Zensurbehörden bei der Kontrolle des Internets
auf Kuba vor?

5. Wann und mit welchen Ergebnissen haben bislang die zwischen der kuba-
nischen und der spanischen Regierung vereinbarten jährlichen politischen
Konsultationen, einschließlich eines Dialoges in Menschenrechtsfragen,
stattgefunden?

6. Wie bewertet die Bundesregierung die bestehenden – zurzeit ausgesetzten –
„politischen Maßnahmen“ der EU aus dem Jahr 2003 und die Forderungen,
diese wieder abzuschaffen?

7. Wie gestaltet sich hinsichtlich dieser Frage die Interessenlage der Mitglied-
staaten innerhalb der EU und welche Position nimmt die Bundesregierung
in dieser Diskussion ein?

8. Welche konkreten Ergebnisse hat nach Informationen der Bundesregierung
die Reise einer EU-Delegation unter deutscher Führung im Februar 2008
nach Kuba erbracht?

9. Welche aktuellen Entwicklungen gibt es hinsichtlich der Wiederaufnahme
der Entwicklungszusammenarbeit zwischen Deutschland und der Republik
Kuba und bei der Realisierung eines Kulturabkommens?

10. Wie ist der aktuelle Stand hinsichtlich der Eröffnung der Büros deutscher
politischer Stiftungen auf Kuba?

11. Welche konkreten Initiativen hatte die Bundesregierung im Rahmen ihrer
EU-Ratspräsidentschaft gegenüber der Republik Kuba auf den Weg ge-
bracht und welche Gesprächskanäle hat sie hierbei genutzt?

12. Welche Vor- und Nachteile sieht die Bundesregierung in einem Kurs der
politischen und wirtschaftlichen Annäherung und in einem Kurs restrik-
tiver Maßnahmen gegenüber der kubanischen Staats- und Regierungs-
führung?

13. Welche Wirtschaftsinteressen hat die Bundesregierung gegenüber der Re-
publik Kuba, und wie bewertet sie den „pragmatischen Ansatz“ der bayri-
schen Staatsregierung, die bereits seit Jahren eine gezielte Förderung der
Wirtschaftskontakte ohne politische Berührungsängste und Rücksicht auf
menschenrechtliche Fragen betreibt?

14. Warum wurde die geplante Reise einer vom Staatssekretär im Bundes-
ministerium für Wirtschaft und Technologie, Dr. Bernd Pfaffenbach, geführ-
ten deutschen Unternehmerdelegation nach Kuba im Februar 2008 abge-
sagt und welche Rolle spielte dabei die innenpolitische Situation auf Kuba?

15. Welche aktuellen Planungen gibt es, die Reise nachzuholen und mit wel-
chem Ziel und welcher Zusammensetzung gedenkt die Bundesregierung
die Reise durchzuführen?

16. Wie erklärt die Bundesregierung die faktische Absage der Pfaffenbach-
Reise vor dem Hintergrund der Einschätzung auf der Internetseite des Aus-
wärtigen Amts, wonach die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen „von den

politischen Differenzen weitestgehend verschont geblieben“ sind?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8937

17. Sind der Bundesregierung Pläne des Deutschen Industrie- und Handels-
kammertags zur Eröffnung einer Auslandshandelskammer auf Kuba be-
kannt?

Befürwortet die Bundesregierung die Eröffnung einer solchen Kammer
und wie begründet die Bundesregierung ihre Position?

18. Welche Auswirkungen haben die von den Vereinigten Staaten verhängten
Handelsbeschränkungen mit der Republik Kuba und die Ausweitung des
Helms-Burton-Gesetzes gegen Unternehmen aus Drittstaaten auf den Han-
del deutscher Unternehmen mit der Republik Kuba?

19. Sind der Bundesregierung konkrete Fälle bekannt, in denen sich die
Geschäftsbeziehungen deutscher Unternehmen mit der Republik Kuba
nachteilig auf deren Geschäftsbeziehungen mit den Vereinigten Staaten aus-
gewirkt haben?

20. Welche konkreten Fälle sind der Bundesregierung bekannt, bei denen
deutsche Unternehmen den Handel mit der Republik Kuba durch Um-
gehungsgeschäfte in Form von Tochterfirmen abwickeln?

21. Welche Position vertritt die Bundesregierung hinsichtlich der partei-
übergreifenden Forderungen aus dem Kongress der Vereinigten Staaten
nach einer Aufhebung der Handelsbeschränkungen, und wie sieht in dieser
Frage das aktuelle Meinungsbild in der EU aus?

Berlin, den 23. April 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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