BT-Drucksache 16/8779

Unverzüglicher Rückzug der Bundeswehr aus dem Kosovo

Vom 9. April 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8779
16. Wahlperiode 09. 04. 2008

Antrag
der Abgeordneten Monika Knoche, Paul Schäfer (Köln), Inge Höger, Hüseyin-
Kenan Aydin, Dr. Diether Dehm, Wolfgang Gehrcke, Heike Hänsel, Dr. Hakki
Keskin, Michael Leutert, Dr. Norman Paech, Alexander Ulrich, Dr. Gregor Gysi,
Oskar Lafontaine und der Fraktion DIE LINKE.

Unverzüglicher Rückzug der Bundeswehr aus dem Kosovo

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Die Resolution 1244 des Sicherheitsrates der Organisation der Vereinten
Nationen vom 10. Juni 1999 (Sicherheitsrats-Resolution 1244) beendete den
Krieg der NATO gegen den souveränen Staat, die Bundesrepublik Jugosla-
wien. Der UNO-Sicherheitsratsrat bekräftigte darin das Bekenntnis „aller
Mitgliedstaaten zur Souveränität und territorialen Unversehrtheit der
Bundesrepublik Jugoslawien und der anderen Staaten der Region, wie dies
in der am 1. August 1975 in Helsinki unterzeichneten Schlussakte der
Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und in Anlage II
dieser Resolution zum Ausdruck kommt“. Ebenfalls bekräftigte der UNO-
Sicherheitsrat in der Resolution 1244 die „in früheren Resolutionen ge-
forderte[n] substantielle[n] Autonomie und tatsächliche[n] Selbstverwaltung
des Kosovo“.

2. Der UNO-Sicherheitsrat beschloss in der Sicherheitsrats-Resolution 1244
weiter, „unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen im Kosovo inter-
nationale zivile und Sicherheitspräsenzen zu dislozieren, die über das erfor-
derliche geeignete Gerät und Personal verfügen“, und begrüßt es, dass „die
Bundesrepublik Jugoslawien diesen Präsenzen zugestimmt hat“.

3. Der Deutsche Bundestag hat auf der Grundlage der Sicherheitsrats-Resolu-
tion 1244 am 21. Juni 2007 den Beschluss gefasst, die Bundeswehr für ein
weiteres Jahr als Teil der K-FOR in das Kosovo zu entsenden. Wörtlich
heißt es im Beschluss: „Die Kräfte können eingesetzt werden, solange ein
Mandat des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und ein entsprechender
Beschluss des NATO-Rates sowie die konstitutive Zustimmung des Deut-
schen Bundestages vorliegen.“

4. Mit der Unabhängigkeitserklärung seitens kosovo-albanischer Institutionen

am 17. Februar 2008 sowie der Entscheidung der Bundesregierung vom
20. Februar 2008, Kosovo als selbständigen Staat diplomatisch anzuerken-
nen, ist der Sicherheitsrats-Resolution 1244 die Grundlage entzogen wor-
den.

5. Damit kann auch die Beteiligung der Bundeswehr als Teil der K-FOR im
Kosovo nicht mehr auf den Beschluss des Bundestages vom 21. Juni 2007
gestützt werden.

Drucksache 16/8779 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

von einer weiteren Beteiligung der Bundeswehr als Teil der K-FOR im Kosovo
abzusehen, solange nicht die im Beschluss des Bundestages vom 21. Juni 2007
genannten Voraussetzungen (siehe Nummer 3) vorliegen.

Berlin, den 9. April 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

Begründung

1. Der Beschluss des Deutschen Bundestages zur Entsendung der Bundeswehr
in das Kosovo auf der Grundlage der Sicherheitsrats-Resolution 1244 ergibt
sich aus der Bundestagsdrucksache 16/5600.

2. Die rechtswidrige Unabhängigkeitserklärung des Kosovo erfolgte am
17. Februar 2008. Mit der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo wurde die
Sicherheitsrats-Resolution 1244 in der Präambel, in der Nummer 10 sowie
in den Anlagen 1 und 2 gebrochen, da damit die territoriale Unversehrtheit
der Republik Serbien verletzt wird.

3. Die rechtswidrige diplomatische Anerkennung des Kosovo wurde seitens
der Bundesrepublik Deutschland am 20. Februar 2008 ausgesprochen. Die
diplomatische Anerkennung hätte nicht ausgesprochen werden dürfen, da
sie

a) im Widerspruch zur Sicherheitsrats-Resolution 1244 steht;

b) das völkerrechtliche Interventionsverbot verletzt.

4. Die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr hätten zumindest nicht ohne
neuen Beschluss des Deutschen Bundestages in diesem Einsatz verbleiben
dürfen, da sich die Auftragslage grundlegend dahingehend geändert hat, dass
die Bundeswehr nicht mehr nur die Sicherheit der verschiedenen Volks-
gruppen zu gewährleisten hat, sondern nun in erster Linie die rechtswidrige
Unabhängigkeitserklärung des Kosovo – gegen den erklärten Willen Serbiens
als Gaststaat der K-FOR – militärisch absichert.

5. Angesichts dessen, dass die Bundesregierung sich kein neues Mandat un-
mittelbar nach der rechtswidrigen Unabhängigkeitserklärung des Kosovo
beim Deutschen Bundestag geholt hat, hätte sie die Soldatinnen und Soldaten
unverzüglich zurückbeordern müssen, was sie unterlassen hat.

6. Wenn die Bundesregierung verspätet einen Antrag für einen Beschluss des
Deutschen Bundestages stellte, dürfte dem nicht stattgegeben werden, da der
fortgesetzte Einsatz der Bundeswehr im Rahmen der K-FOR-Mission, wie
oben ausgeführt, die Sicherheitsrats-Resolution 1244 sowie das sonstige
Völkerrecht verletzt.

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