BT-Drucksache 16/8778

Menschenrechtslage in Tibet verbessern

Vom 9. April 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8778
16. Wahlperiode 09. 04. 2008

Antrag
der Abgeordneten Florian Toncar, Burkhardt Müller-Sönksen, Harald Leibrecht,
Dr. Werner Hoyer, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt,
Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Mechthild Dyckmans, Jörg van
Essen, Paul K. Friedhoff, Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann,
Miriam Gruß, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Michael Kauch,
Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin,
Heinz Lanfermann, Ina Lenke, Michael Link (Heilbronn), Horst Meierhofer, Patrick
Meinhardt, Jan Mücke, Dirk Niebel, Detlef Parr, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank
Schäffler, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Rainer Stinner, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle
und der Fraktion der FDP

Menschenrechtslage in Tibet verbessern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Seit Beginn der Proteste von Tibetern für die Durchsetzung ihrer religiösen und
kulturellen Autonomierechte am 10. März 2008 sind die Augen der Öffentlich-
keit auf das so genannte Dach der Welt gerichtet. Die gewaltsame Unterdrü-
ckung der tibetischen Demonstrationen vor den Olympischen Spielen in Peking
im August 2008 hat der Lage der Tibeter neue Brisanz verliehen. Seit dem be-
waffneten Volksaufstand der Tibeter von 1959 wurden ihre Proteste für reli-
giöse und kulturelle Autonomierechte immer wieder im Keim erstickt. Trotz der
Verankerung der Autonomie- und Minderheitenrechte der Tibeter in der chinesi-
schen Verfassung, wird die tibetische Bevölkerung in der Ausübung ihrer kultu-
rellen und religiösen Bräuche behindert. Ihre Rechte werden somit nicht in vol-
lem Umfang umgesetzt. Insbesondere die Bildungschancen der tibetischen
Bevölkerung sind noch immer deutlich zu schlecht. Um ihren Einfluss in der
Region zu stärken, siedelt die chinesische Regierung zudem gezielt Han-Chine-
sen in den tibetischen Gebieten an.

Der Deutsche Bundestag hält Gespräche von Repräsentanten der staatlichen
Organe Deutschlands mit dem Dalai Lama, der das Prinzip der Gewaltfreiheit
zu einem seiner Leitgedanken gemacht hat, für richtig. Die aktuelle Lage in

Tibet war auch Thema bei der Europareise des Dalai Lama im Jahr 2007, wäh-
rend der auch ein Treffen mit Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel stattfand.
Bereits 1995 hatte der liberale Bundesaußenminister Dr. Klaus Kinkel als erstes
Mitglied einer Bundesregierung das geistliche Oberhaupt der Tibeter zu einem
Gespräch empfangen.

Die Olympischen Spiele sind ein Sportereignis. Das kann aber kein Grund sein,
über Menschenrechtsverletzungen hinwegzusehen. Ein Boykott der Wett-

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kämpfe würde die Sportler treffen, ohne die Lage in Tibet zu verbessern. Die
Spiele in Peking bieten gerade die Chance auf eine Verbesserung der Men-
schenrechtssituation unter dem Einfluss der Berichterstattung und einer breiten
öffentlichen Aufmerksamkeit. Diese Chance muss von allen Beteiligten beherzt
ergriffen werden. Deshalb sind politische Signale von Sportlern, dem IOC,
Politikern, Journalisten, Sponsoren und nicht zuletzt auch von Besuchern, die
sich auf die Menschenrechtslage beziehen, zu begrüßen.

II. Der Deutsche Bundestag unterstützt einen konstruktiven Dialog zwischen
der Bundesregierung und der Regierung der Volksrepublik China und fordert
die Bundesregierung auf,

1. darauf hinzuwirken, dass die Regierung der Volksrepublik China einen
Dialog mit dem Dalai Lama führt und dadurch auf eine Entschärfung der
Lage in Tibet hinarbeitet;

2. sich dafür einzusetzen, dass die religiöse und kulturelle Autonomie Tibets
als Bestandteil der Volksrepublik China anerkannt und vollständig umge-
setzt wird, wie in der chinesischen Verfassung festgelegt;

3. darauf hinzuwirken, dass der Dalai Lama von der Regierung der Volks-
republik China als religiöses und kulturelles Oberhaupt der Tibeter akzep-
tiert und ihm der Aufenthalt in China gestattet wird;

4. sich dafür einzusetzen, dass die bei den Unruhen festgenommenen Tibeter
nach allgemein anerkannten Menschenrechtsgrundsätzen behandelt und
Einschüchterungsmaßnahmen wie flächendeckende Hausdurchsuchungen
unterlassen werden;

5. innerhalb des Rechtsstaats- und Menschenrechtsdialogs die Tibetfrage
kontinuierlich anzusprechen;

6. bei den Regierungsgesprächen weiterhin mit Nachdruck die Problematik
des verschwundenen tibetischen Panchen Lama (Gedhun Choekyi Nyima)
anzusprechen und darauf zu drängen, dass die Volksrepublik China eine
den Vorschriften der tibetischen Religion entsprechende Nachfolge des
Dalai Lama zulässt;

7. nach der Unterzeichnung auch auf die Ratifizierung des Internationalen
Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) durch die Volks-
republik China hinzuwirken;

8. darauf hinzuwirken, dass die Einschränkungen der Pressefreiheit für alle
Journalisten aufgehoben werden und sich dafür einzusetzen, dass Journa-
listen, Berichterstatter und Diplomaten freien Zugang zur Autonomen Re-
gion Tibet und zu den Gebieten, in denen Tibeter beheimatet sind, erhalten;

9. sich dafür einzusetzen, dass während der Olympischen Spiele friedliche
politische Äußerungen von Besuchern und Teilnehmern nicht behindert
werden;

10. darauf hinzuwirken, dass die Olympischen Spiele wie 2001 vom Vizepräsi-
denten des Pekinger Organisationskomitees, Wang Wie, vor der Vergabe
versprochen, dazu genutzt werden, die Menschenrechtslage zu verbessern.

Berlin, den 9. April 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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