BT-Drucksache 16/8751

Eigenverantwortung und klare Aufgabenteilung als Grundvoraussetzung einer effizienten Präventionsstrategie

Vom 9. April 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8751
16. Wahlperiode 09. 04. 2008

Antrag
der Abgeordneten Detlef Parr, Daniel Bahr (Münster), Heinz Lanfermann,
Dr. Konrad Schily, Jens Ackermann, Michael Kauch, Dr. Karl Addicks, Christian
Ahrendt, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick
Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Paul K. Friedhoff, Dr. Edmund
Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen),
Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Hellmut
Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Harald
Leibrecht, Michael Link (Heilbronn), Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen,
Dirk Niebel, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Dr. Hermann Otto Solms,
Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Eigenverantwortung und klare Aufgabenteilung als Grundvoraussetzung einer
effizienten Präventionsstrategie

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Prävention ist als aktive Gesundheitsvorsorge primär eine individuelle
Herausforderung. Jeder Einzelne ist dafür verantwortlich, durch eine gesund-
heitsbewusste Lebensweise der Entstehung von Gesundheitsrisiken vorzubeu-
gen, qualitätsgesicherte Angebote sachgerecht zu nutzen und auch bei bereits
vorhandenen Krankheiten durch ein verantwortungsbewusstes Verhalten dazu
beizutragen, dass eine Besserung erreicht oder eine Verschlimmerung ver-
mieden werden kann. Es ist aber eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die
Bedeutung von Prävention und Gesundheitsförderung zur Vermeidung, Hei-
lung und Linderung bei vielen Erkrankungen zu verdeutlichen und zielgerichtet
Menschen, die von sich heraus ohne Hilfe nicht zu einem gesundheitsbewuss-
ten Leben in der Lage sind, dabei zu unterstützen, entsprechende Aktivitäten zu
entfalten. Die Finanzierung darf deshalb nicht allein auf die Kranken- bzw.
Sozialversicherung zentriert werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, folgende Grund-
sätze zu beachten:

1. Definition klarer Zuständigkeit und Finanzverantwortlichkeit für die einzel-

nen Präventionsbereiche unter Nutzung und Weiterentwicklung der bereits
vorhandenen Einrichtungen auf Bundesebene, der Länder und Kommunen,
der Sozialversicherungen und der Heilberufe,

– Das Robert Koch-Institut im Hinblick auf Dokumentation, Forschung
und Maßnahmenentwicklung zur Verhütung neu auftretender Infektions-
krankheiten und das Paul-Ehrlich-Institut im Hinblick auf die Entwick-
lung von Impfstoffen erhalten die notwendige Unterstützung.

Drucksache 16/8751 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

– Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung setzt Schwerpunkte
im Hinblick auf Aufklärung und Durchführung bundesweiter Programme
und Kampagnen (z. B. Aids).

– Die Krankenkassen konzentrieren sich auf die Sekundärprävention sowie
auf Vorsorgeuntersuchungen, Prophylaxeaktivitäten, Impfungen, betrieb-
liche Gesundheitsförderung und Motivation ihrer Versicherten zu einem
gesundheitsbewussten Leben.

– Die Kompetenzen und Möglichkeiten der im Gesundheitswesen Tätigen,
insbesondere der Ärzte und Zahnärzte im Vertrauensverhältnis Arzt/
Patient müssen optimal genutzt werden, um individuell besser über die
Chancen und Realisierungsmöglichkeiten einer qualitätsorientierten
Prävention zu informieren, zu einem entsprechenden Verhalten zu moti-
vieren und präventive Maßnahmen wie z. B. Vorsorgeuntersuchungen
und Individualprophylaxe durchzuführen. Aus-, Fort- und Weiterbildun-
gen sind im Hinblick auf die Prävention zu intensivieren.

– Die Länder und Kommunen werden aufgefordert, ihrer Verantwortung in
ihrem Aufgabenbereich für Präventions- und Gesundheitsförderung
nachzukommen, indem sie die Infrastruktur verbessern und z. B. den
öffentlichen Gesundheitsdienst stärken und regionale Projekte und Kam-
pagnen insbesondere in sozialen Brennpunkten durchführen. Sie müssen
Kindergärten und Schulen dabei unterstützen, sich zu gesundheitsför-
dernden Einrichtungen zu entwickeln. Dazu gehört die Vermittlung von
Wissen über einen gesunden Lebensstil ebenso wie die gesundheitsge-
rechte Gestaltung von Schulgebäuden, -einrichtungen und -geländen.
Notwendig ist die Unterstützung des Programms „Gesunde Schule“ in in-
haltlicher und finanzieller Kooperation zwischen Land und Krankenkas-
sen.

2. Förderung von Qualifizierungsmaßnahmen für Multiplikatoren in Kinder-
gärten, Schulen, Arztpraxen, psycho- und physiotherapeutischen Praxen,
Sportvereinen etc.

3. Motivation der Bevölkerung zu gesundheitsbewusstem Verhalten durch
gezielte und verständliche Information, durch Kampagnen, die auf Alltags-
situationen abstellen und die die Lebenssituation der Zielgruppen berück-
sichtigen. Die Medien sind in diese Aufgabe über ihren öffentlich recht-
lichen Bildungsauftrag bzw. über freiwillige Vereinbarungen einzubeziehen.

4. Intensivierung der Impfungen als wichtige Maßnahme des Infektions-
schutzes durch:

– Angebote der öffentlichen Gesundheitsdienste,

– Impfaktionen an Kindergärten, Schulen etc.

5. Koordination der Gesundheitsförderung und Präventionsaktivitäten durch
den für den jeweiligen Bereich zuständigen Träger auf der jeweils betroffe-
nen Ebene. Das setzt die Verpflichtung der Stellen zur Kooperation voraus,
die einen Beitrag zur Gesundheitsförderung und Prävention leisten können.
Ein Beispiel für gelungene Koordination ist die enge Kooperation von Kran-
kenkassen und Unfallversicherung.

6. Konzentration der Ressourcen auf die Verhinderung von vermeidbaren,
besonders belastenden und besonders teuren Krankheiten, auf Kinder und
Jugendliche, Alleinerziehende sowie alte Menschen und sozial benachtei-
ligte Gruppen. Dabei hat die Hilfe zur Selbsthilfe einen hohen Stellenwert.

7. Effizienz- und qualitätsorientierter Ausbau der Früherkennungs- und Vor-

sorgeuntersuchungen der Krankenkassen und Motivation der Zielgruppen,
diese Leistungen in Anspruch zu nehmen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8751

8. Erarbeitung wissenschaftlich fundierter Präventionsprogramme sowohl im
Hinblick auf Verhältnis- als auch Verhaltensprävention.

9. Ausbau von Gesundheitsförderung und Primärprävention im Rahmen der
betrieblichen Gesundheitsförderung.

10. Verpflichtung der Träger von Präventionsmaßnahmen den Wirkungsgrad
festzustellen sowie die Ergebnisse zu dokumentieren und öffentlich zu-
gänglich zu machen, um in einem Lernprozess gesamtgesellschaftlich eine
hohe Qualität der Präventionsaktivität zu erreichen.

11. Bessere Nutzung der Kompetenzen und Strukturen des Sports im Hinblick
auf die für den eigenverantwortlichen Umgang mit der eigenen Gesundheit
so wichtige körperliche Bewegung.

12. Stärkung der internationalen Zusammenarbeit im Bereich der Prävention,
insbesondere innerhalb der EU. Eine enge, verbindliche Kooperation ist
u. a. beim Infektionsschutz unerlässlich.

13. Beachtung der Notwendigkeit geschlechtsspezifisch differenzierter An-
sätze für Gesundheitsförderung und Prävention.

Berlin, den 9. April 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

Begründung

Der Wunsch jedes Menschen ist es, gesund alt zu werden. Die Bedeutung einer
wohl verstandenen Prävention und Gesundheitsförderung liegt damit auf der
Hand. Dabei verfolgt die Gesundheitsförderung mit der Zielsetzung einer
gesundheitsgerechten Gestaltung der sozialen und natürlichen Umwelt einen
früheren und breiteren Ansatz als die Primärprävention. Losgelöst von dem
krankheitsspezifischen Ansatz jeder Prävention hat die Gesundheitsförderung
die Stärkung der Kompetenz zur aktiven Bewältigung gesundheitsbelastender
Faktoren zum Ziel. Sie ist darauf gerichtet, die Menschen über gesündere
Lebensweisen aufzuklären und auf Faktoren der physischen und sozialen Um-
welt einzuwirken, die die Gesundheit der Menschen beeinflussen. Gesundheits-
förderung soll den Menschen die notwendige Kompetenz vermitteln, ihre per-
sönliche Gesundheit und Lebensqualität zu optimieren. Gesundheitsförderung
ist damit ebenso bedeutsam wie die Prävention.

Eigenverantwortung und Gesundheit

Dreh- und Angelpunkt einer erfolgreichen Prävention ist der einzelne Mensch,
der in erster Linie dafür verantwortlich ist, durch eine gesundheitsbewusste
Lebensweise der Entstehung von Gesundheitsrisiken vorzubeugen und bei
bereits vorhandenen Krankheiten eine Besserung zu erreichen oder eine Ver-
schlimmerung zu vermeiden. Er muss dazu motiviert und – wo erforderlich –
befähigt werden, die Bedeutung einer gesunden Lebensführung für seine
Gesundheit und sein Wohlbefinden und das seiner Familie frühzeitig zu er-
kennen. Er muss darüber informiert sein, was dazu notwendig ist und er muss
stark genug sein, die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen. Das Vorbildver-
halten der Eltern ist entscheidend, da die Lebensgewohnheiten von Kindern
auch für das spätere Erwachsenenalter maßgeblich durch ihre Eltern bestimmt

werden. Eine zielgruppenspezifische praxisnahe Information ist eine Grundvor-
aussetzung für gesundheitsbewusstes Verhalten.

Drucksache 16/8751 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Gesundes Umfeld

Wissen allein reicht aber in vielen Fällen nicht aus. Kindern muss ein gesundes
Leben vorgelebt werden. Zudem spielen auch die Lebensumstände eine ent-
scheidende Rolle. Überall dort, wo staatliche Stellen Verantwortung tragen,
sind sie deshalb für ein gesundes Umfeld mitverantwortlich. Das gilt ganz be-
sonders in öffentlichen Kindergärten und Schulen, aber z. B. auch in Behörden.
Gesunde Ernährung und die Möglichkeit zur ausreichenden Bewegung sind
Grundvoraussetzungen, die erfüllt sein sollten.

Orientierung an relevanten Gesundheitsproblemen und Zielgruppen

Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebserkrankungen, Diabetes mellitus, Blut-
hochdruck, Suchtkrankheiten und psychischen Erkrankungen sind heute die in
der Bundesrepublik Deutschland am weitesten verbreiteten Krankheiten. Diese
führen zu Einschränkungen im Alltagsleben, zu häufigen Arbeitsausfällen, zu
frühzeitiger Invalidität und zu vorzeitigem Tod. Diese so genannten Zivilisa-
tionskrankheiten sind oft durch eine gesunde Lebensführung beeinflussbar. Die
Entstehung dieser Krankheiten ist wesentlich auf einen heute verbreiteten
Lebensstil zurückzuführen, der gekennzeichnet ist durch Bewegungsmangel,
Über- und Fehlernährung, Rauchen, übermäßigen Genuss von Alkohol und
Stress. Die gesundheitsschädlichen Folgen eines solchen Lebensstils sind im-
mer häufiger schon im Kindes- und Jugendalter festzustellen. Die Zahl überge-
wichtiger Kinder und Jugendlicher, die sich wenig bewegen, steigt genauso an,
wie die Zahl der Neuerkrankungen z. B. an Diabetes im Kindesalter.

Zielgruppen

Eine besondere Häufung von Gesundheitsrisiken ist in bestimmten Bevölke-
rungsgruppen zu finden. Dazu gehören vor allem Menschen mit niedrigem
Bildungsniveau, mit schlechter Einkommenslage, in schwierigen Familienver-
hältnissen, mit schlechten Wohnbedingungen sowie einem Migrationshinter-
grund. Viele Einflussfaktoren bestimmen den heutigen Lebensstil – dazu ge-
hören biologische, kulturelle, umweltbedingte, ökonomische und soziale Fakto-
ren. Eine Präventionsstrategie, die Aussicht auf Erfolg haben soll, muss diese
multifaktorielle Ausgangslage berücksichtigen und entsprechend komplexe
Konzepte entwickeln und umsetzen. Dazu gehören die Identifikation und die
Erreichbarkeit schwer zugänglicher Personenkreise, um daraus abgeleitet
niedrigschwellige Angebote zu initiieren und zu etablieren. Es ist wichtig, auf
Menschen in ihrem jeweiligen Lebensumfeld, in Kindergärten, Schulen, Fami-
lie, Freizeit und Arbeit zuzugehen (Setting-Ansätze). Entscheidend für den Er-
folg von Prävention ist es, die Zielgruppen aktiv in die Umsetzung einzubezie-
hen.

Unfallschutz

Gegen Unfälle helfen gute Sicherheitsausrüstungen und sichere Arbeitsbedin-
gungen sowie realistische Einschätzungen von Gefahren. Hier hat der Arbeits-
schutz zu guten Ergebnissen geführt. Unfallversicherungen – teilweise in
Kooperation mit gesetzlichen Krankenkassen – haben in den letzten Jahren
spezifische Präventionsprogramme in diesem Bereich entwickelt. Genauso sind
Unfallgefahren in privaten Haushalten zu minimieren.

Infektionsschutz

Für den Infektionsschutz trägt die öffentliche Hand ein hohes Maß an Verant-
wortung. Gegen Infektionskrankheiten helfen unter anderem Impfungen, Auf-
klärung sowie Hygiene. In den letzten Jahren hat die Gefahr der Übertragung

von Infektionskrankheiten aufgrund des grenzüberschreitenden Reiseverkehrs
wieder deutlich zugenommen. Die heutige Situation ist gekennzeichnet durch

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/8751

eine weltweite Zunahme von Infektionskrankheiten, die z. T. als besiegt galten.
Ein deutlicher Anstieg von Syphilis und anderen Geschlechtskrankheiten ist zu
verzeichnen, die Tuberkulose gewinnt wieder an Bedeutung. Zudem ist eine
dramatische Ausbreitung von HIV/Aids in den osteuropäischen Staaten zu
beobachten. SARS (Severe Acute Respiratory Syndrome) und auch eine mög-
liche Grippe-Epidemie zeigen die Gefahr der globalen Ausbreitung von Krank-
heiten.

Durch die Globalisierung, die hohe Mobilität der Bevölkerung und durch Mig-
ration wird eine solche Entwicklung begünstigt. Durch geeignete Präventions-
maßnahmen muss diesen Gefahren effizient begegnet werden. Hierfür ist die
internationale Zusammenarbeit, insbesondere auf europäischer Ebene, zu inten-
sivieren.

Gesamtstrategie

Eine Gesamtstrategie muss verhaltensbezogene und verhältnisbezogene Maß-
nahmen berücksichtigen mit dem Ziel, dass Menschen mehr Verantwortung für
ihre eigene Gesundheit und die Gesundheit anderer übernehmen. Darüber
hinaus sollen sie besser in die Lage versetzt werden, die Angebote des Gesund-
heitswesens sachgerecht zu nutzen. Notwendig ist eine Hilfestellung durch
kompetente Partner wie Ärzte, Psychologen, Krankenkassen, Patientenver-
bände und den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD), die sich zur Aufberei-
tung und Vermittlung der notwendigen Informationen zusammenschließen sol-
len.

Damit Kinder sich zu eigenverantwortlichen Bürgern entwickeln können, be-
darf es einer frühzeitigen, umfassenden Gesundheitsförderung, die Eigenaktivi-
tät, Eigenverantwortung, soziale Verantwortung, Gesundheitsbewusstsein und
Lebenskompetenz von klein auf in den Lebensmittelpunkt stellt.

Präventionsforschung

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert seit geraumer Zeit
Forschungsprojekte zur Beurteilung der Effektivität und Effizienz von Präven-
tions- und Gesundheitsförderungsmaßnahmen. Diese zielen auf die Erhaltung
und Förderung der Gesundheit zur Verhinderung der Entstehung von Krank-
heiten ab. Dazu gehören Projekte zur Verbesserung diagnostischer Möglich-
keiten zur Erkennung von Krankheiten, die Überwachung der Epidemiologie
und der Resistenzbildung von Infektionserregern mit hohem Gefährdungs-
potenzial für die Bevölkerung sowie Strategien zur Bekämpfung neuer Infek-
tionskrankheiten.

Besonderes Augenmerk sollte aber auch auf die Erreichbarkeit von Zielgrup-
pen mit Angeboten der Prävention und Gesundheitsförderung gerichtet werden.

Künftig sollten das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz, das Bundesministerium für Bildung und Forschung und das
Bundesministerium für Gesundheit eine noch engere Forschungskooperation
eingehen. Die international anerkannten und erfolgreichen Forschungseinrich-
tungen, Robert Koch-, Paul-Ehrlich- und Friedrich-Loeffler-Institut, müssen
stärker in das Gesamtforschungssystem integriert werden.

Bereits existierende Angebote nutzen

Zahlreiche Angebote zu unterschiedlichsten Bereichen der Primär- und Sekun-
därprävention sowie der Gesundheitsförderung existieren bereits. Dazu gehören
u. a. Aufklärungskampagnen, Impfaktionen, zahnmedizinische Kollektiv-,
Gruppen- und Individualprophylaxe, Bonusmodelle, Vorsorgeuntersuchungen

durch die Krankenkassen, Projekte der betrieblichen Gesundheitsförderung,
Unterstützung von Selbsthilfegruppen mit finanziellen Mitteln der gesetzlichen

Drucksache 16/8751 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Krankenversicherung, Ernährungsberatung, Bewegungsprojekte z. B. für Herz-
kranke, aber auch unterschiedlichste Bewegungs- und Ernährungsprogramme in
Schulen und Kindergärten, kommunale Integrationsprogramme für Migrantin-
nen und Migranten, Quartiersmanagement zur Förderung einer gesunden
Lebenswelt etc. Diese Angebote müssen im Rahmen eines Gesamtkonzeptes
fortgesetzt und – wo erforderlich – ausgebaut werden. Dafür braucht man aber
kein neues Gesetz. Im Hinblick auf die knappen finanziellen Ressourcen ist eine
Priorisierung unumgänglich. Im Vordergrund sollen Maßnahmen zur Verhinde-
rung vermeidbarer, besonders belastender und besonders teurer Krankheiten
stehen, die bevorzugt an den Zielgruppen Kinder und Jugendliche, alte Men-
schen sowie benachteiligte Gruppen ansetzen sollen. Es kommt darauf an, keine
neuen bürokratischen Strukturen zu schaffen, sondern die vorhandenen koordi-
niert zu nutzen:

– Das RKI für Dokumentation, Forschung und Maßnahmenentwicklung zur
Verhütung neuer auftretender Infektionskrankheiten.

– Die BZgA für Information, Aufklärung und bundesweite Programme.

– Die Länder für den Auf- bzw. Ausbau der Infrastruktur und die Durch-
führung regionaler Projekte und Kampagnen insbesondere in sozialen
Brennpunkten.

– Der öffentliche Gesundheitsdienst für Beratung und konkrete Projekte vor
Ort.

– Die Kindergärten und Schulen als gesundheitsfördernde Einrichtungen in
kommunaler bzw. Landesverantwortung.

– Die Krankenversicherer um qualitätsgesicherte Früherkennungs- und Vor-
sorgemaßnahmen zu finanzieren, versichertenspezifische Informationen an-
zubieten und – bei Bedarf in Kooperation mit anderen Beteiligten wie z. B.
den Ärzten oder der Unfallversicherung – Präventionsprogramme zu ent-
wickeln und anzubieten.

– Die Selbsthilfe um ihr spezifisches Umfeld gezielt anzusprechen.

– Die Sportvereine, um Menschen dazu zu motivieren und dabei zu unter-
stützen, sich mehr zu bewegen.

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.