BT-Drucksache 16/8566

Gemeinnützigkeit bei Vereinen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden

Vom 12. März 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8566
16. Wahlperiode 12. 03. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Christian Ahrendt, Dr. Max Stadler, Dr. Volker Wissing, Gisela
Piltz, Ernst Burgbacher, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Karl Addicks, Rainer
Brüderle, Angelika Brunkhorst, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van
Essen, Ulrike Flach, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-
Michael Goldmann, Miriam Gruß, Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter
Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus,
Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle
Laurischk, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel,
Detlef Parr, Cornelia Pieper, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Marina Schuster,
Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Dr. Claudia Winterstein,
Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Gemeinnützigkeit bei Vereinen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden

Am 2. Februar 2008 berichtete das Nachrichtenmagazin „DER SPIEGEL“ über
Vereine, deren Verfassungsgemäßheit zweifelhaft erscheint bzw. die bereits vom
Verfassungsschutz beobachtet werden und dennoch den Status der Gemeinnüt-
zigkeit im Sinne der Abgabenordnung haben.

Als Beispiel ist der Verein „Collegium Humanum“ genannt worden, dessen Vor-
sitzende, Ursula Haverbeck, bereits wegen Volksverhetzung vorbestraft ist.

Gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) verfolgt eine Körper-
schaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die All-
gemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu för-
dern.

In Anbetracht des vorgenannten Artikels und des Umstands, dass es 535 000
Vereine in der Bundesrepublik Deutschland gibt und davon etwa die Hälfte
als gemeinnützig anerkannt sind, stellt sich die Frage, welche praktischen
Voraussetzungen für die Feststellung der Gemeinnützigkeit erfüllt sein müssen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele und welche Körperschaften, die vom Verfassungsschutz beobach-
tet werden oder gegen die der Verdacht der Verfassungsfeindlichkeit besteht,
verfügen nach Wissen der Bundesregierung über den Status der Gemeinnüt-

zigkeit nach § 52 AO?

2. Wie viele dieser Körperschaften sind den rechtsextremistischen, linksextre-
mistischen und fundamentalistisch religiösen bzw. weltanschaulichen Spekt-
ren zuzurechnen?

Drucksache 16/8566 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
3. Wie und auf welche Weise können bzw. müssen Körperschaften den Nach-
weis erbringen, dass sie die Allgemeinheit im Sinne von § 52 Abs. 2 AO
fördern?

4. Gibt es Unterschiede im Verwaltungsverfahren zur Feststellung der Ge-
meinnützigkeit bzw. bei den Nachweiserbringungspflichten in den ein-
zelnen Bundesländern bzw. Finanzämtern?

Wenn ja, in welcher Weise unterscheiden sie sich, und gibt es Bestrebungen,
die Vorgaben zu vereinheitlichen?

5. Wird das Fortbestehen der Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit regel-
mäßig kontrolliert, wenn ja, in welchen Zeitabständen, und aus welchem
Anlass?

6. Gehen die zuständigen Behörden Hinweisen aus der Bevölkerung hinsicht-
lich von Zweifeln am Fortbestehen der Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen
nach, und wie häufig gehen derartige Anzeigen bei den Behörden ein?

7. Werden die jeweiligen Finanzämter von Ländern bzw. wird die Bundes-
regierung informiert, wenn sie Erkenntnisse über die Verfassungsfeindlich-
keit einer gemeinnützigen Organisation haben?

8. Wie viele Fälle hat es in den letzten fünf Jahren gegeben, in denen Körper-
schaften die Gemeinnützigkeit wieder entzogen wurde, weil ihre Verfas-
sungsfeindlichkeit festgestellt wurde?

9. Aus welchen Gründen wurde die Gemeinnützigkeit in diesen Fällen ent-
zogen, und wie hat die jeweilige Finanzbehörde davon erfahren?

10. Wie viele Fälle hat es in den letzten fünf Jahren gegeben, in denen Körper-
schaften, die als gemeinnützig anerkannt waren, nach Durchführung eines
vereinsrechtlichen Verbotsverfahrens wegen Verfassungsfeindlichkeit ver-
boten worden sind?

11. Ist es aus Sicht der Bundesregierung rechtlich möglich, dass eine Organisa-
tion, gegen die der Verdacht der Verfassungsfeindlichkeit besteht oder die
vom Verfassungsschutz beobachtet wird, einen gemeinnützigen Zweck ver-
folgt?

Wenn ja, welche Konstellationen sind hier denkbar, und hat die Bundes-
regierung vor, dagegen vorzugehen (bitte darlegen mit welchen Maßnah-
men)?

12. Wie viele gemeinnützige Körperschaften gibt es in der Bundesrepublik
Deutschland (bitte nach Bundesländern auflisten)?

Berlin, den 12. März 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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