BT-Drucksache 16/8550

Optionale Verlängerung des Zivildienstes

Vom 11. März 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8550
16. Wahlperiode 11. 03. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Kai Gehring, Krista Sager, Grietje Bettin, Ekin Deligöz, Katrin
Göring-Eckardt, Britta Haßelmann, Priska Hinz (Herborn) und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Optionale Verlängerung des Zivildienstes

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat im Januar
2008 angekündigt, dass die Option einer Verlängerung des Zivildienstes ein-
geführt werden soll. Laut Auskunft der Bundesministerin im Ausschuss für
Familie, Frauen, Senioren und Jugend sowie des Ministeriums sollen die vor-
gestellten Überlegungen die Basis eines Gesetzentwurfes bilden. Die bisher
bekannt gewordenen Pläne berücksichtigen jedoch weder mögliche arbeits-
marktpolitische Auswirkungen noch ordnen sie den Vorschlag in die Debatte um
die Zukunft der Pflichtdienste ein.

Die Koalitionsfraktionen haben sich zu den Vorschlägen unterschiedlich ge-
äußert. So wurde ein „freiwillig verlängerter Zivildienst“ von Seiten der SPD
„sehr kritisch“ betrachtet und vor einer „Aushöhlung des Zivildienstes als Wehr-
ersatzdienst“ gewarnt (FAZ vom 26. Januar 2008). In der CDU/CSU mehren
sich wiederum Stimmen, die einen allgemeinen Pflichtdienst für alle jungen
Männer und Frauen fordern. Vor allem im Interesse jetziger und künftiger Zivil-
dienstleistender sowie der beteiligten Trägerorganisationen des Zivildienstes ist
eine Konkretisierung und Präzisierung der bekannt gewordenen Planungen zur
optionalen Verlängerung des Zivildienstes dringend erforderlich.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche konkreten Pläne verfolgt die Bundesregierung zur Einführung der
Möglichkeit einer Verlängerung des Zivildienstes?

2. Wann plant die Bundesregierung einen Gesetzesvorschlag vorzulegen und
bis wann soll nach ihren Planungen das Gesetzgebungsverfahren abgeschlos-
sen sein?

3. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die finanziellen Mehrbedarfe durch
die angestrebte Verlängerungsoption pro Platz und insgesamt für die öffent-
liche Hand sowie die Träger ein?

4. Welche sozialversicherungsrechtlichen Neuregelungen sind geplant und wel-

che finanziellen Auswirkungen ergeben sich daraus für die Träger, die
Dienstleistenden und die öffentliche Hand, insbesondere in Form der freien
Heilfürsorge?

Drucksache 16/8550 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

5. Geht die Bundesregierung davon aus, dass die bisherige Zivildienstpraxis
arbeitsmarktneutral erfolgt und geht die Bundesregierung des Weiteren da-
von aus, dass durch eine Verlängerung des Zivildienstes reguläre Beschäfti-
gungsverhältnisse verdrängt werden könnten?

Wenn ja, warum?

Durch welche konkreten Maßnahmen gedenkt sie die Arbeitsmarktneutra-
lität sicherzustellen?

6. Wie genau will die Bundesregierung Wettbewerbsverzerrungen im Zuge der
geplanten Neuregelung vorbeugen und wie beurteilt sie die Kritik, mit der
Verlängerungsoption würden „subventionierte Konkurrenten“ geschaffen?

7. Plant die Bundesregierung Differenzierungen hinsichtlich der Verlängerung
des Zivildienstes zwischen gewinnorientierten und gemeinnützigen Ein-
richtungen?

8. Sieht die Bundesregierung andere Möglichkeiten zur Verbesserung der Wei-
terbeschäftigungsmöglichkeiten ehemaliger Zivildienstleistender in ihren
bisherigen Einsatzstellen als die Verlängerung des Zivildienstes?

Wenn ja, welche?

9. Welche arbeits- und dienstrechtlichen Unterschiede bestehen zwischen den
bisherigen Möglichkeiten zur Weiterbeschäftigung von Zivildienstleisten-
den und der angestrebten Neuregelung?

10. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass der Rechtsrahmen des
Zivildienstes sich (z. B. durch die Möglichkeit der Verhängung von Frei-
heitsstrafen im Falle unentschuldigten Fernbleibens von der Dienststelle)
deutlich von anderen Arbeitsverhältnissen unterscheidet, und wie beurteilt
sie die verfassungsrechtliche Zulässigkeit solcher Regelungen im Zuge der
geplanten Verlängerungsoption?

11. Wie gedenkt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang bei der ge-
planten Neuregelung das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes zu
beachten?

12. Hält es die Bundesregierung für zulässig, Zivildienstverhältnisse so zu re-
geln, dass sie zeitlich über den Ersatz des Grundwehrdienstes hinausgehen?

13. Ist es geplant, Wehr- und Zivildienstleistende bei der Verlängerung ihres
jeweiligen Dienstes gleich zu behandeln oder sind Unterschiede vorgese-
hen?

Wenn ja, welche genau?

14. Wie beurteilt die Bundesregierung die Auswirkung der Ableistung von
Pflichtdiensten und deren Verlängerung auf die Ausbildungschancen junger
Männer, insbesondere vor dem Hintergrund der in großem Umfang fehlen-
den Ausbildungs- und Studienplätze und der daraus resultierenden schwie-
rigen Zugangsbedingungen zum Ausbildungs- und Hochschulsystem?

15. Wie beurteilt die Bundesregierung die Auswirkung der Ableistung von
Pflichtdiensten und deren Verlängerung auf die Arbeitsmarktchancen junger
Männer, insbesondere in der Konkurrenz zu Mitbewerberinnen und Mit-
bewerbern auf dem nationalen und internationalen Arbeitsmarkt mit Blick
auf den späteren Berufseintritt?

16. Inwiefern plant die Bundesregierung Maßnahmen, um die Wehrgerechtig-
keit zu verbessern und welche Auswirkungen hat die vorgesehene Verlän-
gerungsoption auf ggf. vorhandene Planungen?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8550

17. Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung durch die angestrebte
Neuregelung auf die durchschnittliche Zahl der Dienstleistenden und auf die
Relation zwischen Wehr- und Zivildienstleistenden sowie deren Anteil an
einem Geburtsjahrgang?

18. Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, um den Zivil-
dienst zu einem Lerndienst weiterzuentwickeln und welche Auswirkungen
hat die Verlängerungsoption auf diese Planungen?

19. Welche Auswirkungen haben die Pläne zur Verlängerung des Zivildienstes
angesichts knapper Mittel auf den angestrebten Ausbau der Freiwilligen-
dienste?

a) Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass hier eine klare Prio-
ritätensetzung erfolgen muss?

b) Wenn ja, welche?

Wenn nein, warum nicht?

c) Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung insbesondere auf
das Angebot von und die Nachfrage nach FSJ-Plätzen?

20. Sieht die Bundesregierung in ihrem Vorhaben zur Verlängerungsoption des
Zivildienstes einen Schritt hin in Richtung einer Einführung einer Allgemei-
nen Dienstpflicht (bitte mit Begründung)?

Berlin, den 10. März 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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