BT-Drucksache 16/8543

Nationale Küstenwache schaffen

Vom 12. März 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8543
16. Wahlperiode 12. 03. 2008

Antrag
der Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Christian Ahrendt, Gisela Piltz, Horst
Friedrich (Bayreuth), Patrick Döring, Angelika Brunkhorst, Jan Mücke, Dr. Karl
Addicks, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Ulrike Flach,
Dr. Edmund Peter Geisen, Miriam Gruß, Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter
Haustein, Elke Hoff, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Hellmut Königshaus,
Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle
Laurischk, Michael Link (Heilbronn), Patrick Meinhardt, Burkhardt Müller-
Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper,
Jörg Rohde, Frank Schäffler, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig
Thiele, Florian Toncar, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff
(Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Nationale Küstenwache schaffen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Empfehlung Nr. 1 der unabhängigen Expertenkommission „Havarie Pallas“
aus dem Jahr 1998, eine Seewache unter Zusammenschluss der auf See tätigen
Dienste des Bundes einzurichten, ist bisher von der Bundesregierung nicht zu-
friedenstellend umgesetzt worden.

Veränderungen der maritimen Sicherheitslage haben inzwischen dazu geführt,
dass die derzeitige Organisationsstruktur den Entwicklungen im Bereich der ma-
ritimen Sicherheitsvorsorge nicht mehr gerecht wird.

Im Maritimen Sicherheitszentrum (MSZ), das aufgrund einer Verwaltungsver-
einbarung 2005 von den fünf Küstenländern und dem Bund geschaffen wurde,
sollen das Havariekommando, die Bundespolizei, der Zoll, die Wasserschutz-
polizeien der Länder, die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung und die Fischerei-
behörden fachlich und räumlich zusammenarbeiten, um den Schutz der mariti-
men Umwelt und die Sicherheit des Seeverkehrs zu erhöhen sowie die Krimina-
lität auf See effektiv zu bekämpfen. Insbesondere sollte nach dem Willen des da-
maligen Bundesministers des Innern, Otto Schily, ermöglicht werden, effektiver
auf entsprechende Gefahren zu reagieren und die notwendigen operativen Maß-
nahmen zur Abwehr eines terroristischen Anschlags auf See und anderer Gefah-

ren einzuleiten.

Doch trotz anderweitiger Zusagen befindet sich das MSZ bis heute nur im vor-
läufigen Wirkbetrieb. Eine Prüfung des Bundesrechnungshofes hat zwar geringe
Fortschritte bei der Zusammenarbeit und Effizienz bestätigt, doch gleichzeitig
klargestellt, dass wesentliche Fragen bis heute nicht geklärt sind. Daneben be-
stehen verfassungsrechtliche Bedenken, auch bei dem erfolgreicher arbeitenden
Havariekommando.

Drucksache 16/8543 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
In der Praxis sind die bisherigen Regelungswerke für die Kooperations- und
Koordinierungsgremien kaum überschaubar. Damit hat man nicht die nach dem
Pallas-Unglück geforderten und gewollten echten Führungsstrukturen mit rechts-
sicheren Durchgriffsrechten geschaffen. Folglich sind erhebliche Kooperations-
defizite im Ernstfall nicht auszuschließen.

Die neue nationale Küstenwache soll geographisch für die Seehäfen, das Küs-
tenmeer (Hoheitsgewässer), die Zwölf-Seemeilen-Anschlusszone und für die
ausschließliche Wirtschaftszone zuständig sein. Die Bundeswehr ist dabei nicht
betroffen.

Das Havariekommando und das MSZ gehen in der neuen Küstenwache auf.
Darüber hinaus soll die Küstenwache u. a. den gesamten Bereich Erforschung
und Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsver-
kehrs abdecken sowie die Abwehr externer Gefahren für den Seeverkehr und die
Umwelt und die Aufgaben der Bundespolizei See, der Fischereiaufsicht und der
Zollkontrolle zu See übernehmen.

Die Küstenwache soll die Einhaltung und Überwachung nationaler und interna-
tionaler Gesetze (z. B. Hafenstaatkontrolle) sicherstellen. Auch polizeiliche
Aufgaben wie die strom- und schifffahrtspolizeilichen Aufgaben der Wasser-
und Schifffahrtsverwaltung und die allgemeine Gefahrenabwehr auf See und die
Abwehr von Schwerstkriminalität (wie z. B. terroristische Gefahren) muss die
neue Küstenwache wahrnehmen. Die Möglichkeit der Amtshilfe bleibt hiervon
unberührt.

II. Der Deutsche Bundestag fordert deshalb die Bundesregierung auf,

eine nationale Küstenwache in zwei Schritten zu realisieren:

1. Schritt: Zusammenfassung aller Bundeszuständigkeiten.

Die bisher auf viele unterschiedliche Rechtsgrundlagen verteilten Zuständig-
keiten der im Küstenschutz tätigen Bundesbehörden müssen in einem einheit-
lichen Gesetz für die nationale Küstenwache zusammengefasst werden. Darüber
hinaus ist das Seeaufgabengesetz dahingehend zu ändern, dass die sich daraus
ergebenden Zuständigkeiten des Bundes der nationalen Küstenwache übertra-
gen werden.

Dies schafft Übersichtlichkeit und die notwendige Rechtsklarheit und Doppel-
zuständigkeiten und Reibungsverluste werden vermieden.

2. Schritt: Übertragung der entsprechenden Landeskompetenzen auf den Bund
durch eine Grundgesetzänderung.

Zum einen sind die Vereinbarungen mit den Küstenländern i. S. d. § 3 i. V. m.
§ 1 Nr. 2 des Seeaufgabengesetzes (SeeAufgG) zu lösen, so dass der Bund die
darin festgelegten Aufgaben schifffahrtspolizeilicher und umweltschützender
Art wieder selbst durch die nationale Küstenwache wahrnehmen kann.

Zum anderen ist eine Grundgesetzänderung dahingehend notwendig, dass die
Befugnisse, die den Wasserschutzpolizeien der Länder auf See und in Seehäfen
über § 1 Nr. 2 SeeAufgG hinausgehend in der allgemeinen Gefahrenabwehr
zustehen, auf die nationale Küstenwache übertragen werden. Nur so kann eine
effektive und effiziente Arbeit der Nationalen Küstenwache nach rechtlich
klaren Vorgaben gewährleistet werden. Die haushalterischen Voraussetzungen
sind in Abstimmung mit den Ländern zu schaffen.

Berlin, den 13. März 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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