BT-Drucksache 16/8427

Internationale Verhandlungen über ein Verbot von Anti-Fahrzeugminen sowie Anti-Fahrzeugminen in deutschen Beständen

Vom 5. März 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8427
16. Wahlperiode 05. 03. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Florian Toncar, Elke Hoff, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt,
Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick
Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Paul K. Friedhoff,
Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann,
Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan,
Heinz-Peter Haustein, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch,
Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk,
Harald Leibrecht, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Michael Link (Heilbronn),
Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen,
Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Jörg
Rohde, Frank Schäffler, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele,
Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff
(Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Internationale Verhandlungen über ein Verbot von Anti-Fahrzeugminen sowie
Anti-Fahrzeugminen in deutschen Beständen

Die im Jahr 1997 in Ottawa verabschiedete Konvention zum Verbot von Anti-
Personenminen erstreckte sich nicht auf Anti-Fahrzeugminen. Diese Minen, die
grundsätzlich über weitaus größere Sprengkraft verfügen als Anti-Personenmi-
nen, werden weiterhin ohne Verbot oder Beschränkungen von vielen Staaten
verwendet, obwohl auch sie nicht zwischen zivilen und militärischen Zielen un-
terscheiden können. Auch Anti-Fahrzeugminen stellen noch lange nach dem
Ende von Konflikten eine Gefahr für die Bevölkerung dar.

Einige Anti-Fahrzeugminen sind mit einer so genannten Aufhebesperre verse-
hen, um eine Räumung der Minen durch Personen zu verhindern. Dieser Me-
chanismus bewirkt, dass die Anti-Fahrzeugmine auch durch Personen ausgelöst
werden kann und somit wie eine Anti-Personenmine wirkt. Während einige
Unterzeichnerstaaten die Ottawa-Konvention dahingehend auslegen, dass Anti-
Fahrzeugminen mit Aufhebesperre unter das Verbot von Anti-Personenminen
fallen, besteht hierüber kein internationaler Konsens. Obwohl die Gefahr durch
Anti-Fahrzeugminen weiter besteht, sind die Verhandlungen über ein Verbot
seit einigen Jahren in den Hintergrund gerückt.
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche politischen Hindernisse stehen der Einführung verbindlicher Stan-
dards für Anti-Fahrzeugminen bisher im Wege?

2. Wie beurteilt die Bundesregierung den derzeitigen Verhandlungsprozess
über ein Verbot von Anti-Fahrzeugminen?

Drucksache 16/8427 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Was müsste geschehen, um den Verhandlungen neuen Schwung auch
außerhalb der VN-Waffenkonvention zu geben?

3. Sieht die Bundesregierung die Beschlussempfehlung des Deutschen Bun-
destages auf Bundestagsdrucksache 14/9438 insbesondere in Bezug auf die
Forderung Nr. 3 umgesetzt?

4. Wie sollten verbindliche Standards für Anti-Fahrzeugminen nach dem Wil-
len der Bundesregierung definiert werden?

5. Welche Anstrengungen hat die Bundesregierung, wie vom Bundesminister
des Auswärtigen Dr. Frank-Walter Steinmeier am 19. Oktober 2006 vor
dem Deutschen Bundestag angekündigt, unternommen, um verbindliche
Standards für Anti-Fahrzeugminen einzuführen (bitte um genaue Erläute-
rung, welche Initiativen von welchem Mitglied der Bundesregierung zu
welchem Zeitpunkt und mit welchem Ergebnis durchgeführt wurden)?

6. Welche Anpassungen hätte ein erfolgreicher Abschluss der Initiativen der
Bundesregierung für die Bestände der Bundeswehr erfordert?

7. In welcher Form hat die Bundesregierung auf internationaler Ebene ver-
sucht, dem ins Stocken geratenen Verhandlungsprozess zum Verbot von
Anti-Fahrzeugminen neue Impulse zu geben?

8. Inwiefern hat die Bundesregierung versucht, durch Veränderungen in den
Beständen der Bundeswehr die von ihr angestrebten Standards (vgl.
Frage 4) selbst zu erfüllen?

Welche Ergebnisse sind bisher erreicht bzw. bis 2010 zu erwarten?

9. Sind nach Auffassung der Bundesregierung Anti-Fahrzeugminen, die durch
Personen ausgelöst werden können, in das Verbot über Anti-Personenminen
(Ottawa-Konvention) mit eingeschlossen?

Falls nein, welche Argumente stehen dem aus Sicht der Bundesregierung
entgegen?

10. Gibt es im Hinblick auf die in Frage 9 angesprochene Rechtsfrage eine
gemeinsame Haltung der EU?

Wenn ja, um welche Haltung handelt es sich?

Wenn nein, worin bestehen die Hindernisse, und was unternimmt die Bun-
desregierung zu ihrer Beseitigung?

11. Welche durch die Ottawa-Konvention gebundenen Staaten vertreten die
Rechtsauffassung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, dass die
Konvention auch auf Anti-Fahrzeugminen, die durch Personen ausgelöst
werden können, anwendbar ist?

Welche Staaten widersprechen dieser Auffassung?

Welche vertreten eine dritte Auffassung bzw. sind hinsichtlich ihrer Rechts-
auffassung noch nicht festgelegt (bitte aufgeschlüsselt nach Staaten)?

12. Welche Anti-Fahrzeugminen im Bestand der Bundeswehr sind mit einer so
genannten Aufhebesperre versehen, die bewirkt, dass diese Minen auch von
Personen ausgelöst werden können?

13. Plant die Bundesregierung, die durch Personen auslösbaren Anti-Fahr-
zeugminen in deutschen Beständen auszumustern und zu vernichten?

Falls nein, warum nicht?

Falls ja, wie sehen die genauen Pläne zur Entfernung und Entsorgung die-
ser Anti-Fahrzeugminen aus?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8427

14. Ist die Bundesregierung insbesondere bereit, auf Anti-Fahrzeugminen, die
durch eine Lageveränderung ausgelöst werden und somit auch durch eine
Person zur Explosion gebracht werden können, zu verzichten?

Falls nein, warum nicht?

15. Welche Beschaffungen für die Bundeswehr sind in Bezug auf Anti-Fahr-
zeugminen vorgesehen bzw. welche Kampfwertsteigerungen in Bezug auf
bestehende Minensysteme sind geplant oder werden gegenwärtig umge-
setzt?

16. Welche Forschungs- und Entwicklungsprojekte werden nach Kenntnis
der Bundesregierung gegenwärtig in Deutschland in Bezug auf moderne,
Sensor-gezündete Anti-Fahrzeugminen durchgeführt und sollen solche
Systeme zukünftig beschafft werden?

17. Wie viele der sich im Besitz der Bundeswehr befindenden Panzerabwehr-
minen verfügen über einen (personen-)sensitiven Zünder (u. a. Bruchdraht,
Stolperdraht, Kippzünder und Knickzünder)?

18. Wie viele Minenlegefahrzeuge für Panzerabwehrminen unterhält die Bun-
deswehr?

19. Welche Neu- und/oder Ersatzbeschaffungen für Minenlegefahrzeuge sind
in den nächsten fünf Jahren geplant?

Wie hoch ist die geschätzte Summe, die aus den Haushaltsmitteln hierfür
verwendet werden soll?

20. Wie hoch ist die Fehler- und/oder Blindgängerquote bei der Verwendung
von Panzerabwehrminen durch die Bundeswehr?

21. Auf welche Höhe belaufen sich die minenrelevanten Ausgaben der Bun-
deswehr im Haushaltsjahr 2007?

Wie hoch ist der Ansatz für die Haushaltsjahre 2008 bis 2012?

22. Auf welche Höhe belaufen sich die Kosten, die in eine Modernisierung der
Minenausstattung der Bundeswehr in den Jahren 1998 bis 2007 investiert
wurden?

Sind für die Haushaltsjahre 2008 bis 2012 weitere Ausgaben in diesem Be-
reich geplant?

23. Welche Rolle spielt der Einsatz von Panzerabwehrminen in den militärstra-
tegischen Konzepten der Bundeswehr?

24. Sind die Unterhaltung und der Einsatz von Panzerabwehrminen nach An-
sicht der Bundesregierung mit der neuen strategischen Ausrichtung der
Bundeswehr vereinbar?

25. In welchen Einsatzszenarien stellen Panzerabwehrminen heute noch eine
operative Option für die Bundeswehr dar?

26. Wurden in den Jahren 1998 bis 2007 Verkäufe des Minenwurfsystems
SKORPION durch die Bundesregierung an andere Staaten getätigt?

27. Wenn ja, in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt wurden diese
Verkäufe getätigt, und um welche Empfängerländer handelt es sich dabei?

Berlin, den 5. März 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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