BT-Drucksache 16/8406

Faire Chancen für private und privat-gewerbliche Anbieter bei der Kinderbetreuung - ohne weiteres Zögern Entwurf des Kinderförderungsgesetzes vorlegen

Vom 5. März 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8406
16. Wahlperiode 05. 03. 2008

Antrag
der Abgeordneten Ina Lenke, Sibylle Laurischk, Miriam Gruß, Dr. Karl Addicks,
Christian Ahrendt, Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst
Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Paul
K. Friedhoff, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael
Goldmann, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter
Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch,
Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Heinz Lanfermann, Harald Leibrecht,
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Michael Link (Heilbronn), Horst Meierhofer,
Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Dr. Max
Stadler, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Guido
Westerwelle und der Fraktion der FDP

Faire Chancen für private und privat-gewerbliche Anbieter bei der Kinder-
betreuung – ohne weiteres Zögern Entwurf des Kinderförderungsgesetzes
vorlegen

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Bund stellt über die Einrichtung eines Sondervermögens „Kinderbetreu-
ungsausbau“ 2,15 Mrd. Euro für die Finanzierung von Investitionen im Bereich
des Ausbaus der Kindertagesbetreuung bereit. Bis 2013 sollen zusätzlich
300 000 Plätze geschaffen werden, um bundesweit eine durchschnittliche Ver-
sorgungsquote von 35 Prozent für Kinder unter drei Jahren zu erreichen. Ab
2014 wird sich der Bund mit 770 Mio. Euro jährlich an den durch den Ausbau
entstehenden zusätzlichen Betriebskosten beteiligen, und dies über einen Vor-
wegabzug zu Gunsten der Länder bei der Umsatzsteuerverteilung. In der Ver-
waltungsvereinbarung „Investitionsprogramm Kinderbetreuungsfinanzierung
2008 bis 2013“ zwischen Bund und Ländern wurde vereinbart, dass den Ländern
die Regelung und Durchführung des Verfahrens zur Verwendung der Finanzhil-
fen obliegt. Bei Vorliegen der entsprechenden landesrechtlichen Regelungen
können die Mittel abgerufen werden. Voraussetzung für eine Mittelvergabe auch

in den nächsten Jahren ist laut Verwaltungsvereinbarung allerdings, dass die im
Zusammenhang mit dem Kinderbetreuungsfinanzierungsgesetz notwendigen
Änderungen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes und des Finanzausgleichs-
gesetzes vorgenommen werden. Streitig war, wie verbindlich das von der Union
geforderte Betreuungsgeld für Eltern, die Kleinkinder nicht in öffentlich geför-
derte Betreuungseinrichtungen geben, in das „Gesetz zur Förderung von
Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege

Drucksache 16/8406 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

(Kinderförderungsgesetz – KiföG) aufgenommen werden soll; am 27. Februar
2008 wurde eine Einigung dahingehend erzielt, dass § 16 Abs. 4 des Achten
Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) um die Regelung erweitert wird: „Ab
2013 für diejenigen Eltern, die ihre Kinder von ein bis drei Jahren nicht in Ein-
richtungen betreuen lassen wollen oder können, eine monatliche Zahlung (zum
Beispiel Betreuungsgeld) eingeführt werden soll.“

Ein zügigerer Ausbau der Kindertagesbetreuung wird nur dann erreicht, wenn
private Initiativen wie Elternvereine, privat-gewerbliche Initiativen und Be-
triebe verstärkt Kindertagesbetreuung besonders im Krippenbereich anbieten.
Diese werden bisher schlechter gestellt sind als gemeinnützige Anbieter, da das
geltende Recht für verschiedene Berechtigungen die sog. Anerkennung als freie
Träger voraussetzt, die aber frei-gemeinnützigen Trägern vorbehalten bleibt.
Privat-gewerbliche Träger von Kinderbetreuungseinrichtungen sollten einen
gleichberechtigten Zugang zu öffentlicher Förderung haben. Die unterschiedli-
che Behandlung privat-gewerblicher und frei-gemeinnütziger Träger erschwert
die Förderung betrieblicher Einrichtungen und war bereits Gegenstand von Pe-
titionen im Deutschen Bundestag. Die Vereinbarkeit mit der Dienstleistungsfrei-
heit der Europäischen Union ist zweifelhaft.

Die Einführung eines Betreuungsgeldes durch SPD, CDU und CSU zu Gunsten
derjenigen Eltern, die ihr Kind zu Hause betreuen, ist abzulehnen. Mit einer
Bargeldlösung ist nicht gesichert, dass das Geld auch bei den Kindern ankommt
und zu ihrem Wohl verwendet wird. Ein Betreuungsgeld schränkt ferner – neben
der Lohnsteuerklasse V – die Wahlfreiheit von Frauen ein, die Familie und
Erwerbsarbeit miteinander in Einklang bringen möchten. Finanziell schwache
Familien ziehen oftmals die Prämie einem Betreuungsgeld vor, wie Erfahrungen
aus Norwegen zeigen. Das gefährdet die (soziale) Integration dieser Kinder.
Notwendig ist vielmehr die Einführung von Bildungs- und Betreuungsgutschei-
nen, damit Bildung, Erziehung und Betreuung im Sinne einer Chancengleichheit
von Beginn an allen Kindern zu Gute kommt.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. endlich einen Entwurf des „Gesetzes zur Förderung von Kindern unter drei
Jahren in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege“ (Kinderförde-
rungsgesetz – KiföG) unter Einbeziehung folgender Vorgaben vorzulegen:

a) Die Benachteiligungen von privaten und privat-gewerblichen Angeboten
der Kinderbetreuung sind insbesondere dadurch zu beseitigen, dass das
Erfordernis der Gemeinnützigkeit als Fördervoraussetzung nach § 74
Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VII entfällt, und dass das Rechtsinstitut der An-
erkennung in § 75 SGB XIII für den Bereich der Kindertagesbetreuung
gestrichen wird, damit alle Leistungserbringer den gleichen Zugang zur
Subventionsförderung (§ 74 SGB VIII), zur Beteiligung im Jugendhilfe-
ausschuss (§ 71 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII), zur Teilnahme an der Jugend-
hilfeplanung (§ 80 SGB VIII) und zur Beteiligung an sog. anderen Aufga-
ben (§ 76 SGB VIII) haben;

b) auf die Einführung eines Betreuungsgeldes oder eine andere direkte
finanzielle Leistung für diejenigen Eltern, die sich entscheiden, ihr Kind
nach Auslaufen des Elterngeldes selbst zu betreuen, sollte verzichtet wer-
den;

2. sich im Rahmen der Kinderbetreuung für eine Stärkung der Subjektförde-
rung, d. h. der Förderung eines jeden einzelnen Kindes durch die Einführung
von Bildungs- und Betreuungsgutscheinen, statt der bisherigen Objektförde-
rung einzusetzen;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8406

3. vor Einführung von neuen finanziellen Leistungen wie dem Betreuungsgeld
und der Ausweitung des Kinderzuschlages eine umfassende Wirkungs-
analyse der 185 Mrd. Euro umfassenden 145 familienpolitischen Leistungen
durch das Kompetenzzentrum für Familienleistungen vorzulegen.

Berlin, den 5. März 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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