BT-Drucksache 16/8405

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen

Vom 5. März 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8405
16. Wahlperiode 05. 03. 2008

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Rainer Brüderle, Martin Zeil, Gudrun Kopp, Dr. Karl Addicks,
Christian Ahrendt, Daniel Bahr (Münster), Uwe Barth, Angelika Brunkhorst, Ernst
Burgbacher, Patrick Döring, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Paul K. Friedhoff, Horst
Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam
Gruß, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter
Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch,
Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann,
Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Michael Link (Heilbronn), Horst Meierhofer,
Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Detlef Parr, Cornelia
Pieper, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Dr. Konrad Schily, Dr. Rainer Stinner,
Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle und der
Fraktion der FDP

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen
Wettbewerbsbeschränkungen

A. Problem

Für Märkte mit gesamtwirtschaftlicher Bedeutung, auf denen der Wettbewerb
erstarrt und eine Belebung durch natürliche marktwirtschaftliche Entwicklun-
gen auf absehbare Zeit nicht zu erwarten ist, gibt es bisher kein kartellbehörd-
liches Instrumentarium, um diese strukturelle Schwäche zu beseitigen. Dies
macht sich derzeit vor allem auf dem Markt der Stromerzeugung sehr negativ
bemerkbar; die Beherrschung dieses Marktes durch ein Oligopol von vier Un-
ternehmen lässt Preiswettbewerb nicht entstehen, was im Endeffekt zu überhöh-
ten Endverbraucherpreisen führt.

B. Lösung

Dem Bundeskartellamt muss als Ultima Ratio die Möglichkeit gegeben werden,
die marktbeherrschenden Unternehmen zum Verkauf oder zumindest zur orga-
nisatorischen und rechtlichen Abtrennung von Vermögensteilen zu zwingen,

wenn auf andere Weise kein wesentlicher Wettbewerb zu erreichen ist.

C. Alternativen

Die bereits erfolgten Maßnahmen und die derzeit diskutierten Initiativen zur Be-
lebung des Wettbewerbes auf dem Strommarkt vermögen den vorliegenden Vor-
schlag nicht zu ersetzen. Bislang gibt es lediglich das Verbot wettbewerbs-

Drucksache 16/8405 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beschränkender Verhaltensweisen, das jedoch auf Märkten mit verfestigten
nichtwettbewerblichen Marktstrukturen nicht ausreicht. Auch eine vertikale
Entflechtung löst das Grundproblem des fehlenden Wettbewerbs auf der Wert-
schöpfungsstufe der Stromerzeugung nicht. Gleiches gilt für eine reine Miss-
brauchsaufsicht. Diese kann bestenfalls eine ungerechtfertigte Preiserhöhung
nachträglich korrigieren. Dagegen wird durch den vorliegenden Vorschlag das
Ziel einer spürbaren Belebung des Wettbewerbs auf der Produktionsebene durch
direkte strukturelle Eingriffe – wie z. B. einen Zwangsverkauf von Erzeugungs-
kapazitäten an Dritte – unmittelbar erreicht. Denn echter Wettbewerb zwischen
Stromerzeugern lässt sich nur verwirklichen, wenn die Zahl der Betreiber von
Kraftwerken steigt.

D. Finanzielle Auswirkungen

Beim Bundeskartellamt wird abhängig vom Einzelfall ein im Vorhinein nicht
bezifferbarer Mehraufwand an Personal und Sachmitteln entstehen. Entspre-
chendes gilt für die zuständigen Kartellgerichte (Oberlandesgericht Düsseldorf
und Bundesgerichtshof).

E. Sonstige Kosten

Keine

Markt zu erwarten, kann das Bundeskartellamt anordnen, Der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie

dass das marktbeherrschende Unternehmen innerhalb an-
gemessener Frist bestimmte Teile seines Vermögens ver-
äußern oder auf andere Weise verselbständigen muss,
wenn dies eine spürbare Verbesserung der Wettbewerbs-
bedingungen erwarten lässt. Ausgenommen von der An-
ordnung sind Vermögensteile, die das betroffene Unter-
nehmen in den letzten fünf Jahren vor der Zustellung der

entscheidet in den Fällen des § 41a auf Antrag, dass eine
vom Bundeskartellamt angeordnete Veräußerung von
Vermögensteilen nicht erfolgen muss, wenn die beste-
henden Wettbewerbsbedingungen durch gesamtwirt-
schaftliche Vorteile aufgewogen werden oder die gegebe-
ne Struktur der betroffenen Unternehmen durch ein
überragendes Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8405

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen
Wettbewerbsbeschränkungen

Vom …

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der
Fassung der Bekanntmachung vom 15. Juli 2005 (BGBl. I
S. 2114), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom
18. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2966), wird wie folgt geän-
dert:

1. § 32b Abs. 1 wird wie folgt geändert:

a) In Satz 1 wird die Angabe „§ 32“ durch die Angabe
„§§ 32 oder 41a“ ersetzt.

b) In Satz 2 wird die Angabe „§§ 32 und 32a“ durch die
Angabe „§§ 32 und 32a oder 41a“ ersetzt.

2. § 40 Abs. 3a wird wie folgt gefasst:

„(3a) Die Freigabe kann widerrufen oder geändert
werden, wenn

1. sie auf unrichtigen Angaben beruht,

2. sie arglistig herbeigeführt worden ist,

3. das beteiligte Unternehmen einer mit ihr verbundenen
Auflage zuwiderhandelt

oder

4. das Bundeskartellamt aufgrund nachträglich eingetre-
tener Tatsachen berechtigt wäre, die Freigabe zu ver-
sagen, und wenn ohne den Widerruf oder die Än-
derung das öffentliche Interesse an wesentlichem
Wettbewerb auf einem Markt mit gesamtwirtschaft-
licher Bedeutung gefährdet wäre.

In den Fällen der Nummer 3 oder der Nummer 4 gilt
§ 41 Abs. 4 entsprechend.“

3. In der Überschrift des § 41 wird das Wort „Entflechtung“
durch die Wörter „Auflösung eines Zusammenschlusses“
ersetzt.

4. Nach § 41 wird folgender § 41a eingefügt:

㤠41a
Entflechtung

(1) Ist auf einem Markt mit gesamtwirtschaftlicher Be-
deutung ein Unternehmen marktbeherrschend und ist auf
absehbare Zeit kein wesentlicher Wettbewerb auf diesem

men hat. Die Anordnung kann mit Bedingungen und
Auflagen verbunden werden. Der Wert von zu veräußern-
den Teilen, der zuvor von einem durch das Bundeskartell-
amt beauftragten Wirtschaftsprüfer zu ermitteln ist, wird
als Geschäftsgeheimnis Bestandteil der Anordnung nach
Satz 1.

(2) Das marktbeherrschende Unternehmen soll bis zu
einem vom Bundeskartellamt zu bestimmenden Zeit-
punkt Vorschläge unterbreiten, welche Teile seines
Vermögens zu veräußern oder auf andere Weise zu ver-
selbständigen sind. Zu diesen Vorschlägen und deren
wettbewerblichen Auswirkungen ist eine Stellungnahme
der Monopolkommission einzuholen. Die Monopolkom-
mission kann auch eigene Vorschläge unterbreiten, die
unter Beteiligung des betroffenen Unternehmens eine
spürbare Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen er-
warten lassen.

(3) Dem Unternehmen ist ein angemessener Zeitraum
zu gewähren, innerhalb dessen die nach Absatz 1 ange-
ordnete Verselbständigung zu erfolgen hat. Im Falle der
Veräußerung dürfen der oder die Erwerber auf dem rele-
vanten Markt keine beherrschende Stellung innehaben
oder durch den geplanten Erwerb erlangen und nicht die
Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 erfüllen. Die bestimm-
ten Vermögensteile dürfen innerhalb einer Frist von zehn
Jahren seit der Verselbständigung nach Satz 1 nur an Un-
ternehmen weiter übertragen werden, die die Vorausset-
zungen eines Erwerbers im Sinne des Satzes 2 erfüllen.
Der Vertrag mit dem Erwerber oder den Erwerbern über
die bestimmten Vermögensteile bedarf zu seiner Wirk-
samkeit der Zustimmung des Bundeskartellamtes; Ab-
satz 1 Satz 3 gilt entsprechend. Die Zustimmung ist zu
versagen, wenn der in Absatz 1 Satz 1 bestimmte Zweck
nicht erreicht würde.

(4) Die §§ 35, 40 Abs. 4 und § 41 Abs. 4 gelten ent-
sprechend. Im Falle der entsprechenden Anwendung des
§ 41 Abs. 4 Nr. 3 darf der Treuhänder einen Vermögens-
teil nur veräußern, wenn der Erlös mindestens die Hälfte
des nach Absatz 1 Satz 3 festgestellten Wertes beträgt.“

5. Nach § 42 wird folgender § 42a eingefügt:

㤠42a
Ministerdispens
Anordnung aufgrund der bestandskräftigen Freigabe
eines Zusammenschlusses nach § 40 Abs. 2 übernom-

ist (Dispens). § 42 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 2 bis 4
gilt entsprechend.“

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6. § 43 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:

„(1) Die Einleitung des Hauptprüfverfahrens nach
§ 40 Abs. 1 Satz 1 und des Entflechtungsverfahrens
nach § 41a Abs. 1, der Antrag auf Erteilung einer Mi-
nistererlaubnis nach § 42 und der Antrag auf Ertei-
lung eines Ministerdispenses nach § 42a sind unver-
züglich im Bundesanzeiger oder im elektronischen
Bundesanzeiger bekannt zu machen.“

b) Absatz 2 wird wie folgt geändert:

aa) Nach Nummer 1 wird die neue Nummer 2 einge-
fügt:

„2. die Anordnung des Bundeskartellamtes nach
§ 41a Abs. 1 Satz 1 und die Zustimmung
nach § 41a Abs. 3 Satz 4,“.

bb) Die bisherigen Nummern 2 bis 4 werden die
Nummern 3 bis 5.

cc) In der neuen Nummer 3 werden nach dem Wort
„Ministererlaubnis“ die Wörter „der Ministerdis-

7. In § 64 Abs. 1 Nr. 3 werden nach der Angabe „§ 42
Abs. 2 Satz 2“ die Wörter „oder ein Ministerdispens
nach § 42a Satz 2 in Verbindung mit § 42 Abs. 2 Satz 2“
eingefügt.

8. In § 66 Abs. 1 Satz 3 werden nach der Angabe „§ 42“
die Wörter „oder in den Fällen des § 41a Antrag auf Er-
teilung eines Ministerdispenses nach § 42a“ eingefügt.

9. § 80 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 wird die Angabe „39, 40, 41,
42 und 60“ durch die Wörter „39 bis 41, 41a – auch
in Verbindung mit § 41 Abs. 4 – , §§ 42, 42a und 60“
ersetzt.

b) In Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 wird die Angabe „und § 42“
durch die Angabe „, § 41a Abs. 1 und 4, § 42 und
§ 42a“ ersetzt.

c) In Absatz 4 Nr. 3 wird die Angabe „des § 42“ durch
die Angabe „der §§ 42 oder 42a“ ersetzt und nach
der Angabe „§ 36 Abs. 1“ die Angabe „oder § 41a
Abs. 1“ eingefügt.

10. § 81 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a wird wie folgt gefasst:

„a) § 30 Abs. 3, § 32 Abs. 1, § 32a Abs. 1, § 32b Abs. 1

pens“ und ein Komma eingefügt.

dd) In der neuen Nummer 4 wird das Wort „oder“
durch ein Komma ersetzt und nach dem Wort
„Ministererlaubnis“ werden die Wörter „und des
Ministerdispenses“ eingefügt.

ee) In der neuen Nummer 5 werden nach der Angabe
„§ 41 Abs. 3 und 4“ ein Komma und die Wörter
„auch in Verbindung mit § 41a Abs. 4“ eingefügt.

Satz 1 oder § 41 Abs. 4 Nr. 2, auch in Verbindung
mit § 41a Abs. 4 Satz 1 oder § 40 Abs. 3a Satz 2,
auch in Verbindung mit § 41 Abs. 2 Satz 3 oder § 42
Abs. 2 Satz 2, auch in Verbindung mit § 42a Satz 2,
oder § 60 oder“.

Artikel 2

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Berlin, den 5. März 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

strukturelle Maßnahmen zu treffen (vgl. Bundestagsdruck-
gens geltend zu machen und ggf. zu verwirklichen.
sache 15/3640, S. 33). Eine dem Artikel 7 der Verordnung
(EG) Nr. 1/2003 entsprechende Ergänzung des § 32 Abs. 2
würde allerdings in Anbetracht der Eingriffsintensität einer

Für den weiteren Verlauf des förmlichen Entflechtungsver-
fahrens sind das Vorschlagsrecht des Unternehmens und
dessen Beteiligung als Sollvorschrift normativ verankert.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/8405

Begründung

A. Allgemeines

1. Anlass und Ziel des Gesetzes

Der vorliegende Gesetzentwurf hat zum Ziel, das kartellbe-
hördliche Instrumentarium zu komplettieren. Die wettbe-
werbspolitische Diskussion der letzten Jahre war auf die
Netzwirtschaften als sog. nicht bestreitbare, natürliche Mo-
nopole fokussiert. Aus der Erkenntnis, dass auf diesen Märk-
ten dauerhaft kein Wettbewerb zu erreichen ist, hat man sich
auf eine staatliche Regulierung verständigt. Daneben existie-
ren weitere Märkte mit Wettbewerbsbeschränkungen, die
nicht durch Kostenverläufe, sondern durch die oligopolisti-
sche Struktur des jeweils betroffenen Marktes verursacht
sind. Grundsätzlich ist dort eine wettbewerbliche Struktur
mit mehreren rivalisierenden Anbietern technisch und öko-
nomisch möglich. Ein dauerhafter Regulierungsbedarf ist al-
so nicht zu rechtfertigen. Andererseits hat sich über längere
Zeiträume gezeigt, dass in bestimmten Fällen das vorhande-
ne Instrumentarium der Kartellbehörden nicht ausreicht, um
funktionsfähigen Wettbewerb anzustoßen oder zu erhalten.
So ist die Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Un-
ternehmen in den seltensten Fällen erfolgreich angewendet
worden; außerdem ist sie nicht darauf ausgelegt, Wettbewerb
zu generieren, sondern nur punktuell die Folgen fehlenden
Wettbewerbes zu dämpfen. Trotz der Fusionskontrolle gibt
es ausweislich der Untersuchungen der Monopolkommis-
sion eine Fülle von Märkten, die durch einen hohen Konzen-
trationsgrad gekennzeichnet sind. Die dort herrschenden Un-
ternehmen weisen nicht selten ein hohes Maß an vertikaler
und/oder horizontaler Integration auf. Oberstes Ziel der
Wettbewerbspolitik muss es bleiben, durch (weitere) Libera-
lisierungsbestrebungen und die Senkung von Marktzutritts-
schranken auch auf solchen Märkten Wettbewerb zu ermög-
lichen. Für den Fall jedoch, dass dies nicht gelingt, soll dem
Staat als Ultima Ratio ein effektives Mittel zur Verfügung
stehen, um die marktbeherrschenden Unternehmen zu einer
Veränderung ihrer Struktur zu bewegen oder im Weigerungs-
fall eine Entflechtung durch einen Treuhänder vornehmen zu
lassen.

Im europäischen Recht hat sich diese Erkenntnis schon seit
längerem durchgesetzt. Die Vorschrift des Artikels 7 Abs. 1
der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 sieht ausdrücklich für den
Fall einer Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 oder Artikel 82
des EG-Vertrags die Befugnis vor, seitens der Europäischen
Kommission „alle erforderlichen Abhilfemaßnahmen ver-
haltensorientierter oder struktureller Art vor[zu]schreiben,
die gegenüber der festgestellten Zuwiderhandlung verhält-
nismäßig und für eine wirksame Abstellung der Zuwider-
handlung erforderlich sind“. Zu den strukturellen Maß-
nahmen gehören unstreitig auch Eingriffe in die Unterneh-
menssubstanz bis hin zur Entflechtung. Der nationale Ge-
setzgeber hat im Rahmen der siebten Kartellnovelle jedoch
bewusst darauf verzichtet, eine ausdrückliche Regelung über

2. Grundzüge des Gesetzentwurfs

Kernpunkt des vorliegenden Gesetzentwurfs ist eine Vor-
schrift, die die Entflechtung von Unternehmen unter folgen-
den Voraussetzungen ermöglicht:

● Es muss sich um einen Markt mit gesamtwirtschaftlicher
Bedeutung handeln; dies kann v. a. Märkte mit bedeuten-
den oder gar unverzichtbaren Gütern betreffen, an denen
ein erhebliches versorgungs- und strukturpolitisches In-
teresse besteht.

● Die Aufgreifschwellen der nationalen Fusionskontrolle
müssen überschritten sein.

● Das betroffene Unternehmen muss auf dem relevanten
Markt eine beherrschende Stellung innehaben.

● Auf dem relevanten Markt darf auf absehbare Zeit kein
wesentlicher Wettbewerb zu erwarten sein.

Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen soll das Bundeskartell-
amt unter Beteiligung des Unternehmens die Veräußerung
von Vermögensteilen oder eine andere Form der Abtrennung
anordnen können, wenn dies eine spürbare Verbesserung der
Wettbewerbsbedingungen erwarten lässt. Zentrales und tra-
gendes Element des vorliegenden Konzeptes ist die Möglich-
keit zur maßgeblichen Mitgestaltung des mehrstufigen Ver-
fahrens durch das betroffene Unternehmen. Es hat in jeder
Phase die Möglichkeit, Einfluss auf das Vorhaben des Bun-
deskartellamtes zu nehmen und Vorschläge für eine Unter-
nehmensumgestaltung zu unterbreiten. Diese können in eine
förmliche Verpflichtungszusage nach der – entsprechend zu
erweiternden – Vorschrift des § 32b münden und zu einer ver-
bindlichen Einstellung des Verfahrens führen.

Die Entflechtung setzt eine umfassende Marktanalyse vor-
aus. In der Regel, d. h. wenn die erforderlichen Tatsachen
nicht bereits aufgrund eines Missbrauchsverfahrens bekannt
sind, wird einem Entflechtungsverfahren eine Untersuchung
des betroffenen Wirtschaftszweiges nach § 32e vorausge-
hen. Diese Vorschrift setzt ihrerseits Anhaltspunkte für eine
Erstarrung des Wettbewerbes voraus und enthält somit früh-
zeitig eine wichtige Prüfschwelle für die Notwendigkeit
eines strukturell wirkenden Eingriffes. Die Existenz von
Größen- und Verbundvorteilen kann eine Restriktion für
Marktstruktureingriffe darstellen. Entflechtungen dürfen nur
so weit gehen, dass kapazitative Mindestgrößen und damit
optimale betriebswirtschaftlich-technische Betriebsgrößen
erhalten bleiben. Anderenfalls würde die gesamtwirtschaft-
liche Effizienz beeinträchtigt. Schon aus diesem Grund soll
das betroffene Unternehmen selbst Vorschläge unterbreiten,
welche Teile seines Vermögens veräußert werden könnten.
Bereits in dieser Phase des Verfahrens hat das betroffene Un-
ternehmen also weit reichende Möglichkeiten, eine seinen
individuellen Interessen dienende Verwertung seines Vermö-
Entflechtung dem Bestimmtheitsgebot und der Wesentlich-
keitsrechtsprechung in keiner Weise Rechnung tragen.

Danach darf das Bundeskartellamt – nach gutachterlicher
Äußerung der Monopolkommission – seine Zustimmung zu

Drucksache 16/8405 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

einem Vertrag mit einem von dem betroffenen Unternehmen
ausgesuchten Käufer nur verweigern, wenn mit dem geplan-
ten Vertrag das Ziel der Entflechtung nicht erreicht würde;
diese Entscheidung ist gerichtlich überprüfbar. Freilich steht
die Ausübung dieses Vorschlagsrechtes unter dem – noch mit-
telbaren – Zwang zur Berücksichtigung von Gemeinwohlin-
teressen. Im Lichte des Artikels 14 Abs. 2 des Grundgesetzes
(GG) stellt diese Form der Beteiligung des Verfahrensbetrof-
fenen am Zustandekommen einer hoheitlichen Entscheidung
die den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit optimal wahrende
Form dar. Um das Ziel des Gesetzes, also eine Belebung des
Wettbewerbes, zu erreichen, muss für den Fall der angestreb-
ten Veräußerung an Dritte der Kreis der potenziellen Erwer-
ber durch das Gesetz begrenzt werden. Es muss insbesondere
ausgeschlossen werden, dass andere auf dem relevanten
Markt tätige Oligopolisten oder sogar konzerneigene Unter-
nehmen die von der kartellbehördlichen Entscheidung erfass-
ten Kapazitäten und Marktanteile hinzugewinnen.

Welche Unternehmensteile oder -gegenstände als Objekt der
Entflechtung in Betracht kommen, wird bewusst und in Über-
einstimmung mit der bisherigen Struktur des Kartellgesetzes
insbesondere im Bereich der Fusionskontrolle nicht im Ge-
setz festgelegt. Sowohl das Bundeskartellamt wie auch und
gerade das betroffene Unternehmen, das umfänglich in das
Verfahren eingebunden ist, sollen und müssen in der Ent-
scheidung über die geeignete und mildeste Form des Eingrif-
fes soweit wie möglich frei sein. Von der Ausgliederung ein-
zelner Assets bis zur Abspaltung ganzer Unternehmens- bzw.
Konzernteile sollen alle Maßnahmen, die zur Belebung des
Wettbewerbes geeignet erscheinen, möglich sein. Auf dieser
Basis hat das Bundeskartellamt seine Abwägungen unter be-
sonderer Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbe-
werbes ausgerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wett-
bewerbsbeschränkungen vorzunehmen. Um auch in der dann
folgenden Phase den Einfluss des staatlichen Zwanges zur
Veräußerung und auch dessen Auswirkungen auf die Preis-
bildung so gering wie möglich zu halten, ist dem betroffenen
Unternehmen ein angemessener Zeitraum zu gewähren, in-
nerhalb dessen es der Verfügung des Bundeskartellamtes
nachkommen muss. In der Regel werden hierfür zwei, in be-
sonders gelagerten Fällen sogar drei Jahre einzuräumen sein.
Außerdem darf das Bundeskartellamt nur Einfluss auf die
Auswahl des Käufers nehmen, wenn der Zweck der Entflech-
tung verfehlt zu werden droht. Schließlich wird im Gesetz ein
Vertrauenstatbestand verankert, der den kartellbehördlichen
Zugriff auf solche Vermögensteile ausschließt, die innerhalb
eines bestimmten Zeitraumes im Zuge einer freigegebenen
Fusion übernommen worden waren. Allerdings sieht der Ge-
setzentwurf als Vorstufe zu dem soeben beschriebenen Ent-
flechtungsverfahren auch die Möglichkeit vor, die Freigabe
einer Fusion zu widerrufen, wenn das Bundeskartellamt auf-
grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt gewe-
sen wäre, die Freigabe nicht zu erteilen. Die Übernahme die-
ses verwaltungsrechtlichen Grundsatzes (vgl. § 49 Abs. 2
Satz 1 Nr. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes – VwVfG)
wird ebenfalls auf Märkte mit gesamtwirtschaftlicher Bedeu-
tung begrenzt, an deren Funktionsfähigkeit ein besonderes
öffentliches Interesse besteht.

3. Verfassungsrechtliche Fragen

verfassungsrechtlich einen großen Spielraum. Einschrän-
kungen der Eigentümerbefugnisse müssen vom jeweili-
gen Sachbereich her geboten und auch in ihrer Ausgestal-
tung sachgerecht sein. Sie dürfen nicht weiter gehen als
es ihr Grund, der Schutz des Gemeinwohls, erfordert
(BVerfGE 110, 1, 28 = juris Rn. 100 – erweiterter Ver-
fall). Es genügt, wenn der Gesetzgeber die widerstreiten-
den Belange in ein „ausgewogenes Verhältnis“ bringt
(BVerfGE 114, 1, 59 = juris Rn. 207 – Überschussbetei-
ligung). Insbesondere hat das Bundesverfassungsgericht
Eigentumseingriffe mit dem Ziel, „Rahmenbedingungen
zu schaffen, die sicherstellen, dass Wettbewerb auch tat-
sächlich verwirklicht wird und interessierte Unterneh-
men überhaupt ernsthaft in Konkurrenz […] treten kön-
nen“, genügen lassen (BVerfG NJW 2001, 2960, 2961 =
juris Rn. 10 – TK-Leitung).

Allerdings verlangt die verfassungsrechtliche Judikatur
bei vergleichbaren Eingriffen, dass der Gesetzgeber er-
reichbares Material verwertet und Erfahrungen mit ver-
gleichbaren Regelungen im In- und Ausland auswertet
(BVerfGE 50, 290, 332 = juris Rn. 114 – Mitbestim-
mung). Die Erfahrungen sowohl in den Vereinigten Staa-
ten wie auch mittlerweile in Europa lassen den Schluss
zu, dass die Entflechtung ein anerkanntes Instrument zur
Überwindung der Nachteile marktbeherrschender Stel-
lungen auf erstarrten Märkten darstellt. Es sorgt für eine
Belebung des Wettbewerbes, verbessert das Marktergeb-
nis zugunsten der Verbraucher wie auch der Gesamtwirt-
schaft. Die positive langfristige Wirkung von Entflech-
tungen hängt allerdings von der Konsequenz ab, mit der
die Maßnahmen durchgeführt werden (vgl. von Hirsch-
hausen/Neumann/Weigt, Nummer 2.2., S. 3 ff.).

b) Der vorliegende Gesetzentwurf berührt neben dem Ei-
gentumsgrundrecht mehrere andere verfassungsrecht-
liche Vorschriften. Die mit der neuen Vorschrift ermög-
lichten vielfältigen Formen einer Entflechtung stellen
keine Enteignung im Sinne des Artikels 14 GG dar. Eine
solche liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverfas-
sungsgerichts (BVerfGE 104, 1, 10 = juris Rn. 30 – Bau-
landumlegung) nur vor, wenn subjektive Rechts-
positionen gezielt zur Erfüllung bestimmter öffentlicher
Aufgaben entzogen werden. Die Erhaltung bzw. – wie im
vorliegenden Fall – die Ermöglichung funktionsfähigen
Wettbewerbes liegt zwar in einer demokratisch verfass-
ten Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung im öffent-
lichen Interesse. Durch den Eingriff wird aber kein
Rechtsgut entzogen oder geschaffen, mit dem öffentliche
Aufgaben – wie etwa solche der Daseinsvorsorge – er-
füllt werden. Es geht dem Staat auch nicht darum, die Er-
werber durch diese Vermögensgegenstände zur Erfüllung
einer öffentlichen Aufgabe in Stand zu setzen. Vielmehr
werden mit dem Entzug bestehender Rechtspositionen
andere Privatrechtssubjekte in die Lage versetzt, ihrer-
seits auf dem relevanten Markt uneingeschränkt von ih-
ren durch die Artikel 12 und 14 GG geschützten Grund-
rechten Gebrauch zu machen. Die Entflechtung kommt
also Privaten zugute und stellt deshalb nur eine Inhalts-
und Schrankenbestimmung des Eigentums dar. Zur Kom-
pensationspflicht siehe Begründung zu Artikel 1 Nr. 4
a) Bei der Schaffung eines neuen wirtschafts- bzw. wettbe-
werbspolitischen Instruments besitzt der Gesetzgeber

(§ 41a – neu –) Buchstabe g. Für die verfassungsrechtli-
che Beurteilung ist die intensive Einbindung des Unter-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/8405

nehmens in den Verfahrensprozess ein bedeutender As-
pekt. Insoweit genügt zunächst die Einsicht, dass das
Verhandlungsergebnis schon wegen der großen Sach-
und Marktnähe des Unternehmens zu seinen Gunsten von
der angedrohten einseitigen Handlung des Bundeskartell-
amtes abweichen wird. Der Grundsatz der Verhältnismä-
ßigkeit wie auch die Erforderlichkeit einer Versteigerung
durch einen Treuhänder findet in diesem Konzept eine
besondere Ausprägung.

4. Stromerzeugungsmarkt

Einen Anlass für die vorliegenden gesetzgeberischen Über-
legungen bietet vor allem der Stromerzeugungsmarkt. Eine
wettbewerbliche Marktverfassung mit konkurrierenden An-
bietern ist dort technisch und ökonomisch möglich und vom
Gesetzgeber des Energiewirtschaftsrechts auch gewollt. Dau-
erhafter Regulierungsbedarf besteht nicht. Allerdings ist der
Wettbewerb auf diesem Markt seit langem stark beschränkt.
Nicht Kostenverläufe verursachen die Beschränkung des
Wettbewerbes, sondern eine vermachtete oligopolistische
Marktstruktur. Mehr als drei Viertel der Kraftwerkskapazität
der öffentlichen Versorgung in Deutschland befinden sich in
der Hand von vier Großunternehmen. Aus den geschilderten
Gründen sind die Stromendkundenpreise in Deutschland
trotz der unternommenen Liberalisierungsbemühungen im
europäischen Vergleich noch immer zu hoch. Es besteht die
begründete Vermutung, dass dies durch überhöhte Großhan-
delspreise der Stromerzeuger verursacht wird (vgl. von
Hirschhausen/Weigt/Zachmann, Preisbildung und Markt-
macht auf den Elektrizitätsmärkten in Deutschland – Grund-
legende Mechanismen und empirische Evidenz 2007).

Kurz- und mittelfristig ist nicht mit einem Abbau von Markt-
zutrittsschranken und folglich auch nicht mit einer Stärkung
des Wettbewerbes zu rechnen. Kraftwerksstandorte für unab-
hängige Anbieter sind kaum verfügbar, die Planungs- und Ge-
nehmigungszeiten für neue Kraftwerke sind lang. Wettbe-
werbsdruck durch ausländische Konkurrenten ist nicht in
ausreichendem Maße vorhanden. Entflechtungen auf dem
Stromerzeugermarkt lassen deshalb eine Intensivierung des
Wettbewerbes und niedrigere Strompreise erwarten. Auch
durch die Beteiligungen an städtischen und regionalen Strom-
verteilern können die großen deutschen Energiekonzerne das
Einkaufs- und Investitionsverhalten der Endversorger beein-
flussen und so weitere Marktzutrittsschranken errichten. Des-
halb wird zusätzlich die Möglichkeit geschaffen, die Freigabe
von Fusionen auf Märkten mit gesamtwirtschaftlicher Bedeu-
tung zu widerrufen, wenn das Bundeskartellamt aufgrund
nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt gewesen
wäre, die Freigabe nicht zu erteilen.

B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel 1

Zu Nummer 1 (§ 32b Abs. 1)

Ein wesentliches Element des vorliegenden Gesetzentwurfs
besteht in der aktiven Beteiligung des betroffenen Unterneh-
mens an der Suche nach Möglichkeiten zur Belebung erstarr-
ten Wettbewerbes durch die Auflösung von Unternehmens-

wirken und zu einem frühzeitigen verbindlichen Abschluss
entsprechender Verfahren führen. Deshalb wird der Anwen-
dungsbereich dieser Vorschrift entsprechend erweitert.

Zu Nummer 2 (§ 40 Abs. 3a)

Die Freigabe eines Zusammenschlusses nach § 40 Abs. 2
stellt einen begünstigenden Verwaltungsakt dar. Die zu än-
dernde Vorschrift enthält in ihrer derzeitigen Fassung bereits
einige Tatbestände, die Grundsätze des Allgemeinen Verwal-
tungsrechtes zur Rücknahme rechtswidriger (§ 48 Abs. 3
Satz 2 i. V. m. Abs. 2 Satz 3 VwVfG) bzw. zum Widerruf
rechtmäßiger Verwaltungsakte (§ 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
VwVfG) wiedergeben. Diese bleiben unverändert als die
Nummern 1 bis 3 des Tatbestandes erhalten, der nun um den
Fall des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG erweitert wird.

Die Freigabe einer Fusion nach § 40 Abs. 2 GWB erfolgt auf
der Basis von Tatsachen, deren umfassende Würdigung im
Hauptprüfverfahren dazu geführt hat, dass die Untersagungs-
pflicht nach § 36 Abs. 1 zu verneinen war. Mit dieser Freigabe
wird ähnlich wie bei einer öffentlich-rechtlichen Genehmi-
gung (vgl. dazu BVerfG NVwZ 2002, 197 = juris Rn. 23 –
Branntweinmonopol) keine verfassungsrechtlich geschützte
Position gewährt. Die Prognose, dass eine marktbeherrschen-
de Stellung nicht entstehen oder nicht verstärkt würde bzw.
dass Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen eintreten
würden, kann sich aufgrund neuer tatsächlicher Entwicklun-
gen im Nachhinein als nicht zutreffend erweisen. Für diesen
Fall muss dem o. g. verwaltungsrechtlichen Grundsatz insbe-
sondere auf Märkten mit gesamtwirtschaftlicher Bedeutung,
an deren Funktionsfähigkeit ein besonderes öffentliches In-
teresse besteht, Geltung verschafft werden. Gesetzestech-
nisch wird bewusst an dieselben Merkmale wie in § 41a an-
geknüpft. Der Widerruf oder die Änderung kann wegen des
durch die Freigabe geschaffenen Vertrauenstatbestandes nur
für die Zukunft erfolgen (so schon für die geltende Fassung
der Vorschrift: Mestmäcker/Veelken in Immenga/Mest-
mäcker, Wettbewerbsrecht, Band 2, GWB, 4. Auflage 2007,
§ 40 Rn. 99). Im Übrigen, auch hinsichtlich der Frist für einen
Widerruf oder eine Änderung, gelten der allgemeinen Auf-
fassung folgend die Vorschriften des § 48 ff. GWB entspre-
chend.

Sollten sich die Strukturen der fusionierten Unternehmen
zwischenzeitlich so weit verändert haben, dass eine Auflö-
sung des Zusammenschlusses nicht mehr möglich ist, muss
auf das Entflechtungsverfahren nach § 41a übergegangen
werden. In den übrigen Fällen einer Fusionsfreigabe gewährt
der neue Tatbestand des § 41a Abs. 3 Vertrauensschutz.

Zu Nummer 3 (§ 41)

Um die Vorschriften des § 41 Abs. 3 und 4 zum neuen Tat-
bestand des § 41a abzugrenzen, bedarf es einer entsprechen-
den Klarstellung in der Überschrift.

Zu Nummer 4 (§ 41a – neu –)

Zu Absatz 1

Zu Satz 1

a) Ein Markt mit gesamtwirtschaftlicher Bedeutung umfasst

verbindungen. Eine Verpflichtungszusage i. S. d. § 32b
würde eine spürbare Beschleunigung solcher Vorhaben be-

in erster Linie Güter und Dienstleistungen von „allgemei-
nem wirtschaftlichem Interesse“ (vgl. die Artikel 16, 86

Drucksache 16/8405 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Abs. 2 EGV). Damit sind in erster Linie Netzwirtschaften
wie Infrastruktureinrichtungen, insbesondere Verkehrs-,
Post-, Energieversorgungs- und Telekommunikations-
dienste gemeint (vgl. etwa Europäische Kommission,
Weißbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interes-
se, 12. Mai 2004, KOM (2004) 374 endg., Anhang 1).
Aber auch Zahlungssysteme, flächendeckende Entsor-
gungsleistungen oder bestimmte Rohstoffe können ge-
samtwirtschaftliche Bedeutung erlangen.

Auf regulierten Märkten greift der vorliegende Tatbe-
stand nur, soweit die spezialgesetzlichen Vorschriften
eine Entflechtung nach den hier festgelegten, allgemein
gültigen Kriterien zulassen.

b) Voraussetzung für eine Entflechtungsanordnung ist, dass
das betroffene Unternehmen auf dem relevanten Markt
eine beherrschende Stellung innehat. Die Marktbeherr-
schungsdefinition des § 19 Abs. 2 gilt ebenso wie die
Vermutungsregelung des Absatzes 3 dieser Vorschrift.
Darüber hinaus muss entgegen § 19 Abs. 3 Satz 2 aller-
dings die Kartellbehörde begründet darlegen, dass in
absehbarer Zeit auf dem relevanten Markt kein wesentli-
cher Wettbewerb zu erwarten ist. Um dieser Verpflich-
tung nachzukommen, wird das Bundeskartellamt von sei-
nem Enqueterecht nach § 32e Gebrauch machen, oder es
besitzt entsprechende Erkenntnisse bereits aus vorange-
gangenen Missbrauchsverfahren. Wird der relevante
Markt von einem Oligopol beherrscht, steht es im Ermes-
sen des Bundeskartellamtes, gegen welches Unterneh-
men es (zuerst) vorgeht. Die dafür maßgebenden Aspekte
werden in der Regel der Marktanteil, das Ausmaß zuvor
festgestellter Missbräuche, die Bedeutung zur Veräuße-
rung in Betracht kommender Vermögensteile für eine
nachhaltige Wettbewerbsbelebung, aber auch deren Ent-
stehung durch internes oder externes Wachstum sein
(s. im Übrigen Buchstabe d).

c) Die Anordnung einer Entflechtung erfordert darüber hi-
naus eine negative Wettbewerbsprognose. Diese kann
beispielsweise auf hohen Marktzutrittsschranken infolge
technischer, wirtschaftlicher, rechtlicher oder sonstiger
Hemmnisse beruhen. Spürbare und dauerhafte Verbesse-
rungen der Wettbewerbsintensität dürfen ohne den Ein-
griff nicht zu erwarten sein.

d) Das Bundeskartellamt entscheidet nach pflichtgemäßem
Ermessen, ob und – sofern mehrere marktbeherrschende
Unternehmen vorhanden sind – gegen welches Unterneh-
men ein Entflechtungsverfahren eingeleitet wird. Im Oli-
gopol muss die Ermessensentscheidung unter besonderer
Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes (Artikel 3 GG)
erfolgen. Trägt eines der beherrschenden Unternehmen
eine besonders hohe Verantwortung für das Marktergeb-
nis, ist es angemessen, gerade von diesem Unternehmen
zu verlangen, dass es Vermögensgegenstände veräußert.
Bei gleich großen Marktanteilen kann es geboten sein,
von allen Unternehmen die Veräußerung von Vermögens-
bestandteilen zu verlangen. Dies scheidet allerdings aus,
wenn damit der Eingriff unnötig intensiv würde. Das
Bundeskartellamt muss also in solchen Fällen prüfen, ob
es dem Gleichbehandlungsgrundsatz durch gleichmäßige
Belastungen Rechnung tragen kann. Kommt es dabei

darf es auch einzelne Mitglieder des Oligopols heraus-
greifen oder sie mit Maßnahmen von unterschiedlicher
Eingriffstiefe konfrontieren.

e) Der Tatbestand lässt bewusst offen, welche Teile des Ver-
mögens veräußert bzw. abgetrennt werden müssen und
auf welchem rechtstechnischen Weg dies bewirkt werden
soll. Die Entscheidung des Bundeskartellamtes muss
dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen.
Wenn eine spürbare Verbesserung der Wettbewerbsbe-
dingungen durch einen milderen Eingriff als durch eine
Veräußerung an bisher unbeteiligte Dritte zu erzielen ist,
muss eine rechtliche oder gar nur eine organisatorische
Verselbstständigung in Betracht gezogen werden. Von
der bloßen Auflösung personeller Verflechtungen bis hin
zur Aufgliederung eines bislang einheitlichen Unterneh-
mens sind alle Lösungen mit dem Gesetz vereinbar. Auch
eine Pro-rata-Entflechtung, also die Abspaltung eines
Unternehmensteiles mit identischer Gesellschafterstruk-
tur, ist vorstellbar, wenn sie ausreichend ist, um die ange-
strebte dauerhafte Wettbewerbsbelebung zu bewirken.

f) Auch wenn die im Tatbestand angelegten Entflechtungs-
möglichkeiten nur eine Bestimmung von Inhalt und
Schranken des Eigentums darstellen, kann nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Ent-
zug bestimmter Rechtspositionen eine Kompensations-
pflicht auslösen. Im vorliegenden Fall bestimmen sich
Grund und Höhe eines etwaigen Ausgleiches nach dem
Ergebnis einer Abwägung zwischen den betroffenen pri-
vaten und öffentlichen Interessen (vgl. dazu BVerfG
NJW 2003, 196, 198 = juris Rn. 33 – TK-Leitung). Der
Eigentumsgegenstand steht in dem denkbar höchsten so-
zialen Bezug.

Die Entflechtung richtet sich nur gegen solche Unterneh-
men, die eine marktbeherrschende Stellung innehaben.
Dieser Aspekt führt bereits zu einer deutlichen Abwer-
tung der Interessen des betroffenen Unternehmens. Wählt
zudem das Bundeskartellamt eine Entflechtungstechnik,
die ohne die Übertragung von Vermögensgegenständen
auf Dritte auskommt, ist schon deshalb kein Ausgleich
erforderlich. So liegt es bei der Auflösung von personel-
len Verflechtungen, bei der Beendigung von Vertrags-
konzernen, bei der Auflösung von Konzernen oder bei
der Aufgliederung bislang einheitlicher Unternehmen im
Wege der Pro-rata-Lösung.

In den übrigen Fällen, also bei der Veräußerung von Un-
ternehmensteilen an Dritte, besteht die Entschädigung im
Verkaufserlös. Dabei ist verfassungsrechtlich nicht zu be-
anstanden, dass in Anbetracht der besonderen Umstände
der erzielte Erlös ggf. unterhalb des Marktwertes liegt.

Eigentumsgegenstände, von denen eine Gefährdung der
Öffentlichkeit oder Dritter ausgeht, können sogar ent-
schädigungslos entzogen werden (vgl. BVerfGE 22, 387,
422 – Verfall). Jedenfalls ist nach der höchstrichterlichen
Rechtsprechung im Hinblick auf die soziale Bindung des
Eigentums hinzunehmen, dass der durch anderweitige
Veräußerung zu erzielende Kaufpreis niedriger ist als der
Erlös aus einem Anteilsverkauf, der zur Verstärkung
einer marktbeherrschenden Stellung führen würde (vgl.
BGH NJW 1978, 1320, 1325 – Kfz-Kupplungen). Arti-
aber zu der – gerichtlich nachprüfbaren – Einschätzung,
dass diese Instrumente nicht hinreichend wirksam wären,

kel 14 Abs. 1 GG schützt nicht die einträglichste Nut-
zung des Eigentums (BVerfGE 100, 226, 243 = juris

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/8405

Rn. 84 – Denkmalschutz). Der verfassungsrechtliche
Anspruch beschränkt sich vielmehr auf die Gewährleis-
tung einer angemessenen Verwertung, d. h. die Bereit-
stellung von gesetzlichen Zuordnungsmechanismen, die
dem Grundsatz nach eine wirtschaftlich sinnvolle Dis-
position und Nutzung möglich machen (BVerfGE 79, 1,
25 = juris Rn. 46 – Sendung in Vollzugsanstalten). Selbst
die Tatsache, dass sich Chancen im Wert von Aktien ab-
bilden, führt nicht zu ihrem verfassungsrechtlichen
Schutz (BVerfG NJW 2001, 279, 280 = juris Rn. 18 –
Moto Meter AG). Im Ergebnis ist also der aus der Auflö-
sung einer marktbeherrschenden Stellung resultierende
Wertverlust verfassungsrechtlich nicht geschützt. Auch
die Tatsache, dass dem Unternehmen unter bestimmten
Umständen nur Zerschlagungswerte bleiben, wäre ver-
fassungsrechtlich nur problematisch, wenn diese Form
der Auflösung von Unternehmensverbindungen zur Er-
reichung des Gesetzeszweckes nicht erforderlich wäre.
Solange das Unternehmen in den Ablauf der Entflech-
tung eingebunden ist, kommt demzufolge auch dieses
Bedenken nicht zum Tragen. Ebenso ist ohne Bedeu-
tung, dass sich das Unternehmen im Hinblick auf die
drohende Zwangsveräußerung zu einer aus seiner Sicht
suboptimalen Lösung bereitfindet. Im Ergebnis bedarf es
also einer gesetzlichen Fixierung des zu erzielenden Ver-
kaufserlöses in diesen Fällen nicht, solange die Veräuße-
rung in der Hand des betroffenen Unternehmens liegt;
für den Fall der zwangsweisen Veräußerung vgl. Satz 3
sowie Absatz 4 Satz 2.

g) Die angeordnete Veräußerung muss eine spürbare Ver-
besserung der Wettbewerbsbedingungen erwarten lassen.
Wie Erfahrungen aus anderen Ländern (s. Abschnitt A
Nr. 3 Buchstabe a) belegen, können sich entsprechende
positive Auswirkungen in vielfältiger Weise zeigen. Han-
delt es sich um vergleichbare Märkte, kann sich das Bun-
deskartellamt bei seiner Prognose auf diese Fakten stüt-
zen. Ansonsten kann auf die Erkenntnisse bei der
Anwendung des identischen Tatbestandsmerkmals in der
Vorschrift des § 36 Abs. 1 zurückgegriffen werden.

Zu Satz 2

Die Regelung enthält einen Vertrauensschutztatbestand; der
Verkauf von Vermögensteilen, die in den letzten fünf Jahren
vor der Entflechtung Gegenstand einer fusionskontrollrecht-
lichen Prüfung und Freigabe seitens des Bundeskartellamtes
waren, darf nicht erzwungen werden. Dies gilt nicht, wenn es
Gründe gibt, die damalige Freigabe nach § 40 Abs. 3a in der
hier zu erweiternden Fassung (vgl. Nummer 2) zu wider-
rufen.

Zu Satz 3

Die praktischen Erfahrungen mit Entflechtungsregelungen
in anderen Ländern belegen die große Bedeutung flankieren-
der Sicherungsmaßnahmen für den Erfolg eines strukturellen
Eingriffes ( s. Abschnitt A Nr. 3 Buchstabe a). Das Informa-
tionsgefälle zwischen Verkäufer und Kartellbehörde wird es
häufig erforderlich machen, dass sich die Behörde offen hält,
die Überlebensfähigkeit der ausgegliederten Vermögensteile
bzw. ihrer Erwerber zu verifizieren bzw. sogar zu fordern.

Betracht, einen „viable business plan“ vorzulegen oder z. B.
nachzuweisen, dass der Erwerber Zugang zu benötigten
Vorprodukten hat. Für den Fall, dass eine Entflechtungsabre-
de scheitert, können verschiedene Sicherungsmaßnahmen
vorgesehen werden, bis hin zur Verwertung eines weiteren
bedeutenden Vermögensgegenstandes.

Zu Satz 4

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
(vgl. BVerfGE 100, 226, 246 = juris Rn. 96 – Denkmal-
schutz) muss der Adressat einer belastenden Verfügung, die
eine ausgleichspflichtige Beschränkung von Inhalt und Aus-
maß des Eigentums darstellt, zum Zeitpunkt des Eingriffes
wissen, welche Entschädigung er dafür (mindestens) erhält.
Er soll auf einer verlässlichen Basis entscheiden können, ob
er um Primärrechtsschutz nachsucht. Deshalb muss das Bun-
deskartellamt, nachdem es intern festgelegt hat, welche Ver-
mögensteile zu veräußern sind, einen Wirtschaftsprüfer da-
mit beauftragen, den Wert dieser Gegenstände zu ermitteln.
Dies hat nach den herkömmlichen Grundsätzen der Unter-
nehmensbewertung zu erfolgen. Danach ist zu berücksichti-
gen, dass das zu entflechtende Unternehmen infolge der Ent-
flechtungsverfügung seine marktbeherrschende Stellung
verliert. Der mit der marktbeherrschenden Stellung verbun-
dene Wertzuwachs hat also außer Ansatz zu bleiben. Dies ist
auch verfassungsrechtlich gedeckt. Nach ständiger Recht-
sprechung des Bundesverfassungsgerichts gibt es keinen
grundrechtlichen Schutz der Marktteilnehmer in Bezug auf
eine erfolgreiche Teilnahme am Wettbewerb, gleichbleiben-
de Bedingungen im Wettbewerb, Chancen sowie Rentabili-
tätsvermutungen (BVerfGE 68, 193, 222 = juris Rn. 77 – In-
nung; BVerfGE 110, 274, 290 = juris Rn. 49 – Ökosteuer;
BVerfGE 105, 252, 278 = juris Rn. 77 – Glykolwarnung). So
ist auch im Falle einer untersagten Fusion im Hinblick auf
die soziale Bindung des Eigentums (Artikel 14 Abs. 1, 2
GG) grundsätzlich hinzunehmen, wenn der durch anderwei-
tige Veräußerung zu erzielende Kaufpreis niedriger ist als
der Erlös aus einem Anteilsverkauf, der zur Verstärkung
einer marktbeherrschenden Stellung führen würde (so BGH
NJW 1978, 1320, 1325 – Kfz-Kupplungen).

Ein frühzeitiges Bekanntwerden des so ermittelten Wertes
würde einen „Käufermarkt“ entstehen lassen und die Chan-
cen des betroffenen Unternehmens, einen marktgerechten
Verkaufserlös zu erzielen, unverhältnismäßig beeinträchti-
gen. Deshalb wird diese Information von Gesetzes wegen
zum Geschäftsgeheimnis erklärt und damit seine unbefugte
Weitergabe an Dritte unter Strafandrohung gestellt (vgl.
§ 203 ff. StGB, § 404 AktG).

Unmittelbare Bedeutung hat der durch die Verfügung des
Bundeskartellamtes festgestellte Wert nur für den Fall, dass
es zu einer Veräußerung durch den Treuhänder nach Ab-
satz 4 Satz 2 kommt. In diesem Fall darf der erzielte Erlös
nicht weniger als die Hälfte des von dem Wirtschaftsprüfer
ermittelten Wertes betragen.

Zu Absatz 2

Um den Eingriff in die Verfügungs- und Verwertungsbefug-
nis des Eigentümers so gering wie möglich zu halten, wird
dem betroffenen Unternehmen die Möglichkeit eingeräumt,
Wie in den Vereinigten Staaten wiederholt praktiziert, kom-
men als Nebenbestimmungen z. B. die Verpflichtungen in

Vorschläge zur Entflechtung zu unterbreiten. Das Bundes-
kartellamt bestimmt unter Beachtung des Grundsatzes eines

Drucksache 16/8405 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

fairen, aber auch zügigen Verfahrens einen Zeitpunkt, bis zu
dem die Vorschläge spätestens vorliegen müssen. Diese sind
aus wettbewerblicher Sicht von der Monopolkommission zu
bewerten und ggf. zu ergänzen. Bei Bedarf kann sich das
Bundeskartellamt weiteren sachverständigen Rat einholen.
Auch den obersten Landesbehörden, in deren Gebiet die be-
teiligten Unternehmen ihren Sitz haben, ist Gelegenheit zur
Stellungnahme zu geben (vgl. Absatz 4).

Zu Absatz 3

Zu Satz 1

Um den Einfluss des staatlichen Zwanges zur Veräußerung
und auch dessen Auswirkungen auf die Preisbildung so ge-
ring wie möglich zu halten, ist dem betroffenen Unterneh-
men ein angemessener Zeitraum zu gewähren, innerhalb
dessen es der Verfügung des Bundeskartellamtes nachkom-
men muss. Soweit eine Veräußerung an Dritte angeordnet ist,
werden hierfür in der Regel zwei, in besonders gelagerten
Fällen sogar drei Jahre einzuräumen sein.

Zu den Sätzen 2 und 3

Um zu gewährleisten, dass die Eingriffsentscheidung die ge-
wünschten Wettbewerbsimpulse auslöst, muss der Verkauf
an andere den relevanten Markt beherrschende Oligopolisten
oder mit ihnen bzw. dem Verfügungsadressaten verbundene
Unternehmen ausgeschlossen werden. Außerdem muss für
einen Zeitraum, innerhalb dessen die Etablierung neuer
Wettbewerber zu erwarten ist, eine Umgehung der Verfü-
gung durch Zwischenschaltung von sog. Strohmännern bzw.
der Weiterverkauf an konzernangehörige Unternehmen un-
terbunden werden. Die Regelung übernimmt damit die Maß-
stäbe der Fusionskontrolle in das Entflechtungsverfahren,
ohne dass es einer Anmeldung nach § 39 bedarf.

Zu den Sätzen 4 und 5

Das Bundeskartellamt darf nur Einfluss auf die Auswahl des
Käufers nehmen und den vom betroffenen Unternehmen
vorgeschlagenen Erwerber ablehnen, wenn der Zweck der
Entflechtung verfehlt zu werden droht. Letzteres ist aller-
dings sorgfältig zu prüfen. Es muss eine hohe Wahrschein-
lichkeit dafür bestehen, dass der Erwerber willens und in der
Lage ist, dem Veräußerer wirksam Konkurrenz zu machen.
Außerdem muss die Gefahr eines bewussten Parallel- oder
gar eines abgestimmten Verhaltens möglichst gering sein.
Ein sehr niedriger Preis kann ein Indiz dafür sein, dass der
Erwerber den Vermögensteil nicht nutzen bzw. stilllegen
will. Um die Erreichung des Gesetzeszweckes sicherzustel-
len, kann das Bundeskartellamt im Übrigen – wie auch in
den Fällen des § 40 Abs. 3 – seine Zustimmung mit Bedin-
gungen und Auflagen verknüpfen (vgl. Absatz 1 Satz 3).

Zu Absatz 4

Der gesamte Tatbestand greift nur, wenn die gleichen Um-
satzschwellen wie im Bereich der Fusionskontrolle erreicht
werden (§ 35).

men ihren Sitz haben, Gelegenheit zur Stellungnahme zu ge-
ben (§ 40 Abs. 4).

Hat das betroffene Unternehmen innerhalb der ihm gesetzten
Frist die zuvor festgelegten Vermögensteile nicht veräußert,
kann das Bundeskartellamt zur Durchsetzung seiner Anord-
nung auf dieselben flankierenden Maßnahmen zurückgrei-
fen, wie sie für die Rückabwicklung eines nicht freigegebe-
nen Zusammenschlusses vorgesehen sind (§ 41 Abs. 4).

Insbesondere kann es einen Treuhänder bestellen, der die
notwendigen Maßnahmen ergreift. Sinnvollerweise sollte
dieser den betroffenen Markt und seine Besonderheiten gut
kennen, um die Eignung der Kaufinteressenten und ihre An-
gebote sachkundig bewerten zu können.

Die Maßnahmen des Treuhänders sind, soweit sie die hoheit-
lich legitimierte Verwertung von Privatvermögen betreffen,
der Zwangsvollstreckung zuzurechnen.

Nach der Rechtsprechung des BVerfG darf im Falle der
Zwangsversteigerung ein Zuschlag jedenfalls „nicht weit un-
ter Wert“ erteilt werden. Die Grenze des § 817a ZPO (Hälfte
des gemeinen Wertes) ist grundsätzlich verfassungsrechtlich
akzeptabel (vgl. BVerfGE 46, 325, 332 – Zwangsversteige-
rung II) und auch im vorliegenden Zusammenhang sachan-
gemessen und ausreichend. Die Schwere des Eingriffes in
das Eigentumsrecht liegt zwischen einerseits dem (nicht ent-
schädigungspflichtigen) Entzug von Gegenständen, von de-
nen eine Gefährdung der Öffentlichkeit oder Dritter ausgeht,
und andererseits dem (voll entschädigungspflichtigen) Fall
der Entziehung von Werten zu Gunsten Privater.

Zu Nummer 5 (§ 42a – neu –)

Solange das nationale Recht in Fusionsfällen die Möglich-
keit einer Ministerentscheidung aus übergeordneten gesamt-
wirtschaftlichen Gründen vorsieht (§ 42), ist zur Wahrung
der Gesetzessymmetrie eine entsprechende Möglichkeit
auch für den Fall der Entflechtung zu schaffen. Mit einem
Dispens des Bundesministers für Wirtschaft und Technolo-
gie werden die betroffenen Unternehmen der Verpflichtung
enthoben, die vom Bundeskartellamt verfügten Maßnahmen
umsetzen zu müssen. Dies gilt allerdings nur für die Fälle mit
der größten Eingriffsintensität, also der angeordneten Veräu-
ßerung von Vermögensteilen an Dritte. Sonstige Formen der
rechtlichen oder organisatorischen Verselbstständigung sind
einer Ministerentscheidung nicht zugänglich. In diesen Fäl-
len wird es in der Regel zu keinem Eigentümerwechsel und
damit auch nicht zu einer Situation kommen, die – u. U.
erneut – aus gesamtwirtschaftlicher bzw. politischer Sicht
überprüft werden muss. Hier bleibt es bei der rein wettbe-
werblichen Bewertung durch das Bundeskartellamt und ggf.
die Kartellgerichte sowie deren ausschließlicher Zuständig-
keit. Diese differenzierte Lösung ist als erster Schritt zur
Reduzierung politisch motivierter Entscheidung in Kartell-
sachen zu verstehen.

Das Verfahren wird analog den Regelungen des § 42 durch-
geführt. Auch die Rechtsmittelvorschriften sind identisch.

Zu Nummer 6 (§ 43 Abs. 1 und 2)
Vor Erlass einer Entflechtungsanordnung ist den obersten
Landesbehörden, in deren Gebiet die betroffenen Unterneh-

Die Vorschrift enthält die erforderlichen Erweiterungen der
Bekanntmachungsvorschriften.

Deutscher Bundestag – 16. rucksache 16/8405
Wahlperiode – 11 – D

Zu Nummer 7 (§ 64 Abs. 1 Nr. 3)

Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde wird – wie im
Fall der Ministererlaubnis nach § 42 – auf den Fall erstreckt,
dass ein Ministerdispens widerrufen oder geändert wird.

Zu Nummer 8 (§ 66 Abs. 1 Satz 3)

Für den Fall, dass Betroffene in Erwägung ziehen, einen
Ministerdispens nach § 42a – neu – zu beantragen, wird der
Beginn der Rechtsmittelfrist gegen eine Entscheidung des
Bundeskartellamtes nach § 41a wegen der inhaltlich gleich
gelagerten Problematik analog zur Situation bei Beantra-
gung einer Ministererlaubnis nach § 42 geregelt. Die Frist
für die Beschwerde gegen die Entflechtungsverfügung
beginnt erst mit der Zustellung der Verfügung des
Bundesministeriums zu laufen.

Zu Nummer 9 (§ 80)

Die Vorschrift enthält die nötigen Gebührentatbestände.

Zu Nummer 10 (§ 81 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a)

Die Vorschrift sieht die erforderliche Erweiterung des Buß-
geldtatbestandes vor.

Zu Artikel 2

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

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