BT-Drucksache 16/8274

Bekämpfung der organisierten Kriminalität

Vom 20. Februar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8274
16. Wahlperiode 20. 02. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Gisela Piltz, Patrick Döring, Christian Ahrendt, Dr. Max Stadler,
Ernst Burgbacher, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Jens Ackermann, Uwe Barth,
Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans,
Jörg van Essen, Otto Fricke, Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich (Bayreuth),
Dr. Edmund Peter Geisen, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel
Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner
Hoyer, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin,
Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Michael Link (Heilbronn), Horst Meierhofer,
Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-
Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Jörg Rohde, Frank
Schäffler, Dr. Konrad Schily, Marina Schuster, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig
Thiele, Florian Toncar, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Martin Zeil,
Dr. Guido Westerwelle und Fraktion der FDP

Bekämpfung der organisierten Kriminalität

Nach den Mafia-Morden in Duisburg im vergangenen August rückte die Be-
kämpfung der organisierten Kriminalität kurzzeitig wieder mehr ins öffentliche
Interesse. Wenngleich das Bundesministerium des Innern auf seiner Webseite
schreibt, „die entschlossene Bekämpfung der organisierten Kriminalität (OK)
gehöre zu den Schwerpunktaufgaben des Bundesinnenministeriums“, findet sich
unter der Rubrik „Themen A–Z“ kein direkter Verweis auf dieses wichtige
Thema. Stattdessen findet sich der zitierte Artikel als sechster Beitrag in einer
langen Liste unter der allgemeinen Rubrik „Kriminalität“, während z. B. „Ter-
rorismus“ oder „Extremismus“, mithin ebenfalls Ausprägungen von Schwer-
kriminalität, eigene Rubriken haben.

Nach Angabe des Bundesministeriums des Innern liegt die ermittelte Schadens-
höhe aus den dem Bundeslagebild des Bundeskriminalamts (BKA) zur organi-
sierten Kriminalität 2006 zugrunde liegenden 622 Verfahren bei ca. 1,364 Mrd.
Euro. Weiterhin wird angegeben, dass 2006 „durch Maßnahmen zur Sicherung
von Vermögenswerten (Vermögensabschöpfung) Vermögenswerte im Gesamt-
wert von rund 60 Mio. Euro vorläufig gesichert“ wurden. Zugleich belief sich
der vermutete Gewinn der kriminellen Organisationen auf 1,815 Mrd. Euro.
Die Friedrich-Ebert-Stiftung beschreibt in einer Studie vom April 2007 mit dem
Titel „Verhütung und Bekämpfung der organisierten Kriminalität“, dass „wir zu
wenig über die organisierte Kriminalität wissen, um ihre Auswirkungen auf
unsere Gesellschaft abschätzen zu können. Die von der organisierten Kriminali-
tät ausgehenden Gefährdungen müssen als unterschätzt gelten.“

Drucksache 16/8274 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie erklärt sich der im Bundeslagebild des BKA zur organisierten Krimi-
nalität 2006 dargestellte Rückgang der Ermittlungsverfahren und der Tatver-
dächtigen?

2. Wie verhält sich die Zahl der Ermittlungsverfahren und der Tatverdächti-
gen in den Bundesländern im Vergleich zu den Vorjahren?

3. Wie wird sich die Öffnung der östlichen EU-Binnengrenzen auf die Be-
kämpfung der organisierten Kriminalität, insbesondere im Bereich des
Schmuggels und des Menschenhandels bzw. der Schleuserkriminalität,
auswirken?

4. Welche Branchen werden insbesondere von der organisierten Kriminalität
geschädigt?

5. Welche Gefahren für Verbraucher ergeben sich durch Schmuggel oder an-
dere kriminelle Aktivitäten aus dem Bereich der organisierten Kriminali-
tät?

6. Mit welchen Branchen haben die Bundesregierung und die europäische
Kommission welche Vereinbarungen über die Unterstützung der Bekämp-
fung der organisierten Kriminalität geschlossen, und in welcher Höhe wer-
den von der Wirtschaft Mittel bereitgestellt?

7. Welche Erkenntnisse über den wirtschaftlichen Schaden für die Tabak-
industrie durch organisierte Kriminalität hat die Bundesregierung?

8. Wie viele Kontroll- und Ermittlungsbeamte setzt die Zollverwaltung ein,
um den grenzüberschreitenden Warenverkehr zu überwachen, insbesondere
zur Sicherung der Verbote und Beschränkungen an den EU-Binnen-
grenzen?

9. Wie wirkt sich der Erlass des Bundesministeriums der Finanzen hinsicht-
lich der Verstöße gegen § 370 der Abgabenordnung im Bezug auf die uner-
laubte Einfuhr von nicht versteuerten Tabakwaren in Bezug auf die Be-
kämpfung des organisierten Tabakwarenschmuggels und der Fälschung
von Tabakwaren aus, wonach die Erklärung des Willens zur Abgabe einer
Steuererklärung beim Aufgriff durch Zollbeamte einer weiteren Ermittlung
entgegensteht?

10. Welche Sicherheitsbehörden arbeiten im Bereich der Bekämpfung der
organisierten Kriminalität wie zusammen?

11. Welchen Verbesserungsbedarf hinsichtlich der Vermeidung Doppelzustän-
digkeiten oder der besseren Vernetzung und des Informationsaustauschs
sieht die Bundesregierung bei welchen Sicherheitsbehörden?

12. In welcher Art und Weise sind die in der Verantwortung des Bundes operie-
renden Polizei- und Zollbehörden vernetzt, insbesondere in den Delikten
des organisierten Schmuggels, der Geldwäsche, der illegalen Migration
und Beschäftigung sowie groß angelegter Wirtschafts- und Betrugsdelikte?

13. Wie hat sich die Verfahrensdauer der Ermittlungsverfahren bei Bund und
Ländern im Bereich der organisierten Kriminalität in den vergangenen
Jahren entwickelt?

14. Wodurch erklärt sich die gestiegene Verfahrensdauer, die nach dem Lage-
bild organisierte Kriminalität NRW 2006 beim BKA und beim Zoll von
11,2 auf 13,5 Monate angestiegen ist?

15. Wie viele Beamte des BKA und des Zolls waren für die Bewältigung der

OK-Verfahren insgesamt und im Mittel auf die einzelnen Fälle bezogen
eingesetzt?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8274

16. Wie und aus welchen Gründen hat sich die Zahl der im Bereich der
Bekämpfung der organisierten Kriminalität eingesetzten Beamtinnen und
Beamten in den vergangenen Jahren bei Bund und Ländern verändert?

17. Wie viele Beamtinnen und Beamte, die im Bereich der OK-Bekämpfung
eingesetzt werden, verfügen über welche Fremdsprachenkenntnisse, ins-
besondere türkisch, polnisch, russisch, italienisch oder serbo-kroatisch?

18. Sieht die Bundesregierung im Bereich der Ermittlungen im fremdsprachigen
OK-Milieu Verbesserungsbedarf, und wenn ja, welchen?

19. Welche Verbindungen zwischen der organisierten Kriminalität und terroris-
tischen Gruppierungen sind der Bundesregierung bekannt?

20. Hält die Bundesregierung die Erkenntnisse über die organisierte Kriminali-
tät für ausreichend, und welchen Handlungsbedarf sieht sie vor dem Hinter-
grund ihrer Einschätzung mit Blick auf die Studie der Friedrich-Ebert-
Stiftung vom April 2007 „Verhütung und Bekämpfung der organisierten
Kriminalität“?

21. Teilt die Bundesregierung die in der genannten Studie der Friedrich-Ebert-
Stiftung geäußerte Behauptung, dass „der überwiegende Teil der kriminel-
len Aktivitäten unerkannt“ bleibe?

Falls ja, warum?

Falls nein, warum nicht?

22. Wie will die Bundesregierung die Erkenntnisse über Strukturen und Aktivi-
täten der organisierten Kriminalität in Deutschland und der EU verbessern?

23. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung gemeinsam mit welchen
internationalen Partnern vereinbart, um die organisierte Kriminalität zu be-
kämpfen?

Berlin, den 20. Februar 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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