BT-Drucksache 16/8163

Termingerechte Fertigstellung der Rheintalbahn

Vom 15. Februar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8163
16. Wahlperiode 15. 02. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Winfried Hermann, Alexander Bonde, Kerstin Andreae,
Dr. Uschi Eid, Dr. Gerhard Schick, Sylvia Kotting-Uhl, Bettina Herlitzius,
Dr. Anton Hofreiter, Peter Hettlich, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, Ulrike Höfken,
Bärbel Höhn, Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Termingerechte Fertigstellung der Rheintalbahn

Die Rheintalbahn, auf der Strecke Karlsruhe–Basel, ist einer der bedeutendsten
europäischen Schienenverkehrskorridore, insbesondere für den Güterverkehr.
Sie ist eine der vorrangigen Achsen des Transeuropäischen Verkehrsnetzes und
Bestandteil des europäischen Infrastrukturleitplanes.

Die Rheintalbahn bildet die Hauptzulaufstrecke für die Neuen Alpentransver-
salen (NEAT) im alpenquerenden Verkehr. Die Bundesrepublik Deutschland
und die Schweiz haben sich daher im Vertrag von Lugano zu einem gemeinsam
abgestimmten Schienenausbau der NEAT und ihrer Zulaufstrecken verpflichtet.
Die Schweiz gewährleistet darin den Ausbau der Lötschberg- und der Gotthard-
achse und die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet sich zum durchgehen-
den viergleisigen Ausbau der Rheintalbahn. Der schweizerische Lötschberg-
basis-Tunnel wurde bereits 2007 eröffnet, mit der Eröffnung der Strecke durch
den Gotthardbasis-Tunnel und somit der Vertragsumsetzung durch die Schweiz
wird für 2017/18 gerechnet.

Bereits heute ist die Rheintalstrecke laut Angaben der DB Netz AG zu 133 Pro-
zent ausgelastet. Bis 2025 werden etwa doppelt soviel Güterzüge auf der vier-
gleisigen Rheintalbahn unterwegs sein (Prognose des Regierungspräsidiums
Freiburg 2008).

Der viergleisige Ausbau der Rheintalbahn wird maßgeblich mit Mitteln des
Bundes finanziert (ca. 4,7 Mrd. Euro). Der Eigenanteil der Deutschen Bahn AG
(DB AG) beträgt ca. 250 Mio. Euro. Ausweislich des Berichtes zum Ausbau
der Schienenwege 2007 wurden bisher 1,6 Mrd. Euro investiert. Bauherr der
Rheintalbahn ist die Bundesrepublik Deutschland. Sie hat die DB AG mit der
Ausführung beauftragt und diese wiederum die DB Projekt Bau GmbH.

Laut Medienberichten belegen interne Unterlagen der DB Netz AG, dass in den
Ausbau der Rheintalbahn erst ab 2021 wieder nennenswertes Beträge investiert
werden. Eine Fertigstellung der Rheintalbahn sei erst bis 2025 oder später mög-
lich. Auf der unternehmensinternen Prioritätenliste für die Umsetzung der Aus-
und Neubauprojekte der Schienenwege des Bundes rangiere die Rheintalbahn
nach Angaben der Stuttgarter Nachrichten noch hinter anderen Großprojekten
des Bundes wie der Neubaustrecke Stuttgart–Ulm und dem Ausbau der
Neubaustrecke Rhein/Main–Rhein/Neckar zwischen Frankfurt und Mannheim
(Stuttgarter Nachrichten, 7. Februar 2008; ka-news, 9. Februar 2008). Diese Pläne

Drucksache 16/8163 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

spiegeln sich auch in einer im September 2007 im Verkehrsausschuss des Deut-
schen Bundestages vorgestellten Präsentation wider.

Die DB AG stellt in ihrer Pressemitteilung vom 7. Februar 2008 dazu fest, dass
der Ausbau der Rheintalbahn bis 2020 abgeschlossen sein könne, wenn der
Bund die Finanzierung entsprechend absichere. Der Realisierungszeitraum, so
die DB AG, hinge letztendlich von den Finanzierungsmöglichkeiten des
Bundes ab. Der Ausbau der Rheintalbahn und das Projekt Stuttgart 21 würden
parallel betrieben.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche konkreten Vereinbarungen wurden im Schweizerisch-deutschen
Staatsvertrag abgeschlossen?

2. Gibt es über den Staatsvertrag von Lugano hinaus weitere vertragliche Ver-
einbarungen zum Ausbau der Rheintalbahn und ihrer Fertigstellung?

3. Auf welchen Termin zur Fertigstellung der Rheintalbahn haben sich das
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und das Eid-
genössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement im Deutsch-
Schweizerischen Lenkungsausschuss geeinigt?

Kann die Bundesrepublik Deutschland diesen Termin einhalten?

Falls nein, warum toleriert die Bundesregierung die Verschleppung des
Ausbaus durch die DB AG?

4. Welche Ansprüche bzw. Sanktionen kann die Schweiz gegenüber der Bun-
desrepublik Deutschland geltend machen, wenn sich die Fertigstellung des
viergleisigen Ausbaus der Rheintalbahn erst Jahre nach der Fertigstellung
der betreffenden schweizerischen Schienenabschnitte erfolgt?

5. Stimmt die Bundesregierung der Aussage zu, dass der Ausbau der Rhein-
talbahn nicht rechtzeitig mit der Fertigstellung der Neuen Alpentrans-
versale (NEAT) 2017/18 vollendet sein wird, falls nein, warum nicht?

6. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung zur internen Priorisie-
rung der Schienenprojekte des vordringlichen Bedarfs durch die Deutsche
Bahn AG vor?

7. Erfüllt die vorgenommene Priorisierung der Aus- und Neubauprojekte des
Bundes durch die DB AG die Vorgaben des Bundes gemäß Bundesver-
kehrswegeplan, Bundesschienenwegeausbaugesetz, Investitionsrahmenplan
und Bedarfsplan?

8. Wie beurteilt die Bundesregierung, dass sich die Fertigstellung der Rheintal-
bahn laut der internen Planungen der DB AG um mindestens 5 bis 10 Jahre
verzögern soll?

9. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung als Eigentümerin der
DB AG ergreifen, damit der prognostizierte Güterverkehr im alpenqueren-
den Verkehr nicht ausschließlich im Straßengüterverkehr abgewickelt wird,
wenn die Kapazitätserweiterung der Rheintalbahn nicht termingerecht er-
folgt?

10. Sind die Aussagen in den Stuttgarter Nachrichten vom 7. Februar 2008
zutreffend, dass zunächst der Ausbau des Knotens Stuttgart und der Neu-
baustrecke Stuttgart–Ulm sowie die Neubaustrecke Frankfurt–Mannheim
vorangetrieben werden sollen, bevor der Ausbau der Rheintalbahn, mit
Ausnahme des Katzenbergtunnels, fortgesetzt werden kann?

Falls nicht, in welchem Umfang stehen in den nächsten zehn Jahren
Bundesmittel für den Ausbau der Rheintalbahn zur Verfügung?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8163

11. Wie hoch ist der aktuelle Baufortschritt (Bauvolumen und Streckenlänge)
bezogen auf den Fertigstellungstermin im Jahr 2017/18 (Angaben bitte in
Prozent bezogen auf die Gesamtstreckenkilometer ausweisen)?

12. Wie hoch ist der Betrag der 2007 in den Aus- und Neubau der Rheintal-
bahn investiert wurde?

13. Welche Summe müsste der Bund jährlich ab 1. Januar 2008 im Durch-
schnitt bereitstellen, damit der viergleisige Ausbau der Rheintalbahn noch
bis 2017/18 abgeschlossen werden kann, und wie hoch wäre der jährliche
Betrag bei einer Fertigstellung im Jahr 2020

a) auf der Basis der Gesamtkostenrechnung von 4,7 Mrd. Euro,

b) auf der Basis teilweise geschätzter Mehrkosten aufgrund von lärm-
schutzbedingter Verlegung und Untertunnelung (Offenburg)?

14. Für wie wahrscheinlich hält es die Bundesregierung, dass der Bund ca. ein
Viertel des Jahresvolumens der Mittel für den Aus- und Neubau von Schie-
nenwegen des Bundes in den nächsten neun Jahren für die Rheintalbahn
zur Verfügung stellen kann, obwohl der Bundesverkehrswegeplan (BVWP)
und der Investitionsrahmenplan (IRP) eine Vielzahl von Projekten mit
hohem Investitionsvolumen als vordringlich ausweisen?

15. Wird die Bundesregierung angesichts der wahrscheinlichen Engpässe im
Güterverkehr auf eine Priorisierung der Schienengüterstrecken drängen
bzw. auf die doppelte Nutzbarkeit (Güter- und Personenverkehr) beim
Neubau achten?

16. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung als Eigentümerin ergreifen,
damit die DB AG jährlich ausreichend Mittel in den viergleisigen Aus- und
Neubau der Rheintalbahn investiert, so dass dieser bis 2017/18 abgeschlos-
sen werden kann?

17. Wird die Bundesregierung, wie von der DB AG angeregt, zusätzliche Mit-
tel beim Deutschen Bundestag beantragen, um den Ausbau der Rheintal-
strecke zu beschleunigen?

Falls ja, in welcher Höhe?

Falls nein, welche Gründe sprechen dagegen?

18. Hat die Bundesregierung bzw. die DB AG andere Streckenalternativen, die
zeitweilig genutzt werden können?

19. Welche Kapazitätsausweitungen im Rheintal stehen nach jetzigem Stand
mit der Fertigstellung der schweizerischen Gotthardachse ab 2017/18 zur
Verfügung?

Wo, und wie sollen diese von der Straße auf die Schiene bzw. umgekehrt
verladen werden?

20. Wird die Bundesregierung der DB AG und dem Deutschen Bundestag nahe-
legen, neue Prioritäten beim Ausbau der Schieneninfrastruktur zu setzen:
Ausbau der für den Güterverkehr nutzbaren Strecken, Nutzung von Neben-
netzen, Doppelnutzung von Neubaustrecken bei gleichzeitigem Verzicht auf
Hochgeschwindigkeiten von 205 km/h und mehr?

Berlin, den 15. Februar 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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