BT-Drucksache 16/7970

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Uschi Eid, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/6604- Neujustierung der Auswärtigen Kulturpolitik

Vom 5. Februar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7970
16. Wahlperiode 05. 02. 2008

Beschlussempfehlung und Bericht
des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Uschi Eid, Marieluise Beck (Bremen), Volker
Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/6604 –

Neujustierung der Auswärtigen Kulturpolitik

A. Problem

Die Antragsteller stellen fest, dass die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik
(AKBP) ein zentraler Bestandteil der deutschen Außenpolitik ist. Festgeschrie-
ben und in administrative Formen gegossen wurde sie vor allem im Rahmen
ausführlicher parlamentarischer Debatten. Wegweisend war die Arbeit der En-
quetekommission Auswärtige Kulturpolitik des Deutschen Bundestages (Bun-
destagsdrucksache 7/4121, 7. Oktober 1975). Bestätigt wurde nicht nur die
Gleichrangigkeit der auswärtigen Kulturpolitik mit den politischen und wirt-
schaftlichen Aspekten der Außenpolitik (sog. Dritte Säule der Außenpolitik),
sondern auch die Abkehr vom selektiven Kulturexport als außenpolitischem In-
strument.

Das Zusammenwachsen Europas und die Unterstützung der Friedenspolitik
wurden als ausdrückliche Ziele formuliert. Verankert wurden die Grundsätze des
partnerschaftlichen Kulturaustauschs und die Vermittlung eines wirklichkeits-
nahen und auch selbstkritischen Deutschlandbildes. Zu den klassischen Themen
der Auswärtigen Kulturpolitik (Austausch auf den Gebieten Kunst, Sprachver-
mittlung, deutsche Schulen im Ausland, Auslandsrundfunk) traten – vor dem
Hintergrund eines erweiterten Kulturbegriffs – außerdem die internationale Bil-
dungs- und Wissenschaftspolitik und die internationale Gesellschaftspolitik.
Auswärtige Kultur und Bildungspolitik wurde damit zu einem zentralen Ele-
ment der internationalen Beziehungen.

Die Antragsteller halten die in den vergangenen Legislaturperioden entwickel-
ten Grundlagen der Auswärtigen Kulturpolitik auch für künftig wegweisend.
Gerade mit Blick auf die internationalen Veränderungen und Konfliktlagen, so

die Antragsteller, sind jedoch Anpassungen und Änderungen der Schwerpunkte
erforderlich. Sie verweisen auf die Folgen der Globalisierung und die Weiterent-
wicklung von normativen Leitideen. Gemeinsames weltweites Handeln erfor-
dert nach Auffassung der Antragsteller eine Verständigung über kulturelle
Unterschiede hinweg. Das von der EU ausgerufene Europäische Jahr des inter-
kulturellen Dialogs 2008 zeige, dass interkulturelle Kommunikation und kultu-
reller Austausch in der heutigen weltpolitischen Lage wichtiger denn je sind.

Drucksache 16/7970 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Weiterhin geht es nach Meinung der Antragsteller um eine Stärkung der parla-
mentarischen Ebene in der grundsätzlichen Ausrichtung der auswärtigen Kultur-
politik, insbesondere um die Gewährleistung des Beitrages des Deutschen Bun-
destages. Die Antragsteller verweisen auf einen Beschluss aus dem Jahr 2002
(Plenarprotokoll 14/212 vom 24. Januar 2002, Beschluss S. 20916 C), mit dem
die Bundesregierung aufgefordert wurde, „zu Inhalten, Perspektiven und
Schwerpunkten der Auswärtigen Kulturpolitik eine Evaluierung – auch unter
Einbeziehung des Parlaments und externen Sachverstandes – vorzunehmen“. Es
sei bis heute dem Deutschen Bundestag kein Bericht über eine solche umfassen-
de Evaluation vorgelegt worden.

Eine solche Bestandsaufnahme, die die institutionellen und konzeptionellen
Dimensionen des Politikfeldes Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik berück-
sichtigt, könne mit einer Enquetekommission des Deutschen Bundestages
erreicht werden, die im Anschluss an die Arbeit der jetzt tätigen Enquetekom-
mission Kultur in Deutschland eingesetzt werden sollte.

Die Bundesregierung wird daher aufgefordert,

● die strategisch-konzeptionellen Grundlagen der AKBP weiter zu entwickeln,
gemäß ihrem Stellenwert als dritte Säule der Außenpolitik, diese als Quer-
schnittsaufgabe unter Federführung des Auswärtigen Amts anzulegen, dabei
die Trägervielfalt zu beachten, den Eigenwert von Kunst und Kultur zu un-
terstreichen, Wissenschaft, Bildung und Entwicklungspolitik in die Agenda
der AKBP zu integrieren und die ausgerufene Trendwende der AKBP durch
eine entsprechende finanzielle Mittelzuweisung glaubwürdig zu machen;

● eine systematische, regelmäßige und umfassende Evaluierung der AKBP
durchzuführen, Evaluierungsberichte zu veröffentlichen und Zielvereinba-
rungen zu formulieren;

● den Beitrag der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik zur Krisen- und
Konfliktprävention und Stabilitätssicherung in Krisenregionen gemäß der
„Konzeption 2000“ zu überprüfen sowie das Sonderprogramm europäisch-
islamischer Kulturdialog zu bilanzieren;

● die Bedeutung der Kultur im europäischen Einigungsprozess und insbeson-
dere bei der Herausbildung einer europäischen Öffentlichkeit zu unterstrei-
chen, sich für den Ausbau der bestehenden kulturellen Kooperationen und
Netzwerke auf europäischer Ebene (European Union National Institutes for
Culture, EUNIC) einzusetzen, neue Akteure, wie z. B. Länder des Nahen
Ostens und China, zu berücksichtigen, eine angemessene Ressourcenvertei-
lung innerhalb der Regionen sicherzustellen, kulturelle Differenzen zu ver-
ringern und die EU-Bürger für eine Unionsbürgerschaft zu sensibilisieren;

● die transatlantischen Beziehungen zwischen Deutschland und den USA und
Kanada angesichts aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen und Werte-
differenzen zu stärken, neue Projekte und Kooperationen zu fördern und zur
Etablierung eines dauerhaften und nachhaltigen deutsch-amerikanischen
Diskurses im Haus der Kulturen der Welt in Berlin beizutragen;

● die Bedeutung der Kultur- und Kreativwirtschaft in der Auswärtigen Kultur-
und Bildungspolitik ausdrücklich zur unterstreichen, mit einem interdiszi-
plinären Ansatz dazu beizutragen, kulturpolitische und außenwirtschafts-
politische Zielsetzungen im System der auswärtigen Kulturpolitik zu inte-
grieren, einen Kulturwirtschaftsbericht zu erarbeiten, zur Einbindung der
Kultur- und Kreativwirtschaft in die Lissabon-Strategie beizutragen, die
EU- Kulturförder-, Struktur- und Regionalprogramme zu nutzen sowie effek-

tive Konsultations- und Beratungsverfahren zwischen Außenwirtschaft und
auswärtiger Kulturpolitik zu entwickeln;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/7970

● die kulturelle Kooperation mit Entwicklungsregionen fortzuentwickeln, da-
bei das kreative und wirtschaftlich nutzbare Potential zu fördern, die kultur-
politischen Interessen der Entwicklungsländer zu berücksichtigen und die
Präsenz der Mittlerorganisationen auf dem afrikanischen Kontinent auszu-
bauen;

● die Mittlerorganisationen zu reformieren, Kulturmittlernetzwerke zu erwei-
tern, die Ausgaben aller Ressorts in einem jährlichen AKBP-Bericht zusam-
menzustellen, einen beratenden Ausschuss für kulturelle Außenpolitik mit
Persönlichkeiten aus Mittlerorganisationen, Kultur und Politik zu berufen,
sich für eine stärkere Berücksichtigung zivilgesellschaftlicher Akteure – ins-
besondere der Kulturverbände – in der Auswärtigen Kultur- und Bildungs-
politik einzusetzen und den Dialog mit den in Deutschland lebenden Migran-
tinnen und Migranten zu verstärken.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Keine

Drucksache 16/7970 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/6604 abzulehnen.

Berlin, den 16. Januar 2008

Der Auswärtige Ausschuss

Ruprecht Polenz
Vorsitzender

Dr. Peter Gauweiler
Berichterstatter

Monika Griefahn
Berichterstatterin

Harald Leibrecht
Berichterstatter

Monika Knoche
Berichterstatterin

Dr. Uschi Eid
Berichterstatterin

GRÜNEN die Ablehnung.

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat den Antrag in seiner 53. Sitzung am 16. Ja-

zung am 16. Januar 2008 beraten und empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN die Ablehnung.

Berlin, den 16. Januar 2008

Der Auswärtige Ausschuss

Dr. Peter Gauweiler
Berichterstatter

Monika Griefahn
Berichterstatterin

Harald Leibrecht
Berichterstatter

Monika Knoche
Berichterstatterin

Dr. Uschi Eid
Berichterstatterin
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/7970

Bericht der Abgeordneten Dr. Peter Gauweiler, Monika Griefahn, Harald Leibrecht,
Monika Knoche und Dr. Uschi Eid

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
16/6604 in seiner 119. Sitzung am 12. Oktober 2007 in ers-
ter Lesung beraten und zur federführenden Beratung dem
Auswärtigen Ausschuss, zur Mitberatung dem Ausschuss
für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung,
dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung und dem Ausschuss für Kultur und Medien
überwiesen.

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag auf Drucksache
16/6604 in seiner 51. Sitzung am 24. Oktober 2007 zur gut-
achtlichen Stellungnahme an den Unterausschuss für Aus-
wärtige Kultur- und Bildungspolitik überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung hat den Antrag in seiner 48. Sitzung am
16. Januar 2008 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/SU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE

nuar 2008 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Frak-
tionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
die Ablehnung.

Der Ausschuss für Kultur und Medien hat den Antrag in
seiner 46. Sitzung am 16. Januar 2008 beraten und empfiehlt
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD ge-
gen die Stimmen der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung.

Der Unterausschuss Auswärtige Kultur- und Bildungs-
politik im Auswärtigen Ausschuss hat den Antrag in seiner
19. Sitzung am 10. Dezember 2007 gutachtlich beraten und
empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung.

III. Beratung im Auswärtigen Ausschuss

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag in seiner 55. Sit-

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