BT-Drucksache 16/790

Finanzielle Ausstattung öffentlicher Schuldnerberatungsstellen

Vom 28. Februar 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/790
16. Wahlperiode 28. 02. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Axel Troost und der
Fraktion DIE LINKE.

Finanzielle Ausstattung öffentlicher Schuldnerberatungsstellen

Der aktuelle Schuldenreport 2006, erarbeitet und herausgegeben vom Deut-
schen Caritasverband, dem Deutschen Roten Kreuz, dem Diakonischen Werk
der Evangelischen Kirche Deutschlands und der Verbraucherzentrale Bundes-
verband konstatiert, dass 3,13 Mio. bzw. 8,1 Prozent der Privathaushalte in der
Bundesrepublik Deutschland auf absehbare Zeit nicht in der Lage sind aus Ein-
kommen oder Vermögen ihre laufenden Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen
und damit zahlungsunfähig sind. Weitere 570 000 Haushalte sind darüber hinaus
akut überschuldungsgefährdet. Das monatlich verfügbare Einkommen lässt bei
diesen Haushalten nach Abzug der durchschnittlichen Lebenshaltungskosten,
die in Höhe des gesetzlich unpfändbaren Einkommensteils von 985,15 Euro
veranschlagt werden, nur noch einen Spielraum von 100 Euro um finanziellen
Dauerschuldverpflichtungen nachzugehen.

Allein zwischen 1993 und 2002 hat sich die Anzahl der überschuldeten Haus-
halte mehr als verdoppelt. Auch nach Einführung des Verbraucherinsolvenzver-
fahrens 1999 konnte kein deutlicher Abbau der Verschuldungssituation privater
Haushalte erreicht werden. Die Hauptursache dafür wird von den Autoren des
Schuldenreports in der unzureichenden Zahl und Ausstattung der öffentlichen
Schuldnerberatungsstellen gesehen. Zu einer schon immer knapp bemessenen
Grundfinanzierung werden in einigen Bundesländern Mittel gekürzt oder voll-
ständig gestrichen. Dies widerspricht diametral den Ergebnissen einer Studie,
nach der jeder in die Schuldnerberatung investierte Euro mindestens zwei Euro
Ersparnis bei Sozialausgaben erbringt. Der Schuldenreport spricht davon, dass
die personelle Ausstattung der Schuldnerberatungsstellen nur ausreicht, um
etwa 12 Prozent der als überschuldet geltenden Privathaushalte unterstützen zu
können.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus dem an sie gerichteten Auf-
ruf der Verbände zur Bildung einer Task-force zur Koordination der auf ver-
schiedene Ministerien verteilten Zuständigkeiten und zur Erarbeitung einer
Agenda gegen Überschuldung?
2. Wie würdigt die Bundesregierung Erfahrungen anderer europäischer Staaten,
in denen Kreditinstitute an der Finanzierung der öffentlichen Schuldnerbera-
tung beteiligt werden?

3. Plant auch die Bundesregierung, die Kreditinstitute an der Finanzierung der
Schuldnerberatung zu beteiligen?

Drucksache 16/790 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
4. Sieht die Bundesregierung aufgrund der schlechten finanziellen Ausstattung
der öffentlichen Schuldnerberatung Bedarf an einer stärkeren Beteiligung des
Bundes an deren Finanzierung?

5. Welche Initiativen plant die Bundesregierung zur Vereinfachung der Ver-
braucherinsolvenzverfahren?

Berlin, den 27. Februar 2006

Dr. Barbara Höll
Dr. Kirsten Tackmann
Dr. Axel Troost
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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