BT-Drucksache 16/7885

Sicherstellung einer steuerneutralen Bilanzrechtsmodernisierung

Vom 23. Januar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7885
16. Wahlperiode 23. 01. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Mechthild Dyckmans, Frank
Schäffler, Martin Zeil, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Uwe Barth, Rainer
Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Jörg van Essen,
Otto Fricke, Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter
Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen),
Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger,
Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp,
Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht,
Ina Lenke, Michael Link (Heilbronn), Markus Löning, Horst Meierhofer, Patrick
Meinhardt, Burkhardt Müller-Sönksen, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr,
Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Marina Schuster, Dr. Hermann Otto
Solms, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Dr. Guido Westerwelle und der
Fraktion der FDP

Sicherstellung einer steuerneutralen Bilanzrechtsmodernisierung

Die Bundesregierung hat am 8. November 2007 einen Referentenentwurf zur
Modernisierung des Bilanzrechts vorgelegt. Nach diesem Entwurf für ein
Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (im Folgenden „BilMoG-Referentenent-
wurf“ genannt) soll, so die Begründung, das HGB-Bilanzrecht zu einem den
„International Financial Reporting Standards“ (IFRS) gleichwertigen, aber kos-
tengünstigeren und einfacheren Regelwerk weiterentwickelt werden.

In der Begründung des Referentenentwurfs und in öffentlichen Stellungnahmen
des Bundesministeriums der Justiz wird hervorgehoben, dass mit dem BilMoG
keine indirekte Steuererhöhung geplant bzw. das BilMoG „grundsätzlich auf
Steuerneutralität“ angelegt sei.

Gleichzeitig soll sich an der Maßgeblichkeit des handelsrechtlichen Jahres-
abschlusses für die steuerliche Gewinnermittlung nichts ändern.

Im BilMoG-Referentenentwurf sind aber eine ganze Reihe von Regelungen
vorgesehen, die steuerrechtliche Auswirkungen haben können, wie z. B. die
Planungen um die handelsrechtlichen Maßnahmen auf der Aktivseite (z. B. die

erfolgswirksame Zeitbewertung für zu Handelszwecken erworbenen Finanz-
instrumente) oder die geplanten Änderungen der Bewertungsvorgaben für die
Rückstellungsbildung.

Gleichzeitig wird auf europäischer Ebene daran gearbeitet, eine eigenständige
europäische Steuerbemessungsgrundlage mit den IFRS als Ausgangspunkt (das
so genannte CCTB-Projekt) zu schaffen.

Drucksache 16/7885 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Definiert die Bundesregierung die angekündigte „Steuerneutralität“ des
BilMoG-Referentenentwurfs hinsichtlich der gesamten Steuereinnahmen
für Bund, Länder und Kommunen insgesamt, oder definiert sie die „Steu-
erneutralität“ als für jeden Steuerzahler „neutral“, also ohne individuell
höhere Steuerlast?

2. Kann die Bundesregierung vollständig ausschließen, dass bei einer Umset-
zung des aktuellen BilMoG-Referentenentwurfs steuerliche Mehrbelastun-
gen für natürliche oder juristische Personen eintreten werden?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, bei welchen rechtlichen und tatsächlichen Konstellationen
käme es zu einer steuerlichen Mehrbelastung?

3. Welche steuerrechtlichen Auswirkungen hat nach Ansicht der Bundes-
regierung die Beibehaltung des so genannten Maßgeblichkeitsgrundsatzes?

4. Wie beurteilt die Bundesregierung die steuerlichen Auswirkungen der ge-
planten Abschaffung der so genannten Umkehrmaßgeblichkeit, und welche
bisher hiervon erfassten steuerrechtlichen Regelungen sind weiterhin an-
wendbar, und welche nicht?

5. Welche steuerrechtlichen Regelungen erfordern unter Berücksichtigung
des BilMoG-Referentenentwurfs zwingend ein Abweichen der steuer-
lichen von der handelsrechtlichen Gewinnermittlung?

6. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass eine nach dem BilMoG-Re-
ferentenentwurf vorgesehene Umbewertung von Vermögensgegenständen
zu einem höheren Gewinn in der Handelsbilanz führen kann, die gleichzei-
tig ggf. eine höhere individuelle Steuerbelastung zur Folge haben könnte?

Wenn ja, weshalb?

Wenn nein, weshalb nicht?

7. Wie beurteilt die Bundesregierung die Weichenstellungen des BilMoG-Re-
ferentenentwurfs im Hinblick auf die in § 5 Abs. 6 des Einkommensteuer-
gesetzes (EStG) vorgesehenen steuerlichen Bewertungsvorbehalte?

8. Geht die Bundesregierung bei den handelsrechtlich geplanten Maßnahmen
auf der Aktivseite für die Besteuerung der nicht realisierten, aber ggf. reali-
sierbaren Gewinne (z. B. erfolgswirksame Zeitbewertung für zu Handels-
zwecken erworbenen Finanzinstrumente) von steuerlichen Mehrbelastun-
gen für die Unternehmen aus?

9. Geht die Bundesregierung bei den handelsrechtlich geplanten Maßnahmen
bzgl. der Aktivierungspflicht für auf die Entwicklungsphase entfallende
Herstellungskosten bei immateriellen Vermögensgegenständen des Anlage-
vermögens von steuerlichen Mehrbelastungen für die Unternehmen aus?

10. Sieht die Bundesregierung steuerrechtlichen Handlungsbedarf bei den im
BilMoG-Referentenentwurf vorgesehenen neuen Bewertungsregelungen
für Rückstellungen, die u. a. eine Abzinsung von Pensionsrückstellungen
mit einem durchschnittlichen Marktzinssatz zum Gegenstand haben?

Wenn ja, welchen?

Wenn nein, warum nicht?

11. Ist seitens der Bundesregierung geplant, die im Hinblick auf die Bilanzie-
rung und Bewertung der Pensionsrückstellungen im BilMoG-Referenten-
entwurf vorgesehene Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2023 steuer-

lich nachzuvollziehen?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/7885

12. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass für die bereits bestehenden
steuerlich implizierten Bilanzposten und Bewertungen steuerliche Über-
gangsregelungen erforderlich sind?

Wenn ja, welche?

Wenn nein, warum nicht?

13. Erwartet die Bundesregierung bei einer Umsetzung des BilMoG-Referen-
tenentwurfs weiter gehende, steuerlich implizierte Belastungen in den
Dokumentations- und in den Begutachtungspflichten, z. B. zur Bewertung
von Rückstellungen, für Unternehmen?

14. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass nach dem BilMoG-Referenten-
entwurf der Grundsatz der Einheitsbilanz für mittelständische Unterneh-
men auch weiterhin aufrechterhalten werden kann?

Wenn ja, weshalb?

Wenn nein, weshalb nicht?

15. Geht die Bundesregierung davon aus, dass durch eine starke Diversifizie-
rung zwischen einem handelsrechtlichen Jahresabschluss und einem steu-
errechtlichen Jahresabschluss die Aufwendungen und Kosten für mittel-
ständische Unternehmen steigen?

16. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass durch Parallelität der steuer-
lichen, bilanzrechtlichen und im internationalen Geschäftsverkehr üblichen
Regelungen und Vorgaben immer mehr Aufwendungen und Kosten für
Unternehmen entstehen und Bürokratie geschaffen wird, die die Unterneh-
men weiter belastet?

17. Werden nach Ansicht der Bundesregierung im Falle der Anwendung des
§ 264e des BilMoG-Referentenentwurfs durch Unternehmen die IFRS-
Rechnungslegungsstandards als Grundlage der steuerlichen Gewinnermitt-
lung ausgeschlossen?

Wenn ja, weshalb?

Wenn nein, weshalb nicht?

18. Wie beurteilt die Bundesregierung Überlegungen auf europäischer Ebene,
die IFRS zum Ausgangspunkt für eine eigene Steuerbemessungsgrundlage
zu machen?

19. Wird im Bundesministerium der Finanzen an einem umfassenden Steuer-
bilanzrecht bzw. an eigenen steuerlichen Gewinnermittlungsregelungen
gearbeitet?

20. Plant die Bundesregierung zusammen mit der Verabschiedung des BilMoG
steuerrechtliche „Begleitregelungen“ zu beschließen?

Wenn ja, welche?

Berlin, den 23. Januar 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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