BT-Drucksache 16/7860

Flughafen Tempelhof als City-Airport erhalten

Vom 23. Januar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7860
16. Wahlperiode 23. 01. 2008

Antrag
der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Jan Mücke, Markus Löning, Hellmut
Königshaus, Patrick Döring, Joachim Günther (Plauen), Jens Ackermann, Dr. Karl
Addicks, Christian Ahrendt, Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst,
Ernst Burgbacher, Ulrike Flach, Otto Fricke, Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-
Michael Goldmann, Miriam Gruß, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit
Homburger, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp,
Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina
Lenke, Michael Link (Heilbronn), Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Burkhardt
Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia
Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Marina Schuster, Dr. Hermann
Otto Solms, Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz,
Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle und der
Fraktion der FDP

Flughafen Tempelhof als City-Airport erhalten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Flughafen Tempelhof ist der Älteste unter den Berliner Verkehrsflughäfen.
Das rund 308 Hektar große Areal befindet sich in zentraler Lage Berlins, bietet
beste Erreichbarkeit für das Regierungsviertel sowie für die Stadtzentren in Ost
und West. Der Flughafen Tempelhof besitzt im Empfinden der Berliner Bevöl-
kerung eine hohe Symbolkraft, die auf seine Funktion in der Luftbrücke 1948/
1949 zurückgeht. Er befindet sich noch im mehrheitlichen Besitz (76 Prozent)
des Bundes und zum kleineren Teil (24 Prozent) im Besitz des Landes Berlin.
Der Gebäudebestand steht unter Denkmalschutz und wird von Architekten und
Städteplanern als weltweit einmalig anerkannt.

Nach geltender Beschlusslage des Berliner Senats soll der Flughafen Tempelhof
zum 31. Oktober 2008 geschlossen werden.

Weder der Bund noch das Land Berlin haben bisher ein tragfähiges Nachnut-
zungskonzept für den Flughafen Tempelhof vorgelegt. Damit droht nicht nur der
Verlust der innerstädtischen Flughafenanbindung, wie sie weltweit auf der

Wunschliste vieler Metropolen steht. Es droht mangels Nachnutzungskonzeptes
ein raumplanerisches, städtebauliches und nicht zuletzt finanzielles Desaster,
das dem internationalen Ansehen Berlins in hohem Maße abträglich sein wird.

Im Gegensatz zur Konzeptionslosigkeit von Bund und Land gibt es von Seiten
potentieller Investoren, wie z. B. der Deutsche Bahn AG oder den US-Investo-
ren Ronald S. Lauder und Fred Langhammer, durchaus Nachnutzungskonzepte,
die sowohl die Weiterführung des Flugbetriebs als auch die Bewirtschaftung der

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Immobilien beinhalten. Diese Investoren haben Investitionen in der Größenord-
nung von 350 Mio. Euro in Aussicht gestellt. Bislang hat der Berliner Senat
keine Bereitschaft erkennen lassen, die Vorschläge der potentiellen Investoren
zu prüfen und mit diesen in einen Dialog einzutreten.

Wegen dieser uneinsichtigen Haltung des Berliner Senats und wegen des fehlen-
den Nachnutzungskonzeptes droht der Flughafen Tempelhof zu einer teuren
Brache zu verkommen. Das betrifft die laufenden Betriebskosten für die Ge-
bäude, die Unterhaltungskosten für das gesamte Flughafenareal sowie die not-
wendigen Sicherheitskosten. Je länger der Bewirtschaftungsstillstand dauert,
umso höher werden die anschließenden Sanierungskosten für die Gebäude und
für die Herrichtung des Gesamtareals, die ebenfalls mehrheitlich vom Bund zu
tragen sein werden. Gegen die vorgesehene Schließung spricht nicht nur das feh-
lende Nachnutzungskonzept, sondern auch die nachteiligen Folgen für die wirt-
schaftliche, politische und kulturelle Entwicklung Berlins. Nicht zuletzt sind
Hunderte von bestehenden Arbeitsplätzen von der Schließung betroffen und die
Schaffung neuer Arbeitsplätze würde verhindert.

Ein zeitlich befristeter Weiterbetrieb ist auch unter rechtlichen Aspekten mög-
lich und gefährdet den Bau und den Betrieb des Flughafens Berlin Brandenburg
Inernational (BBI) nicht. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat in sei-
nem Urteil zum Planfeststellungsbeschluss des BBI am 16. März 2006 fest-
gestellt, dass eine Schließung des Flughafens Tempelhof zum geplanten Zeit-
punkt aus Gründen der Planrechtfertigung nicht erforderlich ist (BVerwG
4A 1075.04, S. 87, Rn. 195). Auch die Feststellung des Bundesverwaltungsge-
richts vom 20. Juni 2007, wonach es für den Weiterbetrieb von Tempelhof über
2008 keine Rechtsgrundlage gebe, darf nicht falsch verstanden werden. Das
Bundesverwaltungsgericht hat ausdrücklich auf die bestehende Rechtslage,
wie sie sich aus dem Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung
(LEP/FS) ergibt, abgestellt. Durch eine Änderung der planungsrechtlichen Vor-
aussetzungen, d. h. die Änderung des LEP/FS können die rechtlichen Vorausset-
zungen für einen Weiterbetrieb des Flughafens Tempelhof geschaffen werden.

Darüber hinaus legt ein vom Bundesminister der Finanzen in Auftrag gegebenes
Gutachten dar, dass ein Betrieb des Flughafens Tempelhof – unterhalb der luft-
verkehrsrechtlichen Qualifizierung als Verkehrsflughafen – als „Landeplatz“,
„Sonderflughafen“ oder „Sonderlandeplatz“, nicht zur Unwirksamkeit des Plan-
feststellungsbeschlusses für BBI führt. Für einen solchen eingeschränkten Be-
trieb des Flughafens Tempelhof müssten aber die planungsrechtlichen Voraus-
setzungen, wie die Änderung des Landesentwicklungsplans Flughafenstandort-
entwicklung (LEP FS), geschaffen werden.

Zurzeit wird durch die ICAT (Interessengemeinschaft City Airport Tempel-
hof e. V.) ein Volksbegehren, mit dem Ziel, den Flughafen Tempelhof weiter
für den allgemeinen Flugbetrieb zu nutzen, durchgeführt.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. sich zusammen mit dem Deutschen Bundestag klar und eindeutig für die
Offenhaltung des Flughafens Tempelhof für den Flugbetrieb auszusprechen.
Bis zur Eröffnung des Großflughafens BBI, voraussichtlich 2011, soll der
Flughafen Tempelhof als Verkehrsflughafen bestehen bleiben. Spätestens ein
halbes Jahr nach der Eröffnung des Großflughafens BBI, voraussichtlich
2011, soll der Flughafen Tempelhof als Verkehrsflughafen aufgegeben, aber
ein Flugbetrieb unterhalb der luftverkehrsrechtlichen Qualifizierung als Ver-
kehrsflughafen ermöglicht werden;

2. diese Position auch einzunehmen im Zuge der Vertragsverhandlungen mit

dem Land Berlin über die Zukunft des Flughafens Tempelhof, die anlässlich
des Hauptstadtvertrages ins Auge gefasst wurden;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/7860

3. auf den Berliner Senat einzuwirken und dafür Sorge zu tragen, dass die An-
gebote aller seriösen Investoren, den Flughafen in Eigenregie zu betreiben,
nochmals gewissenhaft geprüft und beschieden werden;

4. als Miteigentümer gegenüber der Berliner Fluggesellschaft mbH darauf hin-
zuwirken, dass das laufende Volksbegehren der ICAT nicht unterlaufen wird.
Verfahren der Bürgerbeteiligung, die in der Berliner Verfassung festgeschrie-
ben sind, dürfen nicht behindert werden;

5. den Berliner Senat zur Prüfung aufzufordern, welche planungsrechtlichen
Maßnahmen, wie die Änderungen der Landesentwicklungsplanung der Län-
der Berlin und Brandenburg, erforderlich sind, um eine Weiterführung des
Flughafenbetriebs zu garantieren, ohne die Planfeststellung des BBI zu ge-
fährden und diese Maßnahmen unverzüglich auf den Weg bringen;

6. im Bundesministerium der Finanzen zu prüfen, welche Folgekosten der
Bund bei Schließung des Flughafens bzw. aufgrund der mit dem Land Berlin
beabsichtigten Folgevereinbarung zu tragen hat und einen entsprechenden
Bericht dem Deutschen Bundestag vorzulegen.

Berlin, den 22. Januar 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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