BT-Drucksache 16/7831

Möglichkeiten der Eindämmung aggressiver Steuermodelle bzw. Steuerplanungsmodelle

Vom 22. Januar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7831
16. Wahlperiode 22. 01. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Werner Dreibus, Dr. Axel Troost,
Sabine Zimmermann, Dr. Gregor Gysi und der Fraktion DIE LINKE.

Möglichkeiten der Eindämmung aggressiver Steuermodelle
bzw. Steuerplanungsmodelle

Zahlreiche OECD-Mitgliedstaaten sahen sich in den vergangenen zehn Jahren
mit einer Zunahme aggressiver Steuergestaltungen seitens der Unternehmen und
vermögenden Privatpersonen konfrontiert. International agierenden Unterneh-
men stehen national ausgerichtete Steuersysteme gegenüber. Im Privatbereich
kommen Vermögenszuwächse und ein leichterer Zugang zu den Steueroasen
hinzu. Dies wird von Banken, Kanzleien und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften
genutzt, um aktiv Steuergestaltungsmodelle – so genannte aggressive Steuer-
modelle – (ATP) – zu verkaufen. Dies sind Gestaltungen zur gezielten Steuer-
vermeidung, ohne wirtschaftlichen Hintergrund beim Steuerpflichtigen. In der
Regel werden sie nicht weiter verfolgt, sobald das Steuermotiv wegfällt. Ag-
gressive Steuermodelle können massive Steuermindereinnahmen verursachen.

Einzelne Staaten haben darauf mit Offenlegungs- bzw. Anzeige- und Genehmi-
gungspflichten für Steuerpflichtige und ihre Berater bezüglich von Steuergestal-
tungen reagiert. So ist beispielsweise in Großbritannien der Vertreiber (Promo-
ter) verpflichtet, die beabsichtigte Auflage eines Steuermodells fünf Tage nach
Abgabe des Angebots an den Steuerpflichtigen bei den Behörden anzuzeigen.
Der Steuerpflichtige erhält eine Identifikationsnummer und muss diese seiner-
seits bei der Einkommensteuererklärung angeben. Der Vorteil dieser Verfahren
liegt in einer sehr frühen Information der Behörden und der Möglichkeit, zeitnah
zu reagieren. Die betroffenen Länder USA, Kanada, Australien und Großbritan-
nien bewerten ihre Erfahrungen als positiv. Die Bundesregierung hat in einem
Schreiben an die Abgeordneten des Finanzausschusses zur Einführung von
Anzeige- und Registrierungspflichten (17. April 2007) nur verhalten Stellung be-
zogen.

Im Rahmen der OECD wurde – parallel zu den nationalstaatlichen Bemühun-
gen – beschlossen, die Arbeit im Bereich aggressiver Steuergestaltungen zu
forcieren. Dazu wurde im Jahr 2005 eine Arbeitsgruppe zur Entwicklung einer
Datenbank zu aggressiven Steuergestaltungen, deren Erkennung und Entwick-
lung von Ansätzen ihrer Bekämpfung eingesetzt.
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie schätzt die Bundesregierung die Steuermindereinnahmen aufgrund
aggressiver Steuermodelle bzw. Steuerplanungsmodelle aktuell ein?

2. Von welchen aggressiven Steuermodellen bzw. Steuerplanungsmodellen hat
die Bundesregierung aktuell Kenntnis?

Drucksache 16/7831 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
3. In welchen Gremien der OECD und auf welche Weise sind derzeit die
Aktivitäten zur Eindämmung aggressiver Steuermodelle organisiert (Ar-
beitsgruppen, Mitglieder der Arbeitsgruppen etc.)?

4. Welche Vorhaben mit welchen Zeitabläufen wurden in Zusammenhang mit
Frage 3 definiert?

5. Welche Ergebnisse konnten in den unter Frage 3 in Frage kommenden
Gremien bereits erzielt werden?

6. Wie bringt sich die Bundesregierung in diesen Prozess der OECD zur Ein-
dämmung von aggressiven Steuermodellen bzw. Steuerplanungsmodellen
konkret ein?

7. Wie ist die Zusammenarbeit der Finanzministerien auf Länder- und Bun-
desebene mit den entsprechenden Gremien der OECD organisiert (Aufga-
benverteilung etc.)?

8. Wie sind die Offenlegungspflichten bezüglich aggressiver Steuermodelle
bzw. Steuerplanungsmodelle in den einzelnen Mitgliedstaaten der OECD
ausgestaltet, und wie bewerten die betroffenen Staaten ihre Erfahrungen
konkret?

9. Welche Vorteile können sich aus Sicht der Bundesregierung aus einer
Anzeige- und Genehmigungspflicht von aggressiven Steuermodellen bzw.
Steuerplanungsmodellen ergeben (bitte mit Begründung)?

10. Wie könnte ein Verfahren zur Offenlegung und Genehmigung von aggres-
siven Steuermodellen bzw. Steuerplanungsmodellen aus Sicht der Bundes-
regierung sinnvoll ausgestaltet werden (gesetzliche Regelungen, Kompe-
tenzen von Bund und Ländern sowie ihrer Behörden usw.)?

11. Für welche Steuerplanungsmodelle wäre eine Anzeige- und Genehmi-
gungspflicht aus Sicht der Bundesregierung konkret geeignet, für welche
nicht (bitte mit Begründung)?

12. Welche Hindernisse bzw. Nachteile sieht die Bundesregierung bei der Ein-
führung einer Anzeige- und Genehmigungspflicht aggressiver Steuermo-
delle bzw. Steuerplanungsmodelle?

13. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass durch die Einführung einer
Anzeige- und vor allem Genehmigungspflicht von aggressiven Steuer-
modellen bzw. Steuerplanungsmodellen die aktuell vorherrschende Fülle
von Änderungen der Steuergesetze vermieden werden könnte (bitte mit
Begründung)?

Berlin, den 22. Januar 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.