BT-Drucksache 16/7807

Die Tafeln und ihre Bedeutung im sozialen Gefüge

Vom 17. Januar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7807
16. Wahlperiode 17. 01. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Dr. Petra Sitte, Roland Claus, Dr. Dagmar Enkelmann,
Katrin Kunert und der Fraktion DIE LINKE.

Die Tafeln und ihre Bedeutung im sozialen Gefüge

Die Initiative der Tafeln in der Bundesrepublik Deutschland hat in den vergan-
genen Jahren eine starke Erweiterung erfahren. Diese „Erfolgsgeschichte“ hat
jedoch einen sozial bedenklichen Beigeschmack. Deutet dies doch darauf hin,
dass immer mehr Menschen in der Bundesrepublik Deutschland auf Hilfe ange-
wiesen sind, um nicht Hunger leiden zu müssen.

Der Bundesverband der Tafeln hat in einer umfassenden Umfrage im Frühjahr
2007 die Situation der Tafel-Landschaft in der Bundesrepublik Deutschland un-
tersucht und dabei eine steigende Tendenz der Nachfrage durch die Bevölkerung
ermittelt. Konkret gibt diese Umfrage folgende Befunde an:

In den vergangenen zwei Jahren ist die Zahl der Bedürftigen um etwa 40 Prozent
angestiegen. Derzeit werden bundesweit etwa 700 000 Menschen versorgt, da-
von sind ca. 86 000 Rentner und etwa ein Viertel Kinder. Bei den verteilten Mit-
teln ist zwar ein Zuwachs von 100 000 t auf 120 000 t zu verzeichnen, was je-
doch aufgrund der gestiegenen Nachfrage Bedürftiger einen Rückgang für die
ausgegebene Menge an einzelne Tafel-Kunden bedeutet. 200 000 Menschen
mehr könnten zusätzlich versorgt werden, wenn mehr Waren zur Verfügung
stünden. Bis November 2007 ist die Zahl der angemeldeten Tafeln auf 749 an-
gestiegen. Bei Besuchen mehrerer Tafeln in Sachsen-Anhalt, wie z. B. in Qued-
linburg und Magdeburg wurde diese Tendenz von den dortigen Mitarbeitern und
Helfern bestätigt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Hat die Bundesregierung Kenntnis von der Studie des Bundesverbandes der
Tafeln e. V. und ihren Ergebnissen, und teilt sie diese Einschätzung?

Wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung die Aussagen dieser Studie?

2. Gibt es von Seiten der Bundesregierung eine ähnliche Erhebung, und wenn
ja, kommt sie zu den gleichen Ergebnissen?

Wenn nein, gibt es Pläne, die Entwicklung entsprechend bundesweit auch
von Seiten der Bundesregierung statistisch zu erfassen?

3. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass der offenbare Bedeutungs-

gewinn der Tafeln als Seismograph der sozialen Entwicklung und der Aus-
wirkungen von „Hartz IV“ gelten kann, und welche Schussfolgerungen für
sozialpolitische Maßnahmen zieht sie daraus?

4. Wie bewertet die Bundesregierung die zunehmenden Schwierigkeiten der
Tafeln, den nötigen Umfang an Waren zu bekommen und zur Verfügung zu
stellen?

Drucksache 16/7807 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
5. Liegen Erkenntnisse darüber vor, ob auch die Einführung der EU-Richtlinie
zur Rückverfolgung von Lebensmitteln ein Faktor für die Schwierigkeiten
der Beschaffung von Lebensmitteln durch die Tafeln darstellt?

6. Wie schätzt die Bundesregierung die Praktikabilität der Vereinbarung mit den
Tafeln zur Ausführung der EU-Verordnung durch einen vereinfachten Liefer-
schein ein?

7. Ist der Bundesregierung bekannt, ob trotz dieser Vereinbarung den Tafeln
Schwierigkeiten bei der Dokumentation und Archivierung entstehen, die so-
mit die Arbeit behindern?

8. Wie steht die Bundesregierung zu der Idee, die Tafeln durch die Einrichtung
von Stellen im so genannten Öffentlichen Beschäftigungssektor zu unterstüt-
zen, um so hauptamtliche Mitarbeiter einzustellen, die den durch Verwal-
tungsarbeit und Dokumentation entstandenen Mehraufwand der Tafeln
schultern könnten?

Berlin, den 11. Januar 2008

Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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