BT-Drucksache 16/7547

Monopolsichernde Maßnahmen im Bereich des Postgewerbes

Vom 12. Dezember 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7547
16. Wahlperiode 12. 12. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Martin Zeil, Christian Ahrendt, Daniel Bahr (Münster), Uwe
Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick Döring,
Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund
Peter Geisen, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-
Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer,
Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin,
Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Michael Link
(Heilbronn), Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-
Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper,
Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Marina Schuster, Dr. Hermann Otto
Solms, Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz,
Dr. Volker Wissing, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Monopolsichernde Maßnahmen im Bereich des Postgewerbes

Der durch das Monopolunternehmen Deutsche Post AG dominierte Arbeit-
geberverband Postdienste und die Gewerkschaft ver.di haben sich auf einen neu-
en Tarifvertrag für das Postgewerbe verständigt. Dieser soll nunmehr für die
Branche Briefdienstleistungen gelten und alle Betriebe und selbstständigen Be-
triebsabteilungen umfassen, „die überwiegend gewerbs- oder geschäftsmäßig
Briefsendungen für Dritte befördern“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30. No-
vember 2007, Seite 1). Unverändert bleiben die schon Anfang September aus-
gehandelten Mindesttarife. In den neuen Bundesländern würden zunächst we-
nigstens acht Euro in der Stunde für ungelernte Sortierkräfte bezahlt, Briefträger
in Westdeutschland sollen mindestens 9,80 Euro erhalten. Die Unterschiede sol-
len im Jahr 2010 wegfallen.

Mit dem neuen, enger gefassten Geltungsbereich soll die Voraussetzung für die
Allgemeinverbindlicherklärung durch die Bundesregierung geschaffen werden.
Die gesetzliche Einführung von Mindestlöhnen bedarf einer engen Auslegung
des 50-Prozent-Quorums. Dies gilt schon deshalb, weil Mindestlöhne an sich
beschäftigungs- und wettbewerbsfeindlich sind, da sie Lohnfindungsprozesse
auf den relevanten Märkten missachten. Gleichzeitig führen höhere Lohnkosten
zu tendenziell höheren Marktpreisen der Dienstleistung, welche Verbraucher
schädigen und Fehlallokationen begünstigen. Werden diese zudem faktisch von

einem Monopolunternehmen auf Basis seiner eigenen Haustarife zum Standard
für die gesamte Branche erhoben, wird die Zielsetzung der Liberalisierung von
Monopolen konterkariert.

Die Einführung gesetzlicher oder durch Missbrauch des Entsendegesetzes allge-
meinverbindlich erklärter Mindestlöhne ist nur ein Instrument eines umfangrei-
chen Monopolschutzes der Deutschen Post AG. Vor diesem Hintergrund sind

Drucksache 16/7547 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

weitere Maßnahmen seitens des Gesetzgebers notwendig, um bestehende
Schutzmechanismen zugunsten der Deutschen Post AG abzubauen und die Bil-
dung neuer zu verhindern.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Sind die Deutsche Post AG und/oder ihre Tochterunternehmen von der Un-
fallversicherung befreit (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3. Dezember 2007,
Seite 19)?

Wenn ja, warum sind diese Unternehmen von der Unfallversicherung befreit,
und plant die Bundesregierung dies zu ändern?

2. Wie bewertet die Bundesregierung das am 24. Juli 2007 verschärfte Vertrags-
verletzungsverfahren der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik
Deutschland wegen der Mehrwertsteuerprivilegierung der Deutschen Post
AG (http://ec.europa.eu/)?

Welche Maßnahmen zur Beendigung dieses Vertragsverletzungsverfahrens
schafft die Bundesregierung gegenwärtig, und welches Ministerium ist hier-
für federführend verantwortlich?

3. Führt die Bundesnetzagentur gegenwärtig oder in absehbarer Zeit (sechs
Monate) ein Prüfverfahren gegen die Deutsche Post AG durch, ob diese ihre
Verpflichtungen aus dem Universaldienst nachkommt, wie dies seitens des
Postkundenforums gegenüber der Bundesnetzagentur gefordert wurde?

Wenn nein, warum nicht?

4. Ist es aus Sicht der Bundesregierung verhältnismäßig und angemessen, alle aus-
ländischen Briefdienstleister unter den Generalverdacht des „Lohndumping“
zu stellen und ohne belegbare Daten bezüglich entsandter Arbeitnehmer/
Arbeitnehmerinnen in der Bundesrepublik Deutschland das Arbeitnehmerent-
sendegesetz zu verschärfen, wie dies die Bundesregierung in ihrer Antwort auf
Bundestagsdrucksache 16/290 selbst einräumt?

Wenn ja, warum?

5. Wie lauten die Gutachter (Name, Institution) und die Ergebnisse der von der
Bundesregierung in ihrer Beantwortung der Frage 5 auf Bundestagsdruck-
sache 16/290 angesprochenen Gutachten, und ist die Bundesregierung bereit,
die Gutachten vollumfänglich dem Deutschen Parlament zuzuleiten?

Wenn nein, warum nicht?

6. Wie hoch ist die Gesamtzahl der Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen, für die der
neue Tarifvertrag mit der Regelung „die überwiegend gewerbs- oder ge-
schäftsmäßig Briefsendungen befördern“ nach der Allgemeinverbindlicher-
klärung gelten soll?

7. Wie definiert die Bundesregierung „überwiegend“ in diesem Zusammenhang
konkret?

8. Wie bewertet die Bundesregierung den Interessenskonflikt der Politik, durch
monopolsichernde Maßnahmen wie der Allgemeinverbindlicherklärung be-
schäftigungsfeindlicher und von der Produktivität entkoppelter Mindestlöhne
ihre eigenen Aktionärsinteressen in Form einer 30,5-prozentigen Beteiligung
der KfW Bankengruppe an der Deutschen Post AG zu schützen?

9. Kann die Bundesregierung für sich und die staatseigene KfW Bankengruppe
ausschließen, dass innerhalb der nächsten zwölf Monate ein (teilweiser) Ver-
kauf der bislang bestehenden Beteiligung an der Deutschen Post AG in Höhe
von 30,5 Prozent realisiert wird, beispielsweise um zusätzliche Eigenmittel
im Rahmen der Bankenkrise um die IKB Deutsche Industriebank AG?
Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/7547

10. Welche externen Briefdienstleister sind seitens der Bundesministerien be-
auftragt?

Wie hoch ist der jeweilige Anteil der beauftragten Unternehmen an den Ge-
samtaufwendungen für externe Briefdienstleister der Bundesministerien?

11. Wie hoch waren und sind die jährlichen Gesamtbezüge des Vorsitzenden
des Vorstands der Deutschen Post AG in den Jahren 2005, 2006 und 2007,
jeweils aufgeteilt in Fixgehalt, variable Bonuszahlungen, direkte oder deri-
vative Beteiligungen am Unternehmen und Pensionszusagen?

12. Wie hoch waren und sind die durchschnittlichen jährlichen Gesamtbezüge
der nicht verbeamteten Briefdienstleister/Briefdienstleisterinnen den Jahren
2005, 2006 und 2007, die der Definition der Bundesregierung aus der
Bundestagsdrucksache 16/6735, S. 5 entsprechen?

Berlin, den 12. Dezember 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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