BT-Drucksache 16/7342

Aktuelle Situation im Irak

Vom 27. November 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7342
16. Wahlperiode 27. 11. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Elke Hoff, Dr. Werner Hoyer, Dr. Karl Addicks, Rainer Brüderle,
Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Jörg van Essen, Otto
Fricke, Paul K. Friedhoff, Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann,
Miriam Gruß, Birgit Homburger, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun
Kopp, Heinz Lanfermann, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Horst Meierhofer, Patrick
Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt), Detlef Parr, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Marina Schuster, Dr. Max
Stadler, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion
der FDP

Aktuelle Situation im Irak

Die Sicherheitslage im Irak hat sich infolge terroristischer Anschläge der
türkisch-kurdischen PKK im Nordirak und an der Grenze zur Türkei in den letz-
ten Wochen weiter verschärft. Auch in anderen Teilen des Landes führt die
anhaltende Unsicherheit zu Flüchtlingsbewegungen. Diese Flüchtlinge leben
insbesondere in Syrien und Jordanien unter schwierigsten Bedingungen. Die
aufnehmenden Länder sind nicht mehr in der Lage, diese Herausforderung
alleine zu tragen und bedürfen dringend internationaler Hilfe.

Die Vereinten Nationen leisten durch die VN-Unterstützungsmission im Irak
(UNAMI), die im Jahr 2003 eingesetzt wurde, der Regierung und den Menschen
im Irak Hilfe. Die Bemühungen umfassen unter anderem: Förderung des Dia-
logs, Unterstützung bei der Durchführung von zwei nationalen Wahlen und
einem Referendum, Unterstützung bei der Ausarbeitung der irakischen Verfas-
sung, Mitwirkung bei der Koordinierung der humanitären Hilfe und Förderung
des Schutzes der Menschenrechte. Die Resolution des Sicherheitsrats 1770
(2007) vom 10. August 2007 aktualisiert und stärkt das UNO-Mandat im Irak.
Es setzt Aufgaben fest zur Beratung und zur Unterstützung der nationalen Aus-
söhnung und Förderung der regionalen Zusammenarbeit zwischen dem Irak und
den Staaten der Region sowie zur fortdauernden Rolle der Vereinten Nationen
im Internationalen Pakt mit dem Irak.

Parallel dazu operieren Truppen der Multi-National Force Iraq (MNF-I). Mit der
Aufstellung der MNF-I am 15. Mai 2004 und deren Zusammenarbeit mit dem
Multi-National Corps Iraq verfolgten die Truppen stellenden Nationen der Mul-

ti-National Corps Iraq das Ziel, Streitkräfte einsetzen zu können, die besser or-
ganisiert sind und somit ihre Aufgaben zufrieden stellender erfüllen können soll-
ten als ihre Vorgängereinheit. Die MNF-I haben inzwischen acht Provinzen in
die Verantwortung der irakischen Sicherheitskräfte (ISF) übergeben. Dazu zäh-
len die Provinzen Al-Muthanna, Dhi Qar, Nadschaf, Mayssan und Kerbela.
Unter kurdischer Sicherheitsverwaltung stehen die Provinzen Dahuk, Arbil und
As-Sulaymaniya. Trotz der umfangreichen Ausbildungs- und Ausrüstungshil-

Drucksache 16/7342 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

fen, insbesondere durch die USA, sind die ISF nicht in der Lage, die Sicherheit
in die übergebenen Provinzen sicherzustellen. Vielmehr werden sie zunehmend
von regionalen Machthabern unterwandert.

Die Bundesrepublik Deutschland ist bisher im Rahmen von Unterstützungs-
maßnahmen für die irakischen Sicherheitskräfte tätig. Diese werden aufgrund
einer trilateralen Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland, den
Vereinigten Arabischen Emiraten und dem Irak in der Bundesrepublik Deutsch-
land und den Vereinigten Arabischen Emiraten durchgeführt. Die Unterstüt-
zungsmaßnahmen umfassen für 2008 die Ausbildung von 250 irakischen Solda-
ten in den Bereichen Nachschub und Transport. Außerdem will die Bundeswehr
dem Irak 250 Lastwagen und 100 Krankenwagen überlassen. Insgesamt hat das
Hilfspaket nach Angaben des Bundesministeriums der Verteidigung einen Wert
von 7,5 Mio. Euro.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie bewertet die Bundesregierung die politische Stabilität des Irak?

2. Welche konkreten Maßnahmen sind aus Sicht der Bundesregierung notwen-
dig, um den Irak nachhaltig zu stabilisieren?

3. Mit welchen Mitteln kann insbesondere die humanitäre Situation im Irak
kurz-, mittel- und langfristig verbessert werden?

Welche Beiträge hierzu könnten von der EU und ihren Mitgliedstaaten
erbracht werden?

4. Welche irakischen Wirtschaftsbereiche haben aus Sicht der Bundesregie-
rung besonders großes Wachstumspotenzial?

5. Welchen Beitrag werden die EU und die Bundesrepublik Deutschland beim
Aufbau staatlicher Strukturen und Institutionen im Irak leisten?

6. Wie beurteilt die Bundesregierung die bisherigen Bemühungen der inter-
nationalen Gemeinschaft beim Aufbau staatlicher Strukturen und Institutio-
nen im Irak?

7. Wie beurteilt die Bundesregierung die Pläne, in einem Referendum über die
Zugehörigkeit der Provinz Kirkuk zur autonomen Region Irakisch-Kurdis-
tan bzw. zum Irak zu entscheiden?

8. Welche Abstimmungen bzw. Absprachen für das Szenario einer Abspaltung
der Provinz Kirkuk zu „Irakisch-Kurdistan“ nimmt die Bundesregierung
mit dem NATO-Partner Türkei vor?

9. Welchen Einfluss übt die EU in dieser Angelegenheit aus?

10. Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorwurf der Türkei an die irakische
Regierung und die amerikanischen Truppen im Irak, nicht ausreichend ge-
gen Stellungen der PKK im Nordirak vorzugehen?

11. Wie beurteilt die Bundesregierung die Ergebnisse der Nachbarstaatenkonfe-
renz, die vom 2. bis 3. November 2007 in Istanbul stattgefunden hat?

12. Bis zu welcher Intensität sind militärische Operationen der Türkei im Nor-
den des Irak aus Sicht der Bundesregierung völkerrechtlich gerechtfertigt?

13. Möchte die Bundesregierung die Anstrengungen für eine Volkszählung
unterstützen?

Wenn ja, mit welchen Mitteln?

14. Was unternimmt die internationale Gemeinschaft zum Schutz der religiösen

und ethnischen Minderheiten im Irak?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/7342

Welchen Beitrag können dazu die EU und die Bundesrepublik Deutschland
leisten?

15. Durch welche Maßnahmen soll die Situation der Flüchtlinge insbesondere
in Syrien und Jordanien verbessert werden?

Welchen Beitrag können die EU und die Bundesrepublik Deutschland dabei
leisten?

16. Wie schätzt die Bundesregierung die humanitäre Situation in den Flücht-
lingslagern in Syrien und Jordanien ein?

17. Sind nach Ansicht der Bundesregierung die Flüchtlingslager in Syrien und
Jordanien Rekrutierungsstätten für Extremisten und Terroristen?

18. Wenn ja, welchen Beitrag können die EU und die Bundesrepublik Deutsch-
land zur Verhinderung solcher Entwicklungen leisten?

19. Welche Auswirkungen auf die Sicherheitslage hat die Truppenaufstockung
der USA mit sich gebracht?

20. Wie beurteilt die Bundesregierung die Konsequenzen aus dem Petraeus-
bericht für die mittelfristige Entwicklung des Irak?

21. Über welche Erkenntnisse hinsichtlich ziviler Opferzahlen im Irak verfügt
die Bundesregierung?

22. Welchen Einfluss nimmt nach Erkenntnissen der Bundesregierung die Isla-
mische Republik Iran auf die Auseinandersetzung zwischen Schiiten und
Sunniten im Irak?

23. Welche Beziehungen bestehen zwischen den Vertretern der Schiitenallianz
im Parlament und den schiitischen Milizen (insbesondere Mahdi-Miliz und
Badr-Brigaden)?

24. Inwiefern ist das am 11. Oktober 2006 vom irakischen Parlament verab-
schiedete Gesetz über die Einsetzung von Regionen umgesetzt?

25. Wie beurteilt die Bundesregierung die Desintegration der „Regierung der
nationalen Einheit“ und den Umstand, dass bis auf den Verteidigungsminis-
ter keine Sunniten mehr in der Regierung vertreten ist?

26. Wie beurteilt die Bundesregierung die Kooperation der US-amerikanischen
und irakischen Truppen mit sunnitischen Stammesvertretern?

27. Wie beurteilt die Bundesregierung die Arbeit der MNF-I?

28. Wie beurteilt die Bundesregierung den Ausbildungsstand der ISF (Iraqi
Security Forces)?

29. Welche weiter gehenden Hilfen durch die internationale Gemeinschaft, die
EU und die Bundesrepublik Deutschland sind notwendig, um die nationalen
irakischen Sicherheitskräfte besser und schneller auszubilden?

Berlin, den 26. November 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.