BT-Drucksache 16/7199

Statusbericht Beihilfeverdacht der EU-Kommission an öffentlich-rechtliche Versicherungen

Vom 14. November 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7199
16. Wahlperiode 14. 11. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Rainer Brüderle, Frank Schäffler, Jens Ackermann, Christian
Ahrendt, Daniel Bahr (Münster), Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild
Dyckmans, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Paul K. Friedhoff, Horst
Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther
(Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit
Homburger, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen
Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Michael Link
(Heilbronn), Markus Löning, Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke,
Burkhardt Müller-Sönksen, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia
Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Marina Schuster, Dr. Hermann Otto Solms,
Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle
und der Fraktion der FDP

Statusbericht Beihilfeverdacht der EU-Kommission an öffentlich-rechtlichen
Versicherungen

Die Generaldirektion Wettbewerb der EU-Kommission hat den Auftrag, die
Durchsetzung des Wettbewerbsrechts der EU zu gewährleisten und damit Ver-
fälschungen auf den nationalen Märkten zu unterbinden. Zum Schutz von Ver-
braucherinteressen und zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der euro-
päischen Wirtschaft sollen die Voraussetzungen für effiziente Marktprozesse
geschaffen werden. Eine wesentliche Aufgabe der Kommission ist hierbei die
Sicherstellung eines ordnungsgemäßen und nicht wettbewerbsverfälschenden
Einsatzes öffentlicher Mittel (Beihilfen) und Garantien. Auf Basis der Verstän-
digung zwischen der EU und der Bundesrepublik Deutschland aus dem Jahr
2001 sind beispielsweise Gewährträgerhaftung und Anstaltslast für öffentlich-
rechtliche Kreditinstitute gefallen, da diese zu einer verbraucherschädlichen
Verzerrung des Marktes beigetragen haben.

In Pressemitteilungen vom 5. November wurde bekannt, dass die EU-Kommis-
sion seit Monaten eine Sektoruntersuchung der deutschen Versicherungsbranche
durchführt. Hierbei stehen angabegemäß wettbewerbsverfälschende Beihilfen
an öffentlich-rechtlichen Versicherungen im Fokus der Untersuchung, welche
auch die Möglichkeit einer Gewährträgerhaftung mit einbezieht.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Verfügt die Bundesregierung über Informationen, dass die EU-Kommission
gegenwärtig eine Prüfung gegebenenfalls bestehender, rechtswidriger Privi-
legien öffentlich-rechtlicher Versicherungen in der Bundesrepublik Deutsch-
land durchführt?

Wenn ja, seit wann verfügt die Bundesregierung über diese Informationen,
und wie lauten die Prüfgründe im Detail?

Drucksache 16/7199 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
2. Verfügt die Bundesregierung über Informationen, ob konkrete öffentlich-
rechtliche Versicherungen in diesem Sachverhalt seitens der EU-Kommis-
sion geprüft werden?

Wenn ja, welche Unternehmen sind dies, und welche öffentlichen Träger
sind damit einbezogen?

3. Verfügt die Bundesregierung über Informationen, dass die Zusatzversor-
gungskassen des öffentlichen Dienstes durch die EU-Kommission in die-
sem Sachverhalt geprüft werden?

4. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass öffentlich-rechtliche Versiche-
rungen jeweils in den Jahren 2006 und 2007 nach EU-Vorschriften rechts-
widrige Beihilfen durch öffentliche/staatliche Institutionen erhalten haben?

5. Wenn nein, wieso kann die Bundesregierung dies nicht ausschließen, und
welche Maßnahmen sind geplant, um einen solchen Ausschluss zukünftig
vornehmen zu können?

6. Gelten für alle Versicherungen, also auch die öffentlich-rechtlichen, die
gleichen Eigenmittelvorschriften bei der Unterlegung vergleichbarer Ver-
sicherungsrisiken?

Wenn nein, wie beurteilt die Bundesregierung dies aus ordnungspolitischer
Sicht?

Wenn ja, gewährleistet die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(BaFin) die gleichartige Eigenmittelunterlegung?

7. Wie beurteilt die Bundesregierung die Anwendung unterschiedlicher Statis-
tiken zur Lebenserwartung bei der Bestimmung von Versicherungsrisiken
unter ordnungspolitischem Gesichtspunkt und hinsichtlich der Finanz-
marktstabilität?

8. Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, dass öffentlich-rechtliche
Finanzinstitute und Versicherungen eine besondere Verantwortung für die
Stabilität des deutschen Finanzsektors haben und deshalb eine moderate
Risikoübernahme dieser Unternehmen zweckdienlich ist?

9. In welcher Form werden die versicherungsmathematischen Modelle, und
hierbei insbesondere die Ausgestaltung der Lebensstatistiken, der einzelnen
Versicherungsunternehmen durch die Finanzmarktaufsicht geprüft?

10. Kann die Bundesregierung auf Basis der Erkenntnisse der Finanzmarkt-
aufsicht ausschließen, dass öffentlich-rechtliche Versicherungen eine relativ
zum Marktdurchschnitt zu risikoreiche Lebensstatistik bei der Berechnung
von Versicherungsrisiken anwenden (kurze Lebensdauer)?

11. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass gegenwärtig öffentlich-recht-
liche Versicherungen (un-)mittelbar einer Gewährträgerhaftung unterliegen?

12. Wenn nein, wieso kann die Bundesregierung dies nicht ausschließen, und
welche Maßnahmen sind geplant, um einen solchen Ausschluss zukünftig
vornehmen zu können?

13. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass es andere staatliche Garantien
als die Gewährträgerhaftung gibt, von denen öffentlich-rechtliche Versiche-
rungen in ihrem Deutschlandgeschäft profitieren?

Wenn nein, um welche Garantien handelt es sich dann, und wie sind diese
begründet?

Berlin, den 14. November 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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