BT-Drucksache 16/7107

Privilegien beenden - Mitglieder des Deutschen Bundestages in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen

Vom 14. November 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7107
16. Wahlperiode 14. 11. 2007

Antrag
der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann, Ulrich Maurer, Klaus Ernst,
Volker Schneider (Saarbrücken) und der Fraktion DIE LINKE.

Privilegien beenden – Mitglieder des Deutschen Bundestages in die gesetzliche
Rentenversicherung einbeziehen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestages bisher keine eigenen Bei-
träge zu ihrer Altersentschädigung leisten, ist eine Privilegierung gegenüber der
Mehrheit ihrer Wählerinnen und Wähler, die pflichtig in der gesetzlichen Ren-
tenversicherung versichert sind. Um diesen Zustand zu beenden, sollen die
Abgeordneten des Bundestages künftig für die Zeit ihrer Mandatsausübung in
der gesetzlichen Rentenversicherung versichert werden. Die Einbeziehung der
Abgeordneten ist zugleich ein erster Schritt, um die gesetzliche Rentenversiche-
rung zu einer solidarischen Erwerbstätigenversicherung auszubauen (vgl. Bun-
destagsdrucksache 16/6440).

II. Der Deutsche Bundestag beschließt:

1. a) Die Mitglieder des Bundestages werden künftig bei der Deutschen Ren-
tenversicherung (Bund) entsprechend den Bestimmungen des Sechsten
Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) gesetzlich rentenversichert. Auch die
Verwaltung des Deutschen Bundestages zahlt für die Abgeordneten ein-
kommensabhängige Beiträge direkt in die gesetzliche Rentenversicherung
ein.

b) Die Neuregelung tritt mit Beginn der 17. Legislaturperiode des Deutschen
Bundestages für die Abgeordneten, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht
das gesetzliche Rentenalter erreicht haben, in Kraft.

2. Zur Erarbeitung näherer Regelungen und Übergangsbestimmungen wird aus
der Mitte des Deutschen Bundestages bis zum Ende der laufenden Legis-
laturperiode eine entsprechende Novellierung des Abgeordnetengesetzes
vorgelegt.

3. In der 17. Legislaturperiode wird eine umfassende Reform der Abgeordne-
tenentschädigung angestrebt, die deren Höhe, eine Neugestaltung der steuer-
freien Kostenpauschale sowie eigene Beiträge zur Altersversorgung umfasst.

Berlin, den 13. November 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

Drucksache 16/7107 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Begründung

Wurden im Jahr 2000 noch Ausgaben von rund 16,8 Mio. Euro für die Altersent-
schädigung der Abgeordneten des Deutschen Bundestages getätigt, so sind im
Haushalt des Bundestages für das Jahr 2007 rund 24,5 Mio. Euro eingestellt.
Dies ist eine Steigerung auf 145 Prozent innerhalb weniger Jahre. Während die
Aufwendungen stark anstiegen und weiter ansteigen werden, leisten die Mitglie-
der des Bundestages keine eigenen Beiträge zu ihrer Altersentschädigung. Diese
Diskrepanz zwischen fehlendem eigenen Beitrag und einer – im Vergleich mit
der Mehrheit der Wählerinnen und Wähler – luxuriösen Altersversorgung ist
dem demokratischen System der Bundesrepublik Deutschland abträglich, sie
untergräbt die Glaubwürdigkeit des Deutschen Bundestages und dessen Rolle
als Repräsentant des Volkes.

Die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler der Mitglieder des Bundestages
bezieht ihre hauptsächlichen Alterseinkünfte aus der gesetzlichen Rentenver-
sicherung. In dieser waren zum 31. Dezember 2004 rund 51,4 Millionen Frauen
und Männer versichert (Rentenversicherungsbericht 2006, Bundestagsdruck-
sache 16/3700). Es liegt im demokratischen Grundverständnis des Deutschen
Bundestages, dass sich dessen Mitglieder nicht anders versichern als die Mehr-
heit derjenigen, die mit ihrem Votum dem gesetzgeberischen Wirken der Abge-
ordneten Legitimität verleihen. Die Einbeziehung der Mitglieder des Bundes-
tages in die gesetzliche Rentenversicherung ist ein Akt sozialer Gerechtigkeit
und ein wichtiger symbolischer Schritt zu einer solidarischen Erwerbstätigen-
versicherung.

Aufgerundet entstehen Kosten von 8 Mio. Euro jährlich. Der Systemwechsel hin
zur Einbeziehung der Abgeordneten in die gesetzliche Rente offenbart damit ein
enormes Einsparpotenzial.

Die hier vorgeschlagene Umstellung wird im Übrigen bereits praktiziert. Bei der
rechtlich möglichen Nachversicherung von Abgeordneten, die keine Ansprüche
auf Altersentschädigung erworben haben, wird diese Nachversicherung nach
Auskunft der Bundestagsverwaltung schon jetzt zum jeweils geltenden Höchst-
betrag der gesetzlichen Rentenversicherung durchgeführt.

Ohne die Einbeziehung der Abgeordneten in die gesetzliche Rentenversiche-
rung werden die Kosten für die Altersentschädigung weiter enorm zunehmen.
Daran wird auch der von der Koalition von CDU, CSU und SPD vorgelegte Ent-
wurf eines Siebenundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetenge-
setzes nichts ändern. Im Gegenteil: Da die dort vorgeschlagene Absenkung des
Steigerungssatzes von 3 auf 2,5 Prozent für jedes Jahr der Mitgliedschaft im
Deutschen Bundestag auf der Basis einer deutlich steigenden Abgeordnetenent-
schädigung erfolgt und zudem ein lebenslanger Versorgungsanspruch bereits
nach einem Jahr Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag entsteht, ist mit zusätz-
lichen Kosten zu rechnen. Im Übrigen hat die Koalition von CDU, CSU und
SPD zu keinem der Novellierungsvorschläge belastbare Berechnungen vor-
gelegt, ob mit diesen wirklich Aufwendungen gespart werden.

Die Einbeziehung der Abgeordneten in die gesetzliche Rentenversicherung
kann nur der Start zu einer umfassenden Reform der Abgeordnetenentschädi-
gung sein. In diese müssen ebenso die Neubestimmung der Höhe der Abgeord-
netenentschädigung sowie die Neugestaltung der kostenfreien Steuerpauschale
einbezogen werden. Im Ergebnis dieser Reform muss ein eigener Beitrag jedes
Abgeordneten zur gesetzlichen Rentenversicherung ein integraler Bestandteil
der Abgeordnetenentschädigung sein.

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