BT-Drucksache 16/7010

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -16/6520, 16/6738 16/6738- Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Rechts der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSVMG)

Vom 7. November 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7010
16. Wahlperiode 07. 11. 2007

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel
Happach-Kasan, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Uwe Barth,
Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick Döring,
Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Joachim Günther (Plauen), Heinz-Peter
Haustein, Birgit Homburger, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin,
Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt
Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia
Pieper, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Marina Schuster, Dr. Hermann Otto Solms,
Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Volker
Wissing, Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 16/6520, 16/6738, 16/6984 –

Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Rechts der
landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSVMG)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die landwirtschaftliche Sozialversicherung hat angesichts des dramatischen
Strukturwandels in der Landwirtschaft einen dauerhaften Rückgang der Bei-
tragszahler zu verkraften. So stehen in der landwirtschaftlichen Unfallversiche-
rung (LUV) seit Jahren stark sinkenden Einnahmen massiv steigende Ausgaben
gegenüber. Ziel eines jeglichen Reformvorhabens in der LUV muss die dauer-
hafte finanzielle Stabilisierung sein. Die im Gesetzentwurf des LSVMG vorge-
sehene Abfindungsregelung für Kleinrenten hält die Fraktion der FDP bei wei-
tem nicht für ausreichend, um eine dauerhafte Lösung zur Finanzierung der
LUV sicherzustellen. Das Ziel, damit eine angemessene Beitragsbelastung zu
erreichen, wird von den Experten bezweifelt. Hier werden Steuer- und Eigen-
mittel in Höhe von 650 Mio. Euro für eine Maßnahme ausgegeben, deren Wirk-
samkeit sehr begrenzt ist. Trotz erheblicher finanzieller Anstrengungen durch
den Bund und die Träger drohen den Landwirten damit ab 2010 massive Bei-
tragssteigerungen. Schon heute wird dieser Berufsstand in der Unfallversiche-
rung extrem hoch belastet.

Eine zukunftsfeste und generationengerechte Reform der LUV ist nur durch
einen grundsätzlichen Systemwechsel in der Finanzierung möglich. Die Frak-
tion der FDP hatte bereits mit ihren Entschließungsanträgen vom 21. November

Drucksache 16/7010 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2006 (Bundestagsdrucksache 16/3515) und 10. Oktober 2007 (Bundestags-
drucksache 16/6645) einen Umstieg von dem bisherigen Umlage- auf ein Ka-
pitaldeckungsverfahren für Neurenten bei gleichzeitigen Leistungs- und Bei-
tragsanpassungen gefordert. Mit einem Kapitaldeckungsverfahren wird sicher-
gestellt, dass die Rentenfälle von der Solidargemeinschaft finanziert werden, die
sie verursacht. Damit werden Lasten nicht wie im bisherigen Umlageverfahren
auf die zukünftigen Generationen verschoben.

Da in der Landwirtschaft die Altlastenproblematik als gesamtgesellschaftliches
Vermächtnis gesehen werden muss, ist in diesem Bereich – anders als in der all-
gemeinen Unfallversicherung – die finanzielle Beteiligung des Bundes gefor-
dert. Jedoch schafft der Bund bei einem Systemwechsel mittelfristig die Basis
für ein eigenständiges LUV-System ohne die Notwendigkeit von Bundesmitteln,
da die erforderlichen Mittel zur Finanzierung neuer Unfallrenten ausschließlich
von den Beitragszahlern im Kapitaldeckungsverfahren aufgebracht werden.

Bei Beibehaltung des Umlageverfahrens wird aus Gründen der innerlandwirt-
schaftlichen Solidarität ein Finanzausgleich zwischen den Trägern notwendig.
Zur Berechnung dieses Lastenausgleichs sollten das Reformvorhaben abge-
schlossen sein und die Selbstverwaltung eigene Vorschläge entwickeln.

Bei der Modernisierung der landwirtschaftlichen Sozialversicherung im Bereich
der Krankenversicherung muss sichergestellt werden, dass die landwirtschaft-
lichen Krankenkassen ab 2009 den anderen gesetzlichen Krankenkassen bei der
Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben gleichgestellt werden. Die
Schlechterstellung des landwirtschaftlichen Beitragszahlers ist auch im Hin-
blick auf das Arbeitslosengeld II (ALG II) zu vermeiden. Seit Inkrafttreten der
Gesundheitsreform muss ein Landwirt als ALG-II-Empfänger weiter seinen vol-
len Unternehmerbeitrag zur landwirtschaftlichen Krankenkasse zahlen. Dieser
Beitrag richtet sich aber nicht, wie bei Arbeitnehmern, nach dem verfügbaren
Einkommen, sondern vor allem nach der bewirtschafteten Fläche und wird dem-
entsprechend nicht an die veränderte Einkommenssituation angepasst.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

– zur Schaffung einer zukunftsfesten und generationengerechten Finanzierung
der LUV den Umstieg vom bisherigen Umlageverfahren auf ein kapital-
gedecktes Verfahren für Neurenten einzuleiten. Zur Finanzierung sind die
im Haushalt für die LUV vorgesehenen Bundesmittel und Eigenmittel der
Träger einzusetzen;

– sich ihrer Verantwortung für die Altlastenproblematik in der Landwirtschaft
als gesamtgesellschaftliches Vermächtnis zu stellen und bis zur Schaffung
eines eigenständigen kapitalgedeckten LUV-Systems die aktuelle Bundes-
beteiligung in Höhe von maximal 200 Mio. Euro gesetzlich festzuschreiben;

– alle vom Berufsstand geforderten Einschnitte des Leistungsrechts zu Lasten
der landwirtschaftlichen Unternehmer und deren Ehegatten zu übernehmen,
um die LUV finanziell zu stabilisieren. Dazu zählen u. a. der Wegfall „neuer“
Unfallrenten bei Unfällen im Rentenalter, die Kapitalisierung von Unfallren-
ten mit weniger als 35 Prozent MdE und ein Unfallrentenanspruch erst ab
30 Prozent MdE. Dies ist umso wichtiger, als sich die geplante Reform der
gesetzlichen Unfallversicherung verzögert;

– den Kreis der Leistungsberechtigten eng zu definieren, so dass z. B. nur
gewerbsmäßig betriebene Imkereien, die als Mitglieder einer landwirtschaft-
lichen Berufsgenossenschaft Beiträge zahlen, als Leistungsberechtigte an-
erkannt werden;

– die künftige Ausgestaltung der Lastenverteilung zwischen den landwirt-
schaftlichen Berufsgenossenschaften von der Selbstverwaltung innerhalb

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/7010

einer Frist erarbeiten zu lassen und das Inkrafttreten um ein Jahr auf den
1. Januar 2011 zu verschieben, um die finanzielle Situation der Berufsgenos-
senschaften nach Beendigung der Abfindungsaktion und der Anwendung der
neuen risikoorientierten Beitragsmaßstäbe realistisch einschätzen zu können;

– die landwirtschaftlichen Krankenkassen entsprechend dem Verhältnis der
Anzahl ihrer Versicherten an den Bundesmitteln zur Finanzierung gesamt-
gesellschaftlicher Aufgaben zu beteiligen;

– Landwirte, die wegen ihres geringen bzw. fehlenden Einkommens Arbeits-
losengeld II beziehen, von der Zahlung ihres vollen Unternehmerbeitrags zur
landwirtschaftlichen Krankenkasse (LKK) zu befreien. Für diese Landwirte
erhalten die LKKen ohnehin von der Bundesagentur für Arbeit einen pau-
schalen Beitrag für die Kranken- und Pflegeversicherung.

Berlin, den 7. November 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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