BT-Drucksache 16/6910

1. zu dem Antrag der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Omid Nouripour, Claudia Roth (Augsburg) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/3541- Für eine Initiative der Bundesregierung mit dem Ziel einer humanitären, kohärenten und nachhaltigen Ausrichtung der europäischen Flüchtlingspolitik 2. zu dem -16/5109-

Vom 5. November 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6910
16. Wahlperiode 05. 11. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

1. zu dem Antrag der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Omid Nouripour, Claudia
Roth (Augsburg) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/3541 -–

Für eine Initiative der Bundesregierung mit dem Ziel einer humanitären,
kohärenten und nachhaltigen Ausrichtung der europäischen Flüchtlingspolitik

2. zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau, Sevim Dag˘delen,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/5109 -–

Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft für eine grundlegende Wende
der europäischen Migrations- und Flüchtlingspolitik nutzen

A. Problem

Zu Nummer 1

Mit dem Antrag fordert die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Bundes-
regierung dazu auf, eine aus ihrer Sicht humanitäre Flüchtlingspolitik zu gestal-
ten. Hierzu werden konkrete Forderungen aufgelistet, u. a. die Anwendung des
humanitären Seerechts, die Anwendung der völkerrechtlichen Flüchtlings- und
Menschenrechte, die Berücksichtigung der Bedürfnisse schutzbedürftiger Per-
sonengruppen bei Rückführungen, eine aktive Aufnahme von Flüchtlingen so-
wie ein ausgewogenes asyl- und migrationspolitisches Gesamtkonzept der EU.

Zu Nummer 2

Die Fraktion DIE LINKE. möchte mit dem Antrag die Bundesregierung dazu
bewegen, sich für eine grundlegende Neuausrichtung der europäischen Migra-
tions-, Flüchtlings- und Integrationspolitik einzusetzen. Zur Erläuterung dieser

Neuausrichtung werden umfassende Leitlinien vorgeschlagen, wie die Beseiti-
gung aller Benachteiligungen und Diskriminierungen von Migranten, der Ver-
zicht auf weitere Handelsliberalisierungen mit den afrikanischen, asiatischen
und südamerikanischen Ländern, die Rücknahme der Regelung zu sicheren
Drittstaaten, EU-weit abgestimmte Legalisierungsmöglichkeiten für Migranten
und die Einstellung der Unterstützung für die europäische Grenzschutzagentur
Frontex.

Drucksache 16/6910 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

B. Lösung

Zu Nummer 1

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/3541 mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der
FDP

Zu Nummer 2

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/5109 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Annahme des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Druck-
sache 16/3541 bzw. Annahme des Antrags der Fraktion DIE LINKE. auf Druck-
sache 16/5109.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6910

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

1. den Antrag auf Drucksache 16/3541 abzulehnen,

2. den Antrag auf Drucksache 16/5109 abzulehnen.

Berlin, den 24. Oktober 2007

Der Innenausschuss

Sebastian Edathy
Vorsitzender

Reinhard Grindel
Berichterstatter

Rüdiger Veit
Berichterstatter

Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Berichterstatter

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Josef Philip Winkler
Berichterstatter

fohlen, den Antrag auf Drucksache 16/3541 abzu-
lehnen.
b) Voten zu Bundestagsdrucksache 16/5109

aa) Der Auswärtige Ausschuss hat in seiner 43. Sit-
zung am 13. Juni 2007 mit den Stimmen der Frak-

3. Beratungen im federführenden Ausschuss

Der Innenausschuss hat die Anträge auf Drucksachen
16/3541 und 16/5109, die auch Gegenstand der großen An-
hörungsrunden des Innenausschusses am 21. und 23. Mai
Drucksache 16/6910 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Reinhard Grindel, Rüdiger Veit, Hartfrid Wolff
(Rems-Murr), Ulla Jelpke, Josef Philip Winkler

I. Zum Verfahren

1. Überweisung

a) Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
auf Drucksache 16/3541 wurde in der 76. Sitzung des
Deutschen Bundestages am 18. Januar 2007 an den In-
nenausschuss federführend sowie an den Ausschuss
für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, den Aus-
schuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung und den Ausschuss für die Angelegenheiten
der Europäischen Union zur Mitberatung überwiesen.

b) Der Antrag der Fraktion DIE LINKE. auf Druck-
sache 16/5109 wurde in der 94. Sitzung des Deut-
schen Bundestages am 26. April 2007 an den Innen-
ausschuss federführend sowie an den Auswärtigen
Ausschuss, den Rechtsausschuss, den Ausschuss für
Arbeit und Soziales, den Ausschuss für Familie, Se-
nioren, Frauen und Jugend, den Ausschuss für Men-
schenrechte und humanitäre Hilfe, den Ausschuss für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
und den Ausschuss für die Angelegenheiten der Euro-
päischen Union zur Mitberatung überwiesen.

2. Voten der mitberatenden Ausschüsse

a) Voten zu Bundestagsdrucksache 16/3541

aa) Der Ausschuss für Menschenrechte und huma-
nitäre Hilfe hat in seiner 39. Sitzung am 4. Juli
2007 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD bei Stimmenthaltung der Fraktion
der FDP in Abwesenheit der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN emp-
fohlen, den Antrag auf Drucksache 16/3541 abzu-
lehnen.

bb) Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammen-
arbeit und Entwicklung hat in seiner 34. Sitzung
am 28. März 2007 mit den Stimmen der Fraktio-
nen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktionen FDP und DIE
LINKE. empfohlen, den Antrag auf Drucksache
16/3541 abzulehnen.

cc) Der Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union hat in seiner 31. Sitzung am
28. März 2007 mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. gegen die Stim-
men der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP emp-

enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN empfohlen, den Antrag auf Druck-
sache 16/5109 abzulehnen.

bb) Der Rechtsausschuss hat in seiner 71. Sitzung am
4. Juli 2007 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der
Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ab-
lehnung des Antrags auf Drucksache 16/5109
empfohlen.

cc) Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat in
seiner 52. Sitzung am 13. Juni 2007 mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei
Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN die Ablehnung des Antrags auf Druck-
sache 16/5109 empfohlen.

dd) Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend hat in seiner 36. Sitzung am 13. Juni
2007 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen,
den Antrag auf Drucksache 16/5109 abzulehnen.

ee) Der Ausschuss für Menschenrechte und huma-
nitäre Hilfe hat in seiner 37. Sitzung am 12. Juni
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU,
SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des
Antrags auf Drucksache 16/5109 empfohlen.

ff) Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammen-
arbeit und Entwicklung hat in seiner 42. Sitzung
am 4. Juli 2007 mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen
der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN emp-
fohlen, den Antrag auf Drucksache 16/5109 abzu-
lehnen.

gg) Der Ausschuss für Angelegenheiten der Euro-
päischen Union hat in seiner 35. Sitzung am
13. Juni 2007 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der
Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ab-
lehnung des Antrags auf Drucksache 16/5109
empfohlen.
tionen der CDU/ CSU, SPD und FDP gegen die
Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimm-

2007 sowie am 5. Juni 2007 zum Entwurf eines Gesetzes
zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien

den seien, die Probleme aber weiter bestünden. So sei der
deutsche Beitrag zu Frontex unzureichend, die Arbeit der
Agentur ineffizient, für die Zivilschifffahrt gebe es keine
Rechtsklarheit, ob sie Bootsflüchtigen ohne das Risiko der
eigenen Strafverfolgung Hilfe leisten könne, und die unge-
rechte Lastenverteilung innerhalb der EU-Mitgliedstaaten,
was die Flüchtlingsaufnahme angehe, bestehe fort. Es sollte
Konsens bestehen, dass eine Verbesserung in diesen Punkten
und die Vorlage eines schlüssigen migrationspolitischen Ge-
samtkonzepts erforderlich seien. Dadurch würden auch kei-
ne neuen Pull-Faktoren geschaffen.

Die Fraktion DIE LINKE. legt dar, eine grundlegende
Wende in der europäischen Migrations- und Flüchtlingspoli-
tik sei nötig. Man müsse wegkommen von dem bisherigen,
auf reinen Nützlichkeitserwägungen beruhenden Ansatz.
Die in ihrem Antrag geforderten Punkte seien nicht um-
gesetzt worden. Es müsse weiterhin darum gehen, die Be-
achtung des Völkerrechts zu gewährleisten, Diskriminierun-

Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD betonen, dass die
Anträge die Sachlage nicht korrekt wiedergäben. Die Grenz-
schutzbehörden der Mitgliedstaaten wüssten um ihre Ver-
pflichtung, in Seenot befindliche Flüchtlinge zu retten, und
handelten dem Völkerrecht entsprechend. Ermittlungen ge-
gen Hilfe leistende Seeleute hätten ihren Grund nicht in der
unklaren Rechtslage, sondern darin, dass man in den be-
troffenen Staaten versuche, die bislang unzureichende Ver-
folgung der Schleuserkriminalität zu verstärken, und daher
allen Verdachtsmomenten nachgehe. Deutschland verhalte
sich schließlich nicht passiv, sondern habe sich mit Hub-
schraubern an den Frontexaktionen beteiligt. Die Anträge
gingen aber auch an der Sache vorbei: Die Gefährdung von
Flüchtlingen auf den Schleuserrouten könne besser vermie-
den werden, indem man durch Schutz der Außengrenzen,
konsequente Rückführungsaktionen und Hilfe vor Ort die
illegale, ungesteuerte Migration zum Erliegen bringe. Wer
neue Pull-Faktoren schaffe, könne indirekt auch die Flücht-
linge gefährden.

Berlin, den 24. Oktober 2007

Reinhard Grindel
Berichterstatter

Rüdiger Veit
Berichterstatter

Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Berichterstatter

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Josef Philip Winkler
Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/6910

der Europäischen Union (Drucksache 16/5065) und weiterer
Vorlagen waren, in seiner 51. Sitzung am 24. Oktober 2007
abschließend beraten.

Als Ergebnis der Beratungen wurde empfohlen, mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE LINKE.
gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP den
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf
Drucksache 16/3541 abzulehnen.

Darüber hinaus empfiehlt der Ausschuss mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die
Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Antrag der Frak-
tion DIE LINKE. auf Drucksache 16/5109 abzulehnen.

II. Zur Begründung

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärt, dass
die Vorschläge ihres Antrags bislang nicht aufgegriffen wor-

gen von Migranten zu beseitigen, die Regelung sicherer
Drittstaaten aufzuheben, Migranten zu legalisieren und die
Grenzschutzagentur Frontex in ihrer jetzigen Form abzu-
schaffen.

Die Fraktion der FDP hält die Intentionen der Anträge für
weitgehend richtig. Jedem müsse an einer effektiveren See-
notrettung, einer Verbesserung der Arbeit von Frontex und
einer Harmonisierung der europäischen Flüchtlingspolitik
gelegen sein. Inwieweit man mit einer harmonisierten Politik
Gefahr laufe, neue Pull-Faktoren zu schaffen, müsse im Ein-
zelfall durch Evaluierungen geklärt werden. Den Antrag der
Fraktion DIE LINKE. könne man aber wegen seines kon-
frontativen Ansatzes nicht mittragen. Im Antrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fehlten konkretere Ausfüh-
rungen zu der wichtigen Frage, wie man mit den Herkunfts-
ländern der Flüchtlinge gemeinsam Problemlösungen erar-
beiten könne.

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