BT-Drucksache 16/6769

Jugendfreiwilligendienste in einen gemeinsamen Gesetzesrahmen zusammenfassen

Vom 23. Oktober 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6769
16. Wahlperiode 23. 10. 2007

Antrag
der Abgeordneten Hellmut Königshaus, Dr. Karl Addicks, Sibylle Laurischk, Birgit
Homburger, Jens Ackermann, Christian Ahrendt, Uwe Barth, Rainer Brüderle,
Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans,
Jörg van Essen, Otto Fricke, Paul K. Friedhoff, Dr. Edmund Peter Geisen, Miriam
Gruß, Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Dr. Werner
Hoyer, Michael Kauch, Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann,
Harald Leibrecht, Ina Lenke, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Michael Link
(Heilbronn), Markus Löning, Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke,
Dirk Niebel, Detlef Parr, Jörg Rohde, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler,
Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle
und der Fraktion der FDP

Jugendfreiwilligendienste in einen gemeinsamen Gesetzesrahmen zusammen-
fassen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Deutsche Bundestag begrüßt den Ausbau von Jugendfreiwilligendiensten,
wie er dies bereits fraktionsübergreifend in der Beschlussempfehlung des
Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Bundestagsdrucksache
15/5175) zum Ausdruck gebracht hat. Die Jugendfreiwilligendienste genießen
nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland großes Ansehen und tragen zur
interkulturellen Verständigung bei. Im Ausland wird heute aus Kostengründen
hauptsächlich der so genannte Andere Dienst im Ausland als ungeregelter
Dienst angeboten. Die heutigen ungeregelten Dienste basieren auf keiner Ge-
setzesgrundlage und werden von den Freiwilligen und den Trägerorganisatio-
nen überwiegend selbst finanziert. Einigkeit besteht daher, dass die Rahmenbe-
dingungen für den Freiwilligendienst im Ausland verbessert werden müssen.
Im Hinblick auf Bürokratieabbau und eine einheitliche Rechtsetzung bedarf es
einer Harmonisierung der sozialrechtlichen und aufenthaltsrechtlichen Bestim-
mungen für Freiwilligendienste in Europa als auch im außereuropäischen Aus-
land.
1. Am 5. Januar 2007 erklärte Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul,
dass ein neuer, aus öffentlichen Mitteln geförderter Freiwilligendienst in Ent-
wicklungsländern eingeführt werden solle. Geplant sind nach ihren Angaben
10 000 Plätze mit einem jährlichen Fördervolumen von 70 Mio. Euro aus Mit-
teln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-
lung (BMZ) einzurichten. Das Konzept für diesen neuen Freiwilligendienst
wurde dann ein halbes Jahr später in Form einer Richtlinie zur Umsetzung des

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entwicklungspolitischen Freiwilligendienstes „weltwärts“ der Öffentlichkeit
vorgestellt. Eine gesetzliche Grundlage für den entwicklungspolitischen Frei-
willigendienst „weltwärts“ ist nicht vorgesehen. Das Angebot richtet sich an
junge Menschen im Alter von 18 bis 28 Jahren, die sich zwischen sechs und
24 Monaten in Entwicklungsländern engagieren wollen. Ein Zuschuss für
Unterkunft, Verpflegung, Taschengeld, fachliche und pädagogische Betreuung
sowie Versicherungen soll sich auf 580 Euro pro Person und Monat belaufen.
Eine Rentenversicherung ist trotz des enormen Budgets im Gegensatz zu den
anderen geregelten Jugendfreiwilligendiensten nicht vorgesehen.

2. In Deutschland bestehen bereits heute geregelte Freiwilligendienste mit Tä-
tigkeit im Ausland, etwa im Bereich des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ), des
Freiwilligen Ökologischen Jahres (FÖJ) und des Europäischen Freiwilligen-
dienst-Programms. Das im Prinzip seit den 50er Jahren bestehende FSJ und das
seit Beginn der 90er Jahre bestehende FÖJ sind trotz nahezu identischem Rege-
lungsgehalt in zwei getrennten Gesetzen geregelt. Zuständig für den Freiwilli-
gendienst ist in beiden Fällen aber das Bundesministerium für Familie, Frauen,
Senioren und Jugend (BMFSFJ). Der Jugendfreiwilligendienst im Ausland im
Bereich des FSJ und des FÖJ soll unabhängig von dem entwicklungspoliti-
schen Freiwilligendienst „weltwärts“ auch weiter bestehen bleiben. Trotz des
bewährten Systems der bestehenden Freiwilligendienste im Ausland soll es
nach den Plänen des BMZ für den neuen entwicklungspolitischen Freiwilligen-
dienst „weltwärts“ eine völlig neue, von den bereits bestehenden Diensten
unabhängige Organisationsstruktur geben. Anders als für die bestehenden,
gesetzlich geregelten Freiwilligendienste soll die Organisation für den neuen
Freiwilligendienst beim BMZ liegen; für diesen soll zudem ein neues tech-
nisches Sekretariat beim DED (Deutscher Entwicklungsdienst) eingerichtet
werden. Der Verwaltungskostenanteil für die Einrichtung dieser neuen Organi-
sationsstruktur wird mit bis zu 500 000 Euro beziffert. Im Ergebnis sollte es da-
mit nach den Vorstellungen des BMZ künftig für die Freiwilligendienste im
Ausland zwei unterschiedliche Zuständigkeiten geben: Neben das bisher allein
zuständige BMFSFJ würde künftig das BMZ hinzutreten. Für die Teilnehme-
rinnen und Teilnehmer der jeweiligen Programme würden dementsprechend
dann auch unterschiedliche Regelungen gelten. So werden beispielsweise für
die FSJ-/FÖJ-Teilnehmer, anders als dies für die Freiwilligen des BMZ-Pro-
gramms „weltwärts“ vorgesehen ist, Beiträge an die gesetzliche Rentenver-
sicherung abgeführt. Eine solche unterschiedliche Behandlung ist bei nahezu
gleicher Aufgabenstellung nicht zu begründen.

3. Gleichzeitig liegt seit der vergangenen Legislaturperiode eine fraktionsüber-
greifende Beschlussempfehlung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend (Bundestagsdrucksache 15/5175) auf der Grundlage des Antrages
auf Bundestagsdrucksache 15/4395 vom 14. April 2005 mit dem Auftrag vor,
die im Zuständigkeitsbereich des BMFSFJ bestehenden Freiwilligendienste
konzeptionell weiterzuentwickeln. Als Ergebnis liegt nun dem Bundestag der
Gesetzentwurf der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 16/6519) zur För-
derung von Jugendfreiwilligendiensten vor. Mit dem Gesetzentwurf sollen die
bisher getrennten Gesetze zur Förderung des freiwilligen sozialen Jahres und
des freiwilligen ökologischen Jahres in einem Gesetz zusammengefasst
werden. Zur Begründung führt die Bundesregierung aus, dass zwei getrennte
Gesetze mit nahezu identischem Regelungsgehalt zur Unübersichtlichkeit der
Rechtsordnung führten. Mit Blick auf Bürokratieabbau und bessere Rechtset-
zung sei eine einheitliche Regelung erforderlich. Die Gesetzesvorlage sieht
auch die Harmonisierung sozialrechtlicher Bestimmungen für Freiwilligen-
dienste in Europa und im außereuropäischen Ausland vor. Vor dem Hintergrund
der Vereinheitlichung und Vereinfachung der gesetzlichen Regelungen für Frei-

willigendienste im Ausland ist die Entstehung einer neuen, noch dazu gesetz-
lich ungeregelten Form eines Freiwilligendienstes im Ausland nicht nachzu-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6769

vollziehen; es widerspricht insbesondere der zu dem Gesetzentwurf von der
Bundesregierung selbst gegebenen Begründung.

Alle Aufgaben, die „weltwärts“ nach den Vorstellungen der Bundesregierung
abdecken soll, werden bereits durch bestehende Dienste wahrgenommen oder
können ohne weiteres von diesen mit übernommen werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

● auf die Einrichtung des entwicklungspolitischen Freiwilligendienstes „welt-
wärts“ zu verzichten und die von der Bundesregierung für ihn vorgesehenen
Aufgaben auf die bereits bestehenden geregelten Freiwilligendienste zu
übertragen,

● die Zuständigkeit für alle bestehenden und künftigen Jugendfreiwilligen-
dienste aus Effizienzgründen verbindlich dem BMFSFJ zuzuweisen und

● mit Blick auf Bürokratieabbau und Kosteneffizienz einerseits und einer ein-
heitlichen Rechtsetzung der Freiwilligendienste andererseits eine gemein-
same gesetzliche Grundlage mit einheitlichen Regelungen für alle Freiwilli-
gendienste zu schaffen und sich dabei an dem bereits vorliegenden
Gesetzentwurf zur Förderung der Jugendfreiwilligendienste „Freiwilliges
Ökologisches Jahr“ und „Freiwilliges Soziales Jahr“ zu orientieren.

Berlin, den 23. Oktober 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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