BT-Drucksache 16/6763

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau, Sevim Dagdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -16/5248- Irakische Flüchtlinge in die EU aufnehmen - In Deutschland lebende Irakerinnen und Iraker vor Abschiebung schützen b) zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Alexander Bonde, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/5414- Schutz für irakische Flüchtlinge gewährleisten

Vom 23. Oktober 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6763
16. Wahlperiode 23. 10. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau, Sevim Dag˘delen,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/5248 –

Irakische Flüchtlinge in die EU aufnehmen – In Deutschland lebende
Irakerinnen und Iraker vor Abschiebung schützen

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Marieluise Beck
(Bremen), Alexander Bonde, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/5414 –

Schutz für irakische Flüchtlinge gewährleisten

A. Problem

Die Gewaltsituation im Irak und die anhaltenden Verfolgungen gegen ethnische
und religiöse Minderheiten bewirken nach Angaben des UNHCR, dass bereits
2 Millionen Menschen ins Ausland geflüchtet sind. Neben den Anrainerstaaten
des Iraks, die mit 1,75 Millionen Menschen einen beträchtlichen Teil der
Flüchtlinge aufgenommen haben und hierdurch vor enormen Herausforderun-
gen stehen, komme den Irakerinnen und Irakern von Seiten der EU und ihrer
Mitgliedstaaten nur eine geringe Hilfe zu. So würden sich in Deutschland nur
ca. 11 000 irakische Flüchtlinge aufhalten und dies teilweise unter Abschie-
bungsandrohung, da ihr Flüchtlingsstatus widerrufen worden sei.

Vor diesem Hintergrund soll die Bundesregierung mit den Anträgen insbeson-
dere aufgefordert werden, sich gegenüber den Bundesländern für einen gene-
rellen Abschiebestopp für alle irakischen Flüchtlinge einzusetzen, weitere
Widerrufsverfahren unverzüglich auszusetzen und im Rahmen der EU darauf
hinzuwirken, dass irakische Flüchtlinge an den EU-Außengrenzen nicht abge-
wiesen, sondern ihnen Zugang zu Schutz gewährt wird und dass besonders
schutzbedürftige Flüchtlinge in der EU aufgenommen werden.

Drucksache 16/6763 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

B. Lösung

1. Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/5248 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktionen FDP und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN

2. Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/5414 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Annahme des Antrags der Fraktion DIE LINKE. auf Drucksache 16/5248 bzw.
Annahme des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Druck-
sache 16/5414.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6763

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

1. den Antrag auf Drucksache 16/5248 abzulehnen;

2. den Antrag auf Drucksache 16/5414 abzulehnen.

Berlin, den 10. Oktober 2007

Der Innenausschuss

Sebastian Edathy
Vorsitzender

Reinhard Grindel
Berichterstatter

Rüdiger Veit
Berichterstatter

Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Berichterstatter

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Josef Philip Winkler
Berichterstatter

Drucksache 16/6763 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Reinhard Grindel, Rüdiger Veit,
Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Ulla Jelpke und Josef Philip Winkler

I. Zum Verfahren

1. Überweisung

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE. auf Drucksache
16/5248 wurde in der 97. Sitzung des Deutschen Bundes-
tages am 10. Mai 2007 an den Innenausschuss federführend
sowie an den Ausschuss für Menschenrechte und humani-
täre Hilfe und den Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union zur Mitberatung überwiesen. Der An-
trag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Druck-
sache 16/5414 wurde in der 100. Sitzung des Deutschen
Bundestages am 24. Mai 2007 an den Innenausschuss feder-
führend sowie an den Auswärtigen Ausschuss und den Aus-
schuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zur Mit-
beratung überwiesen.

2. Voten der mitberatenden Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat in seiner 43. Sitzung am
13. Juni 2007 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP,
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen,
den Antrag auf Drucksache 16/5414 abzulehnen.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat in seiner 35. Sitzung am 13. Juni 2007 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktionen FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfoh-
len, den Antrag auf Drucksache 16/5248 abzulehnen.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
hat in seiner 37. Sitzung am 12. Juni 2007 mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der
FDP die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/5248
empfohlen und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP,
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen,
den Antrag auf Drucksache 16/5414 abzulehnen.

3. Beratungen im federführenden Ausschuss

Der Innenausschuss hat die Anträge auf Drucksachen
16/5248 und 16/5414 in seiner 50. Sitzung am 10. Oktober
2007 abschließend beraten.

Als Ergebnis der Beratungen wurde der Antrag der Fraktion
DIE LINKE. auf Drucksache 16/5248 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktionen
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf
Drucksache 16/5414 wurde mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN abgelehnt.

II. Zur Begründung

Die Fraktion DIE LINKE. weist zur Begründung ihres
Antrags auf die weitere Verschlechterung der Lage im Irak
und die prekäre Situation der Flüchtlinge vor allem in den
Nachbarländern hin, die mit der Aufnahme überfordert
seien. Der UNHCR habe schon mehrmals gefordert, dass
die EU-Länder ein größeres Kontingent an Flüchtlingen
übernehmen sollten. Die Bundesregierung habe zwar mitt-
lerweile dafür gesorgt, dass hinsichtlich bestimmter Grup-
pen irakischer Flüchtlinge Widerrufsverfahren nicht mehr
eingeleitet und Abschiebungen nicht mehr durchgeführt
würden. Dies sei allerdings angesichts der geschilderten
dramatischen Lage nicht genug. Man wolle erreichen, dass
es einen generellen Stopp von Abschiebungen und Wider-
rufsverfahren gebe und dass Deutschland dem Ansuchen
des UNHCR nachkomme.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärt, auch
wenn inzwischen teilweise von Widerrufen und Rück-
führungen abgesehen werde, fordere man weiterhin einen
generellen Abschiebestopp für alle irakischen Flüchtlinge
und die Aussetzung aller Widerrufsverfahren. Zu kritisieren
sei auch, dass die Bundesregierung während ihrer Ratspräsi-
dentschaft weder eigene Initiativen bezüglich eines Resett-
lement-Programms ergriffen noch Vorschläge anderer Mit-
gliedstaaten unterstützt habe. Zudem müssten die Forderun-
gen des UNHCR erfüllt werden, besonders schutzbedürftige
Flüchtlinge – wie Angehörige von Minderheiten und kranke
Kinder – aus den Lagern zu holen und in der EU aufzuneh-
men.

Die Fraktion der FDP erklärt, dass sie weitgehend die An-
sicht der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN teile. Es sei
allerdings festzustellen, dass die Bundesländer inzwischen
anfingen, in den Fällen irakischer Flüchtlinge verantwor-
tungsvoll mit den Instrumenten des Widerrufs und der Ab-
schiebung umzugehen. Angesichts der sehr schlechten Lage
im Irak, die schon in den Warnungen des Auswärtigen Amts
vor Reisen in dieses Land zum Ausdruck komme, sei eine
sehr restriktive Handhabung der genannten Instrumente
nötig. Auch wenn man vorsichtig mit der Forderung nach
einem generellen Abschiebestopp sein müsse, erfordere die
außergewöhnlich gefährliche Situation im Irak einen weit-
gehenden Verzicht auf Rückführungen.

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und SPD ver-
weisen darauf, dass bislang kein EU-Mitgliedstaat einen
generellen Abschiebestopp erlassen habe. Von Seiten der
deutschen Behörden werde sensibel mit der Problematik
umgegangen. Zum einen seien die Widerrufsverfahren weit-
gehend ausgesetzt, zum anderen führe ein Widerruf nicht
automatisch zu einem Verlust des Aufenthaltstitels. Der
Kreis der Personen, die noch in den Irak zurückgeführt
würden, beschränke sich fast ausschließlich auf straffällig
gewordene Personen und solche, die die innere Sicherheit
Deutschlands gefährdeten – eine Praxis, die auch der
UNHCR nicht kritisiere. Teilweise kehrten Iraker sogar frei-
willig in die Heimat zurück, was sich aus der unterschied-
lichen Gefährdungssituation in den einzelnen Landesteilen

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/6763

erklären lasse. Es bestehe demnach aktuell kein Bedarf nach
einem generellen Stopp von Widerrufsverfahren und Ab-
schiebungen. Man sei sich schließlich in der EU einig, dass
vorrangig den Menschen vor Ort geholfen werden müsse,
auch um nicht neue Pullfaktoren zu schaffen.

Berlin, den 10. Oktober 2007

Reinhard Grindel
Berichterstatter

Rüdiger Veit
Berichterstatter

Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Berichterstatter

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Josef Philip Winkler
Berichterstatter

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