BT-Drucksache 16/6757

Ausgestaltung der EU-Agentur für Grundrechte

Vom 19. Oktober 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6757
16. Wahlperiode 19. 10. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Rainder Steenblock, Volker Beck (Köln), Omid Nouripour,
Jürgen Trittin und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ausgestaltung der EU-Agentur für Grundrechte

Am 13. Dezember 2003 hat der Europäische Rat der Kommission den Auftrag
erteilt, eine Agentur der Europäischen Union für Grundrechte auf dem Funda-
ment der seit 1998 bestehenden Beobachtungsstelle für „Rassismus und Frem-
denfeindlichkeit“ in Wien zu errichten.

Ein entsprechender Auftrag ist auch in dem von den Staats- und Regierungs-
chefs im November 2004 verabschiedeten „Haager Programm zur Stärkung
von Freiheit, Sicherheit und Recht in der Europäischen Union“ enthalten.

Gemäß Kommission, Bundesregierung sowie Verfassung der Agentur nach
Verordnung (EG) Nr. 168/2007 des Rates ist das Ziel der Grundrechteagentur,
den relevanten Organen, Einrichtungen, Ämtern und Agenturen der Gemein-
schaft und deren Mitgliedern bei der Durchführung des Gemeinschaftsrechts in
Bezug auf die Grundrechte Unterstützung zu gewähren und ihnen Fachkennt-
nisse bereitzustellen, um ihnen die uneingeschränkte Achtung der Grundrechte
zu erleichtern.

Die Agentur sollte ihre Arbeit zum 1. Januar 2007 aufgenommen haben. Dieser
Termin wurde später in den März 2007 verlegt, doch bis heute scheint die
Grundrechteagentur noch nicht arbeitsfähig zu sein.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie beabsichtigt die Bundesregierung ihre Unterrichtungspflichten gemäß
der Vereinbarung zwischen dem Deutschen Bundestag und der Bundesregie-
rung über die Zusammenarbeit in Angelegenheiten der Europäischen Union
(Bundestagsdrucksache 16/2620) hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung
und Organisation der Grundrechteagentur nachzukommen?

2. Warum ist die Bundesregierung ihren Unterrichtungspflichten gemäß der
Vereinbarung zwischen dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung
über die Zusammenarbeit in Angelegenheiten der Europäischen Union
(Bundestagsdrucksache 16/2620) hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung
und Organisation der Grundrechteagentur bisher nicht nachgekommen?
3. In welchem Umfang und Ausmaß existiert die EU-Grundrechteagentur
heute?

4. Wie gestaltet sich die Rekrutierung des Personals für die unterschiedlichen
Gremien sowie des Exekutivausschusses und Wissenschaftlichen Beirats der
EU-Grundrechteagentur im Allgemeinen?

Drucksache 16/6757 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

5. Wer sind die deutschen Vertreter im Verwaltungsrat der Grundrechteagen-
tur?

Ab wann und für welchen Zeitraum sind diese im Verwaltungsrat tätig?

Nach welchem Verfahren hat die Bundesregierung diese ausgewählt?

6. Ab wann wird die Agentur nach Einschätzung der Bundesregierung voll
arbeitsfähig sein?

7. Worin liegen die Schwierigkeiten, die verhindert haben, dass die Agentur
zum anvisierten Termin arbeitsfähig gewesen ist?

8. Was hat die Bundesregierung unternommen als absehbar war, dass die
Agentur ihre Arbeit zum anvisierten Termin nicht wird aufnehmen kön-
nen?

9. Wie gestaltet sich die angekündigte Schaffung der „Grundrechteplattform“
bzw. des NGO-Kooperationsnetzwerkes zur Einbindung der Agentur?

10. Wie schätzt die Bundesregierung den Grund für die Einrichtung der Agen-
tur ein, um welche menschen- und grundrechtlichen Probleme geht es kon-
kret?

11. Welche Rolle kann bzw. sollte die Agentur nach Ansicht der Bundesregie-
rung bei der Überprüfung, ob die Mitgliedstaaten ihre grund- und men-
schenrechtlichen Verpflichtungen aus dem „acquis communitaire“ einhal-
ten und erfüllen, übernehmen?

12. Kann die Agentur nach Einschätzung der Bundesregierung mit ihrem jetzi-
gen Mandat der ihr aufgetragenen Rolle wirklich gerecht werden?

13. Wie beurteilt die Bundesregierung die bisherigen im Entwurf des program-
matischen Mehrjahresplanes der Agentur aufgenommen Themen hinsicht-
lich ihrer Schwerpunktsetzung?

a) Wie endgültig ist dieser Entwurf zum jetzigen Zeitpunkt?

b) Wie flexibel bzw. statisch soll die Themenauswahl des Mehrjahresplanes
grundsätzlich sein, und sind innerhalb seines Zeitrahmens von 5 Jahren
Veränderungen der Themen möglich?

c) Wie sollen diese Themen bearbeitet werden?

14. Wie beurteilt die Bundesregierung die Arbeitsmöglichkeiten der Agentur
angesichts ihres stark eingeschränkten inhaltlichen Mandatsbereichs?

a) Wie schätzt die Bundesregierung die Tatsache ein, dass die Agentur
keine Zuständigkeit für menschenrechtsrelevante Themen im Bereich
der derzeitigen 3. Säule der EU (Polizeiliche und Justizielle Zusammen-
arbeit in Strafsachen) hat, vor allem angesichts des Grundsatzes der
Unteilbarkeit der Grund- und Freiheitsrechte. Und wie kann angesichts
dieser Einschränkung die Agentur sinnvoll zu den Themen Grenzkont-
rollen, Zugang zu Gerichten, Opferentschädigung und Kriminalitätsvor-
beugung arbeiten, die im Entwurf des programmatischen Mehrjahres-
planes als Kernthemen aufgenommen wurden?

b) Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, dass die Agentur sich
nicht mit Menschenrechtsthemen im Zusammenhang mit Anti-Terror-
Maßnahmen wie z. B. dem Problem der „extraordinary renditions“ oder
nationalen Anti-Terror-Gesetzen beschäftigen kann?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6757

15. Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, dass der Mehrjahresplan
bisher keine sozialen Rechte beinhaltet angesichts der europäischen
Grundrechtecharta, durch die erstmals die sozialen Grundrechte zu klassi-
schen Menschenrechten erklärt werden und die damit den eigentlichen his-
torischen Mehrwert gegenüber der EMRK darstellen?

16. Wie schätzt die Bundesregierung die Möglichkeit ein, dass sich nach der
Unterzeichnung des EU-Reformvertrages, der eine Vergemeinschaftung
der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit vorsieht, das Mandat
der Agentur diesbezüglich noch vor 2009 geändert bzw. angepasst wird?

17. Wie schätzt die Bundesregierung grundsätzlich die Bestrebungen und
Möglichkeiten ein, das Mandat der Agentur im Rahmen der angesetzten
Verhandlungen für 2009 zu verändern bzw. auszuweiten?

18. Welche Rolle kann bzw. sollte die Agentur nach Ansicht der Bundesregie-
rung bei der Überprüfung der Implementierung der Menschenrechtsklau-
seln in Partnerschafts- und Assoziationsabkommen übernehmen, ggf. wa-
rum wird eine solche Rolle abgelehnt?

19. Wie ist die Haltung der anderen EU-Mitgliedstaaten zum Mandat der
Agentur?

20. Wie gestaltet sich nach Einschätzung der Bundesregierung die Gewährleis-
tung, dass die Agentur keine Duplizierung der Arbeit anderer Institutionen
der EU, der Mitgliedstaaten, der OSZE oder des Europarates ausführt?

Wie weit ist das Kooperationsabkommen zwischen der Gemeinschaft und
dem Europarat diesbezüglich fertig gestellt?

Berlin, den 19. Oktober 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.