BT-Drucksache 16/671

GmbH-Gründungen beschleunigen und entbürokratisieren

Vom 15. Februar 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/671
16. Wahlperiode 15. 02. 2006

Antrag
der Abgeordneten Mechthild Dyckmans, Birgit Homburger, Hartfrid Wolff (Rems-
Murr), Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Uwe Barth, Rainer
Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Jörg van Essen,
Ulrike Flach, Otto Fricke, Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund
Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen),
Dr. Christel Happach-Kasan, Elke Hoff, Dr. Werner Hoyer, Dr. Heinrich L. Kolb,
Hellmut Königshaus, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle
Laurischk, Harald Leibrecht, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Michael Link
(Heilbronn), Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel,
Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Marina
Schuster, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig
Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker
Wissing, Martin Zeil, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

GmbH-Gründungen beschleunigen und entbürokratisieren

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHs) zählen zu den Säulen der
deutschen mittelständischen Unternehmen. Gesellschaften mit beschränkter
Haftung können nach deutschem Recht zu jedem gesetzlich zulässigen Zweck
gegründet werden. Dies führt zu einer weiten Verbreitung und Anwendung der
Gesellschaftsform der GmbH in den verschiedensten Bereichen. Sie werden
nicht nur zu erwerbswirtschaftlichen, sondern auch zu nichtgewerblichen und
nicht unmittelbar gewinnorientierten und sogar ideellen Zwecken gegründet.

Die Gründung einer GmbH ist in Deutschland zu einem oftmals langwierigen
Verfahren geworden. Die aus dem Jahr 1892 stammende Regelung des § 8 Abs. 1
Nr. 6 GmbHG sieht noch heute vor, dass eine GmbH erst dann in das Handels-
register eingetragen werden kann, wenn dem Registergericht alle staatlichen
Genehmigungsurkunden vorgelegt worden sind, die die GmbH für die Verwirk-
lichung des in ihrer Satzung festgelegten Unternehmensgegenstands nach einer
in Deutschland geltenden Norm des öffentlichen Rechts bedarf. Dies gilt sogar,
wenn nur für einen Teil des Unternehmensgegenstands eine Genehmigung not-

wendig ist. Diese Regelung stellt für die Praxis der Unternehmensgründung oft-
mals einen deutlichen bürokratischen Aufwand dar.

Nach Zahlen, die die Stiftung Marktwirtschaft im Juli 2005 (Argumente zu
Marktwirtschaft und Politik, Nr. 91, S. 5) veröffentlichte, leiden besonders
Unternehmensgründer in Deutschland unter den hohen bürokratischen Hürden,
die der deutsche Gesetzgeber für Unternehmensgründungen aufgestellt hat. Ein
Gründungswilliger muss danach im Durchschnitt mindestens neun behördliche

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Interaktionen in steuer- und arbeitsrechtlich bedingten Angelegenheiten bewälti-
gen. Für diese Angelegenheiten benötigt er durchschnittlich 45 Arbeitstage und
damit fünf Arbeitstage mehr als im Durchschnitt der EU und etwa 40 Tage mehr
als in Großbritannien oder Dänemark. Der Gründungswillige muss darüber hin-
aus noch sonstige staatliche Genehmigungen einholen. Nach den von der Stiftung
Marktwirtschaft veröffentlichten Zahlen muss jeder dritte Unternehmensgründer
zwischen drei und fünf anderweitige staatliche Genehmigungen einholen; zehn
Prozent der Unternehmensgründer benötigen sogar mehr als neun Genehmigun-
gen. Diese bürokratischen Hürden verzögern nicht nur Neugründungen, sondern
schrecken auch potenzielle Unternehmensgründer ab. Nach den veröffentlichten
Zahlen der Stiftung Marktwirtschaft dauerte die Unternehmensgründung wegen
der bürokratischen Hemmnisse bei 42 Prozent aller Gründungen mehr als sechs
Monate länger als geplant. Gerade hinsichtlich des Wettbewerbs der GmbH mit
der britischen Limited sind diese Gründungszeiten nicht mehr akzeptabel.

Solche bürokratischen Schwellen werden durch die Regelung der notwendigen
Vorlage aller erforderlichen Genehmigungen vor Eintragung in das Handelsregis-
ter noch verschärft. Denn die Eintragung verzögert sich so lange, bis alle notwen-
digen Genehmigungen dem Registergericht vorliegen. Das Registergericht kann
vom Gründungswilligen eine Individualisierung des Unternehmensgegenstands
fordern, um eine weitere Genehmigungsbedürftigkeit zu prüfen. Bei Zweifeln an
der Genehmigungsbedürftigkeit kann das Registergericht die Eintragung in das
Handelsregister auch davon abhängig machen, dass der Gründungswillige ein so
genanntes Negativattest der zuständigen Behörde vorlegt, aus dem hervorgeht,
dass er keine Genehmigung benötigt. Weiterhin gibt es Fälle staatlicher Genehmi-
gungen, die erst erteilt werden können, wenn die Eintragung in das Handelsregis-
ter bereits erfolgt ist. Der Gründungswillige muss in solchen Fällen dem Register-
gericht eine so genannte Unbedenklichkeitsbescheinigung der für die Genehmi-
gung zuständigen Behörde vorlegen, um die Eintragung zu erreichen.

Einziger Sinn der Regelung ist zu verhindern, dass eine juristische Person ent-
steht, der im Zeitpunkt der Eintragung die wegen ihres Unternehmensgegenstands
notwendige staatliche Genehmigung fehlt. Alle staatlichen Behörden sind jedoch
auch außerhalb des § 8 Abs. 1 Nr. 6 GmbHG dazu verpflichtet, eine Tätigkeit, die
ohne eine erforderliche Genehmigung betrieben wird zu unterbinden. Wird nach
Eintragung in das Handelsregister die zuvor erteilte Genehmigung widerrufen, hat
dies weder Einfluss auf die Eintragung noch auf den eingetragenen Unterneh-
mensgegenstand. Eine Löschung von Amts wegen ist grundsätzlich nicht gerecht-
fertigt. Selbst eine zu Unrecht erfolgte Eintragung in das Handelsregister bleibt
zunächst bestehen. Die notwendige Genehmigung wird nachgefordert und im
üblichen Genehmigungsverfahren notfalls mit Zwangsgeldern erzwungen. Es gibt
somit keinen Grund, an der Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 6 GmbHG festzuhalten.
Auch nach einer Streichung der Vorschrift bleiben die Verantwortlichen der
GmbH verpflichtet, alle notwendigen Genehmigungen einzuholen.

II. Der Deutsche Bundestags fordert die Bundesregierung auf,

Gründungen von Gesellschaften mit beschränkter Haftung durch Abschaffung
des Erfordernisses der Vorlage staatlicher Genehmigungen nach § 8 Abs. 1 Nr. 6
GmbHG erheblich und nachhaltig zu beschleunigen und von unnötigen bürokra-
tischen Hemmnissen zu befreien; die Streichung der Vorschrift ist in den Gesetz-
entwurf zur grundlegenden Reform des GmbHG aufzunehmen.

Berlin, den 15. Februar 2006

Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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