BT-Drucksache 16/6693

Bürokratische Hemmnisse für deutsche Handwerker in der Schweiz

Vom 10. Oktober 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6693
16. Wahlperiode 10. 10. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Birgit Homburger, Ernst Burgbacher, Martin Zeil, Jens
Ackermann, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Uwe Barth, Rainer Brüderle,
Angelika Brunkhorst, Patrick Döring, Jörg van Essen, Paul K. Friedhoff,
Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann,
Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen), Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff,
Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen
Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke,
Michael Link (Heilbronn), Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke,
Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Cornelia
Pieper, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Marina Schuster, Carl-Ludwig Thiele,
Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff
(Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Bürokratische Hemmnisse für deutsche Handwerker in der Schweiz

Deutsche Unternehmen, die Mitarbeiter zum Arbeiten vorübergehend in die
Schweiz entsenden, klagen über erhebliche Hemmnisse und Auflagen durch die
Anwendung der Bestimmungen des Schweizer Entsendegesetzes durch die zu-
ständigen Behörden in der Schweiz.

Vor allem klagen die Betriebe über fehlende Transparenz im Hinblick auf die
für sie jeweils anwendbaren Vorschriften. Dies gilt speziell für die Gesamt-
arbeitsverträge (GAV). Die Unternehmen vermissen insbesondere Informatio-
nen darüber, welcher GAV zurzeit gilt, welcher GAV für die entsprechende
Tätigkeit anwendbar ist und beklagen den fehlenden Zugang zu den entspre-
chenden Daten. Zudem sei nicht immer klar, welcher Stundenlohn nach dem
GAV zu zahlen ist, da dieser in einigen Fällen nicht im GAV angegeben wird.
Schon bei unabsichtlichen geringen Verstößen müssten die Unternehmen damit
rechnen, dass ihnen Kontrollkosten und hohe Bußen auferlegt werden. Verstöße
gegen die Entsendegesetzbestimmungen, die zu einer rechtskräftigen Sanktio-
nierung des ausländischen Arbeitgebers führen, werden demnach im Internet
veröffentlicht. Weiterhin wird beklagt, deutsche Betriebe würden in zum Teil
nicht nachvollziehbarer Weise mit Rechnungen zu sozialversicherungsrecht-
lichen Ausgleichkassen veranlagt.
Auch die Handwerkskammer fordert Erleichterungen für deutsche Betriebe und
größere Transparenz sowie ein Zahlungsmoratorium für die Betriebe bis zur
Klärung dringender Sachfragen.

Auch die Vereinigung Schweizerischer Unternehmen in Deutschland (VSUD),
die ansonsten andere Interessen vertritt, hat auf die Schwierigkeiten ausländi-
scher Arbeitgeber mit der Anwendung der Schweizerischen Entsendegesetzbe-
stimmungen hingewiesen.

Drucksache 16/6693 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie bewertet die Bundesregierung die 8-tägige Voranmeldefrist für deut-
sche Arbeitnehmer, die in die Schweiz entsandt werden sollen, und wie
wird dies für ausländische Arbeitnehmer insbesondere aus der Schweiz in
der Bundesrepublik Deutschland gehandhabt?

2. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass von der Voranmelde-
frist in Notfällen Ausnahmen möglich sind, aber in den verschiedenen
Kantonen nicht einheitlich beurteilt wird, wann eine „Notfallsituation“
vorliegt, z. B. bei Reparaturaufträgen im Endkundenbereich, und wenn ja,
wie bewertet die Bundesregierung dies?

3. Wie bewertet die Bundesregierung die beklagte Intransparenz im Hinblick
auf die in der Schweiz geltenden minimalen Arbeits- und Beschäftigungs-
bedingungen nach den GAVs?

4. Wie bewertet die Bundesregierung die Problematik, dass die GAVs in der
Schweiz teilweise anderen Branchen zugeordnet werden, als sie es in der
Bundesrepublik Deutschland würden?

5. Unterstützt die Bundesregierung den seitens der VSUD gemachten Vor-
schlag, die Schweiz möge eine zentrale Kontaktstelle einrichten, bei der
die jeweils gültigen GAVs bezogen werden können?

6. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass Schweizer Behörden
zur Kontrolle der Einhaltung von Mindestlohnvorschriften nicht nur Lohn-
unterlagen anfordern, sondern auch weitere Unterlagen einzureichen sind
und in Einzelfällen die Vorlage der abgeschlossenen Werkverträge verlangt
wurde, und wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung dies insbesondere
unter dem Gesichtspunkt der Wahrung von Betriebs- und Geschäftsge-
heimnissen?

7. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass seitens Schweizer
Behörden in anfänglichen Verdachtsfällen auch dann Kontrollkosten ein-
gefordert wurden, wenn sich herausgestellt hat, dass der ausländische
Arbeitgeber alle Entsendebestimmungen eingehalten hat, und wenn ja, wie
bewertet die Bundesregierung dies?

8. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass insbesondere die Ver-
gleichbarkeit der deutschen Löhne mit denen der Schweiz, z. B. infolge
unterschiedlicher Sozialversicherungssysteme und unterschiedlicher Sys-
teme der Sonderzahlungen, nur schwer herzustellen ist, und verschiedene
Kontrollbehörden zudem von unterschiedlichen Berechnungsmodalitäten
ausgehen, und wenn ja, was tut die Bundesregierung, um insoweit Abhilfe
zu schaffen?

9. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass seitens Schweizer
Behörden selbst bei geringen Verstößen teilweise extrem hohe Kontroll-
kosten und Bußen in Rechnung gestellt wurden, und wenn ja, wie bewertet
die Bundesregierung dies unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit?

10. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass Kontrollkosten in der
Schweiz erheblich variieren und die Kriterien, nach denen die Kontrollkos-
ten festgesetzt werden, intransparent sind, und wenn ja, wie bewertet die
Bundesregierung dies?

11. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass es eine Art „Internet-
Pranger“ gibt, in dem selbst kleine Verstöße gegen Entsendebestimmungen
veröffentlicht werden, und wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung
dies?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6693

12. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass Vollzugskosten von
deutschen Arbeitgebern pauschal ohne Berücksichtigung des Umfangs der
Tätigkeit deutscher Unternehmen in der Schweiz erhoben wurden (z. B.
Erhebung des Jahresbetrags auch bei einer Tätigkeit von nur wenigen
Tagen pro Jahr), und wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung dies?

13. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass die Europäische
Kommission schweizerische Entsenderegelungen auf die Vereinbarkeit mit
dem zwischen der Schweiz und der EU geschlossenen Freizügigkeitsab-
kommen prüft oder geprüft hat, und wenn ja, was sind die Ergebnisse, bzw.
bis wann rechnet die Bundesregierung mit der Vorlage der Prüfergebnisse
durch die Europäische Kommission?

14. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung dafür, die genannten
Probleme zu lösen?

15. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung dafür, die Fragen bei-
spielsweise auf der Oberrheinkonferenz oder im Gemischten Ausschuss
nach Artikel 14 des Europäisch-Schweizer Abkommens über Freizügigkeit
zu klären?

16. Hat die Bundesregierung bereits Maßnahmen ergriffen, um die Probleme
zu lösen, und wenn nein, warum nicht?

17. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung bilateral und/oder auf euro-
päischer Ebene zur Lösung der Probleme ergreifen?

18. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung vergleichbare Probleme aus-
ländischer Unternehmen, die Arbeitnehmer nach Deutschland entsenden,
mit deutschen Vorschriften, und wenn ja, wie werden diese Probleme ge-
löst?

Berlin, den 4. Oktober 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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