BT-Drucksache 16/6640

Obligatorische Haftpflichtversicherung für gewerbliche Binnenschiffe beim Transport gefährlicher Güter

Vom 10. Oktober 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6640
16. Wahlperiode 10. 10. 2007

Antrag
der Abgeordneten Patrick Döring, Hans-Michael Goldmann, Horst Friedrich
(Bayreuth), Jan Mücke, Joachim Günther (Plauen), Jens Ackermann, Dr. Karl
Addicks, Christian Ahrendt, Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst
Burgbacher, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Dr. Edmund Peter Geisen,
Miriam Gruß, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer,
Michael Kauch, Hellmut Königshaus, Gudrun Kopp, Heinz Lanfermann, Sibylle
Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt,
Burkhardt Müller-Sönksen, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Cornelia Pieper, Jörg
Rohde, Frank Schäffler, Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Christoph Waitz,
Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle und der
Fraktion der FDP

Obligatorische Haftpflichtversicherung für gewerbliche Binnenschiffe beim
Transport gefährlicher Güter

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Nach geltendem Recht gibt es für auf deutschen Gewässern verkehrende bzw. in
Deutschland registrierte gewerblich genutzte Binnenschiffe keine gesetzliche
Pflicht zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung. Verantwortungsbewusste
Eigner und Verlader legen zwar, insbesondere bei Gefahrguttransporten, Wert
auf eine Haftpflichtversicherung bzw. machen eine solche zur Voraussetzung für
eine Auftragsvergabe. Dennoch kommt es in Einzelfällen zu Havarien, in denen
der Schiffseigner nicht durch eine Haftpflichtversicherung abgesichert ist. Die
Erfüllung der Haftungspflichten kann in diesem Fall den Konkurs des Unterneh-
mens und die Nicht- oder nur Teilerfüllung der Haftungspflichten gegenüber den
Geschädigten bedeuten. Dies kann insbesondere bei größeren Unfällen und Um-
weltschäden für diesen zu Ausfällen in Millionenhöhe führen. Hinzu kommt,
dass gegenwärtig kein Direktanspruch gegen den Versicherer gegeben ist, so
dass selbst im Falle einer bestehenden Versicherung es nicht zu einer Auszah-
lung kommt, wenn das versicherte Unternehmen Konkurs anmelden muss.

Diese Probleme könnten durch die Einführung einer Pflichthaftpflichtversiche-
rung für gewerbliche Binnenschiffe gelöst werden, die nach § 158c des Versi-
cherungsvertragsgesetzes (VVG) auch einen Anspruch des Geschädigten gegen-

über der Versicherung begründet, wenn der Versicherer von der Verpflichtung zur
Leistung dem Versicherungsnehmer gegenüber ganz oder teilweise frei ist.

Durch einen nationalen Rechtsakt zur Schaffung einer Pflichthaftpflichtversi-
cherung ist dieses Problem allein allerdings nur bedingt zu beheben. Zum einen,
da eine große Zahl der auf deutschen Wasserstraßen verkehrenden gewerblichen
Binnenschiffe unter ausländischer Flagge verkehren und von dieser Vorschrift

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zumindest im Geltungsbereich internationaler Abkommen nicht erfasst würden,
zum anderen, weil eine einseitige Regelung für deutsche Unternehmen einen
Kostennachteil bedeuten würde.

Aus diesem Grund gab es in den vergangenen Jahren bereits verschiedene Vor-
schläge, um dieses Problem im Zuge einer Harmonisierung von Haftungsrege-
lungen in der gewerblichen Binnenschifffahrt im Rahmen internationaler Ab-
kommen zu lösen. So hat die UN-Wirtschaftskommission für Europa (UNECE)
eine Konvention erarbeitet (Convention on Civil Liability for Damage Caused
During Carriage of Dangerous Goods by Road, Rail and Inland Navigation
Vessel, CRTD), die auch die Schaffung einer Pflichtversicherung beim Trans-
port gefährlicher Güter vorsah. Allerdings wurde die Konvention bisher nur von
Marokko und Deutschland ratifiziert und wird nach Einschätzung der Zentral-
kommission für die Rheinschifffahrt mangels weiterer Unterstützung vermutlich
nicht in Kraft treten.

Ein weiterer Entwurf zu einem Europäischen Übereinkommen über die Haftung
und Entschädigung für Schäden bei der Beförderung schädlicher und gefähr-
licher Stoffe auf Binnenwasserstraßen (CRDNI), der 2001 durch die Verbände
der Binnenschifffahrtsunternehmen und der Versicherungswirtschaft (Interna-
tionale Vereinigung zur Wahrnehmung der gemeinsamen Interessen der Binnen-
schifffahrt und der Versicherung und zur Führung des Binnenschiffsregisters in
Europa (IVR), Verein für europäische Binnenschifffahrt und Wasserstraßen e. V.
(VBW)) vorgelegt wurde, bot einen weiteren viel versprechenden Ansatz zur
Schaffung einer Pflichthaftpflichtversicherung bei der Beförderung schädlicher
und gefährlicher Stoffe auf Binnenwasserstraßen. Die weitere Behandlung des
Entwurfes im Rahmen diplomatischer Kontakte unter dem Dach der Zentral-
kommission für Rheinschifffahrt (ZKR) blieb jedoch ohne Ergebnis. Auch ein
Appell des europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses aus dem Jahr 2004
(2004/C 10/13), ein solides und rechtlich ausgewogenes internationales Über-
einkommen über die Haftung für Schäden und/oder Ladungsverlust beim Trans-
port schädlicher Stoffe auf Binnenwasserstraßen auf der Grundlage der CRDNI
zu entwickeln, blieb bisher ohne Folge.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. sich für die Harmonisierung der Regelungen zur Haftung und Entschädigung
für Schäden bei der Beförderung schädlicher und gefährlicher Stoffe auf
Binnenwasserstraßen durch gewerbliche Binnenschiffe auf Grundlage der
CRDNI im Rahmen bestehender internationaler Abkommen (Mannheimer
Akte, Budapester Übereinkunft) einzusetzen;

2. sich dabei an den Grundprinzipien der CRDNI zu orientieren:
● Kanalisierung der Haftung,
● verschuldensunabhängige Haftung,
● Versicherungspflicht;

3. sofern eine solche Regelung im Rahmen bestehender Abkommen nicht zu er-
reichen ist, eine europäische Regelung anzustreben;

4. zu prüfen, ob und inwieweit vergleichbare Regelungen auch bei der Beförde-
rung nichtschädlicher und ungefährlicher Stoffe auf Binnenwasserstraßen
durch gewerbliche Binnenschiffe erstrebenswert sind;

5. dem Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung des Deutschen Bun-
destages über die Umsetzung dieses Beschlusses zu berichten.

Berlin, den 27. September 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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