BT-Drucksache 16/659

Der Informationsfreiheit durch transparente und niedrige Gebühren zum Durchbruch verhelfen

Vom 15. Februar 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/659
16. Wahlperiode 15. 02. 2006

Antrag
der Abgeordneten Gisela Piltz, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Christian
Ahrendt, Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher,
Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke,
Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen,
Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel
Happach-Kasan, Elke Hoff, Dr. Werner Hoyer, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp,
Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger, Michael Link (Heilbronn), Horst Meierhofer, Patrick
Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim
Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Marina
Schuster, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner,
Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Volker Wissing, Martin Zeil, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Der Informationsfreiheit durch transparente und niedrige Gebühren zum
Durchbruch verhelfen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Am 1. Januar 2006 trat das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG) in
Kraft. Am 6. Januar 2006 wurde die Verordnung über die Gebühren und Aus-
lagen nach dem IFG (Informationsgebührenverordnung – IFGGebV) im Bun-
desgesetzblatt veröffentlicht. Mündliche und einfache schriftliche Auskünfte
sind demnach gebührenfrei. Für die Erteilung einer schriftlichen Auskunft
können Gebühren bis zu 500 Euro erhoben werden. Die Herausgabe von
Akten kann noch einmal mit demselben Betrag zu Buche schlagen. Hinzu
kommen Kosten für Auslagen, z. B. fünf Euro für eine einfache Farbkopie.
Nach einem Bericht von heise online vom 2. Februar 2006 schließt die erste
Gebührenfestsetzung des Auswärtigen Amts vom 31. Januar 2006 mit einem
Betrag von 107,20 Euro ab, davon 106,80 für die Amtshandlung und
0,40 Euro Auslagen für vier Kopien. Vom Antragsteller angefordert worden
war laut Bericht ein Erlass des Auswärtigen Amts an die Visa-Stellen vom
22. November 2005 mit dem Aktenzeichen 508-1-516.20. Erteilt werden

sollte die gewünschte Information angeblich nur gegen Vorkasse. Zwar hat
das Auswärtige Amt inzwischen dem Widerspruch des Antragstellers stattge-
geben und den Gebührenbescheid auf 15,40 Euro reduziert, doch zeigt das
Beispiel deutlich, dass bezüglich des in der IFGGebV vorgegebenen Gebüh-
renrahmens bislang in der Verwaltungspraxis klare Leitlinien fehlen und
offensichtlich auch bei den Rechtsanwendern in den Behörden große Unsi-
cherheit herrscht.

Drucksache 16/659 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
2. Das IFG kann nur dann seinen Beitrag zu mehr Transparenz der staatlichen
Verwaltung, zu einem steigenden Vertrauen zwischen Bürgerinnen und Bür-
gern einerseits und dem Staat andererseits sowie zu Korruptionsbekämpfung
und schließlich zu mehr Demokratie leisten, wenn die Gebühren die Bürgerin-
nen und Bürger nicht davon abhalten, Anträge auf Information zu stellen. Eine
Gebührenordnung, die zu unverhältnismäßigen Kosten führt, wirkt kontra-
produktiv gegenüber den Zielen des Gesetzes.

3. Die notwendige Transparenz der Verwaltung, die das IFG schaffen soll, muss
gerade im Zusammenhang mit der Festsetzung der Gebühren nach der IFG-
GebV gelten. Für die Bürgerinnen und Bürger muss absehbar sein, welche
Kosten auf sie zukommen, wenn sie von ihrem Recht auf Information Ge-
brauch machen. Die Bürgerinnen und Bürger müssen wirksam vor der Erhe-
bung unangemessen hoher Gebühren geschützt werden. Der vom Europäi-
schen Gerichtshof im Urteil vom 9. September 1999 zur Umsetzung der Um-
weltinformationsrichtlinie, Ziffer 38 bis 54, aufgestellte Grundsatz, dass die
Gebühren eine angemessene Höhe nicht überschreiten und nicht abschre-
ckend sein dürfen, also nicht dazu führen dürfen, dass das Recht auf Aktenein-
sicht und Aktenauskunft aus finanziellen Gründen nicht wahrgenommen wer-
den kann, muss konsequent beachtet werden.

4. Es darf nicht sein, dass die durch das IFG verpflichtete Verwaltung die Gebüh-
renfestsetzung so einsetzt, dass das Informationsfreiheitsrecht der Bürgerin-
nen und Bürger unterlaufen wird. Vielmehr ist es notwendig, dass die Verwal-
tung des Bundes das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an ihrem Handeln
als Auftrag zu mehr Transparenz und Bürgernähe begreift und zugleich mit
aller Kraft daran mitwirkt, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in eine
rechtsstaatliche und effiziente Verwaltung dadurch zu stärken, dass Informati-
onsanträge zügig, kompetent und im Sinne der Bürgerinnen und Bürger bear-
beitet werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. zur IFGGebV eine Verwaltungsvorschrift für alle Bundesbehörden, die durch
das IFG verpflichtet sind, zu erlassen und diese zu veröffentlichen, die kon-
kretisierende Kriterien für die Ermessensausübung bei der Festsetzung der
Gebühren enthält, damit für die Antrag stellenden Bürgerinnen und Bürger
absehbar und nachvollziehbar wird, welche Kosten anfallen, wobei insbeson-
dere enthalten sein muss:

a) die Festlegung, dass die Gebühren in der Regel nicht im Wege der Vor-
kasse, sondern nach Erteilung der gewünschten Information erhoben wer-
den und

b) durch bewusst niedrige Kosten die Schwelle für den Informationszugang
zu senken und die Bürgerinnen und Bürger darin zu unterstützen, aktiv In-
teresse am Verwaltungshandeln zu entwickeln und damit einen Beitrag zu
mehr Transparenz und einem steigenden Vertrauen zwischen Bürgerinnen
und Bürgern einerseits und dem Staat andererseits zu leisten;

2. die Bundesverwaltung über die Anwendung des IFG zu informieren und ge-
gebenenfalls zu schulen, mit dem Ziel, eine bürgerfreundliche, zügige und
vertrauensvolle Bearbeitung von Informationsanträgen zu gewährleisten.

Berlin, den 15. Februar 2006

Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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