BT-Drucksache 16/6478

Schulische Begabtenförderung in Deutschland

Vom 19. September 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6478
16. Wahlperiode 19. 09. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Patrick Meinhardt, Uwe Barth, Cornelia Pieper, Dr. Karl Addicks,
Christian Ahrendt, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst,
Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Ulrike
Flach, Otto Fricke, Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund
Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen),
Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger,
Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz
Lanfermann, Sibylle Laurischk, Michael Link (Heilbronn), Markus Löning, Horst
Meierhofer, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt), Detlef Parr, Jörg Rohde, Marina Schuster, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer
Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia
Winterstein, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Martin Zeil, Dr. Guido
Westerwelle und der Fraktion der FDP

Schulische Begabtenförderung in Deutschland

Im Zuge der Föderalismusreform sind dem Bund weitreichende Kompetenzen
für den Bereich der Bildungsforschung zugesprochen worden. Die Auseinander-
setzung mit Fragen eines optimierten Umgangs mit Begabungen, die Analyse
der Fördersysteme der Länder, sowie die Darstellung der erfolgreichen Konzep-
te und die Offenlegung der vorhandenen Schwachstellen im föderalen Kontext
gehören nun zu den bildungspolitischen Kernaufgaben der Bundesregierung.

Es gehört zu den staatlichen Aufgaben dafür zu sorgen, dass jedem Kind zur
optimalen Entfaltung seiner individuellen Persönlichkeit verholfen wird. Unter-
richt und Erziehung sollen sich dabei nicht alleine auf die pure Wissensvermitt-
lung beschränken, sondern auch die Interessen und Fähigkeiten, die Kreativität
und Fantasie, soziale Verhaltensweisen, sowie die Leistungsbereitschaft der
Schülerinnen und Schüler unterstützen. Die gezielte Förderung von Begabungen
fällt ebenso in dieses Aufgabenspektrum. So können Schülerinnen und Schüler
die besondere Chance nutzen, die sich aus der vorhandenen Veranlagung ergibt.

Begabung ist als eine Disposition für herausragende Leistungen zu verstehen,
nicht die Hochleistung selber. Damit sich Hochleistung entfalten kann bedarf es
neben überdurchschnittlichen Fähigkeiten auf einem oder mehreren Gebieten

einer gewissen Kreativität als auch einer guten Motivationslage. Ohne Unter-
stützung von außen gelingt dies nur selten. So ist es die Aufgabe der Umwelt
(Familie, Kindergarten, Schule, weiteres Umfeld) Bedingungen zu schaffen, in
denen besonders begabte Kinder und Jugendliche sich entsprechend entwickeln
können.

Drucksache 16/6478 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Zur Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen Begabungen bis
hin zur kognitiven Hochbegabung werden seitens der Länder Fördermaßnahmen
angeboten. Neben den dringend erforderlichen Maßnahmen zur Schulung von
Lehrkräften und Erziehern zur Diagnostizierung von (Hoch-)Begabungen und
der sachgerechten Förderung wurden auch strukturelle Änderungen im Bereich
des Schulwesens zur Verbesserung der Situation von begabten Schülerinnen und
Schüler vorgenommen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Sieht die Bundesregierung die Befassung mit der Frage der Ausgestaltung
der Begabtenförderung als einen Aspekt und Bestandteil der Bildungsfor-
schung?

2. Wie beurteilt die Bundesregierung die momentane Situation begabter und
hochbegabter Schülerinnen und Schüler in Deutschland?

3. Wie hat sich die Situation für begabte und hochbegabte Schülerinnen und
Schüler in den letzten Jahren verbessert?

4. Welche konkreten Beschlüsse haben Bund und Länder in den letzten fünf
Jahren getroffen, um die Förderbedingungen für Begabte und Hochbegabte
zu optimieren?

5. Inwiefern bleibt derzeit immer noch ein großer Teil der Begabungen von
Schülerinnen und Schülern aufgrund der unzureichend entwickelten diag-
nostischen Fähigkeiten in Kitas und Schulen weiterhin unentdeckt, und wel-
che Konsequenzen birgt dies für die betroffenen Kinder und Jugendliche?

6. Auf welche Weise sichern die einzelnen Bundesländer die Diagnosefähig-
keit der Lehrkräfte in Bezug auf Hochbegabung?

7. In welchem Maße berücksichtigen die Hochschulen die Vermittlung von
Kompetenzen im Bereich der Begabtenförderung im Rahmen der Lehrer-
ausbildung?

8. Inwiefern halten die einzelnen Länder Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen
zur Sicherung der Diagnosefähigkeit von Lehrkräften vor, und mit welchen
Einrichtungen arbeiten sie diesbezüglich zusammen?

9. Welche dieser Maßnahmen zur Förderung hochbegabter Schülerinnen und
Schüler sind in welchen Bundesländern umgesetzt worden

a) Vorzeitiges Einschulen,

b) Flexibilisierung des Schuldurchlaufs („Überspringen“),

c) Teilnahme am Unterricht in der nächsthöheren Klassenstufe,

d) Teilnahme an Hochschulveranstaltungen während oder außerhalb der
Unterrichtszeit und Erwerb von Scheinen,

e) Unterricht in sog. Schnellläuferzügen der Gymnasien und Abitur nach
11 Jahren,

f) Förderung in Begabtengruppen an Grundschulen,

g) Förderung von besonders begabten Schülerinnen und Schülern während
der Sommerferien (z. B. an Sommerakademien),

h) Gründung von Begabtenschulen oder Begabtenzentren,

i) Zusätzliche Fördermaßnahmen.

10. In welcher Weise fördern die Bundesländer ein vertieftes Lernen der (hoch-)

begabten Schülerpopulation durch vertieftes Lernen („enrichment“)?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6478

11. Welche Modelle für die Förderung von besonders begabten Schülerinnen
und Schülern existieren, haben sich besonders bewährt, und inwieweit ist
eine besondere Didaktik erforderlich, sofern Schulzeiten verkürzt und der
Stoff konzentriert vermittelt werden?

12. In welcher Weise ist die schulpsychologische Beratung auf Länderebene zur
Stärkung des Erkennens und der Förderung von Hochbegabung ausgebaut
und qualifiziert worden?

13. Wie hoch ist in den jeweiligen Bundesländern der Anteil der Schulpsycho-
logen pro Schüler?

14. In welcher Höhe stellen die jeweiligen Bundesländer gesondert Mittel für
die gezielte Förderung von Schülerinnen und Schüler mit (Hoch-)Begabung
bereit?

Wie hat sich die Höhe der bereitgestellten Mittel in den letzten Jahren ent-
wickelt?

15. Wie haben sich die Teilnahmezahlen an den Wettbewerben zur Begabten-
förderung mit sprachlicher, mathematisch-naturwissenschaftlicher, musisch-
künstlerischer und den psychomotorisch-sportlicher Schwerpunktsetzung
entwickelt?

Wie bewertet die Bundesregierung diese Entwicklung?

16. Wie stellt sich Teilnahmehäufigkeit an den Wettbewerben zur Begabten-
förderung je nach Herkunftsbundesland, Geschlecht und Alter dar?

17. Durch welche wesentlichen Wettbewerbe zur Begabtenförderung werden
die Bundeswettbewerbe ergänzt?

18. Durch welche Maßnahmen unterstützt die Bundesregierung Forschungsvor-
haben zur Verbesserung der Begabtenförderung?

19. Um welche Forschungsvorhaben handelt es sich hierbei, und wo sind diese
angesiedelt?

20. Was sind die wesentlichen Erkenntnisse, die aus der Forschungstätigkeit der
letzten Jahre gewonnen werden konnten, und welche Chance sieht die Bun-
desregierung, diese nutzbringend in das Bildungssystem zu übertragen?

21. Welche wesentlichen Beratungsmöglichkeiten für Eltern finden sich, und
welche Gesellschaften mit Bezug zur (Hoch-)Begabtenförderung bieten Be-
troffenen Unterstützung an?

22. Bewertet die Bundesregierung die bislang getroffenen Maßnahmen zur Ver-
besserung der Situation von (hoch-)begabten Schülerinnen und Schülern als
genügend, und wie gedenkt sie die Förderung der Leistungseliten in der
Schule weiter zu unterstützen?

Berlin, den 19. September 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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