BT-Drucksache 16/6468

Klimapolitische Wirksamkeit und Kostenbelastung der Wirtschaft und Verbraucher durch das Energie- und Klimaschutzprogramm der Bundesregierung

Vom 19. September 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6468
16. Wahlperiode 19. 09. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Gudrun Kopp, Michael Kauch, Angelika Brunkhorst,
Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, Daniel Bahr (Münster), Uwe Barth,
Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Jörg van Essen, Ulrike Flach,
Otto Fricke, Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter
Geisen, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen),
Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger,
Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin,
Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Michael Link (Heilbronn),
Markus Löning, Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-
Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper,
Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner,
Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle
und der Fraktion der FDP

Klimapolitische Wirksamkeit und Kostenbelastung der Wirtschaft und
Verbraucher durch das Energie- und Klimaschutzprogramm der Bundesregierung

Das am ambitionierten Ziel einer 40-prozentigen Reduzierung der CO2-Emissi-
onen bis zum Jahr 2020 orientierte „Integrierte Energie- und Klimaprogramm“
der Bundesregierung hat weitreichende Folgen für Wirtschaft und Verbraucher.
Bevor aber langfristige Weichenstellungen mit Wirkung für die gesamte Volks-
wirtschaft getroffen werden, hat die Bundesregierung darüber zu informieren,
welche Kosten auf die öffentlichen Haushalte, die Wirtschaft und den Verbrau-
cher zukommen werden.

Die Eckpunkte werden diesem Anspruch nicht gerecht. Sie verzichten auf jeg-
liche Transparenz hinsichtlich der Belastungen für Wirtschaft und Verbraucher,
die mit den jeweiligen Maßnahmen verbunden sein werden. Auch die Kosten-
effizienz bezogen auf die Vermeidung von CO2-Emissionen kann für die einzel-
nen Umsetzungsinstrumente nicht beurteilt werden. Eine Energie- und Klima-
schutzpolitik ohne verlässliche Aussagen über die finanziellen und strukturellen
Konsequenzen der vorgeschlagenen Maßnahmen ist jedoch unseriös. Bisher be-
kannt gewordene Kostenschätzungen aus Klimagutachten und Aussagen der

Ressorts differieren in erheblichem Umfang. Zwar sind den ausgelösten Brutto-
belastungen die durch die betreffenden Maßnahmen jeweils gegenüberstehen-
den potenziellen und tatsächlichen Kosteneinsparungen gegenüberzustellen,
wenn beispielsweise der individuelle Bedarf an fossilen Brennstoffen (insb.
Heizöl) infolge von Energiesparmaßnahmen abnimmt. Dennoch steht zu be-
fürchten, dass per saldo erhebliche Steigerungen sowohl bei den Energiepreisen
als auch bei den Kosten für Neubauten und Altbausanierungsmaßnahmen sowie

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im Produktbereich zu erwarten sind. Darüber hinaus dürfte der Verwaltungsauf-
wand bei einigen der angekündigten Maßnahmen erheblich sein und zu dem Ziel
des Bürokratieabbaus im Konflikt stehen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wann beabsichtigt die Bundesregierung für das „Integrierte Energie- und
Klimaprogramm“ eine detaillierte Folgenabschätzung vorzulegen?

2. Beabsichtigt die Bundesregierung das Parlament regelmäßig über die Um-
setzung des Programms und die Ergebnisse des angekündigten Monitorings
hinsichtlich der Wirksamkeit und Kosteneffizienz der geplanten Maßnah-
men zu informieren?

3. Auf welche Einzelmaßnahmen und Ressorts entfallen die in Nummer 8 der
Einleitung der Eckpunkte genannten Bundesmittel von 2,6 Mrd. Euro für
den Klimaschutz im Haushaltsjahr 2008 und welche Ansätze sind für die
nächsten Haushaltsjahre geplant?

4. Sind die geschätzten Erlöse aus der Teilversteigerung von Treibhausgas-
emissionszertifikaten im Rahmen der zweiten Emissionshandelsperiode
hierin enthalten?

5. Welche geschätzten Kosten werden jeweils durch die geplanten Einzelmaß-
nahmen für private und öffentliche Haushalte entstehen und sind die Kosten
für den Vollzug und die Überwachung dieser Maßnahmen darin enthalten?

6. Welche Einsparungen an Energie stehen den unter Nummer 5 genannten
Kosten gegenüber und welche Preisgrundlage bzw. welche Prämissen lie-
gen der Vorteilsberechnung zugrunde?

7. In welchem Umfang könnten – vor dem Hintergrund der Strompreise an der
EEX im Jahr 2006 – die Zahlungen der Netzbetreiber der Einspeisevergü-
tung für Windstrom gesenkt werden, wenn den Betreibern von Windener-
gieanlagen die direkte Vermarktung der erzeugten Windenergie über die
Börse (EEX) möglich wäre und nur noch die Differenz zum Börsenpreis er-
stattet würde?

8. Wie viele Tonnen CO2 konnten durch erneuerbare Energien im Jahr 2006 in
der Stromerzeugung vermieden werden und mit welchem Eurobetrag wurde
jeweils eine vermiedene Tonne CO2 je Erzeugungsart (Windenergie, Photo-
voltaik, Biomasse) über Einspeisevergütungen subventioniert?

9. Welche elektrische Leistung war 2006 in den Bereichen Windenergie,
Photovoltaik und Biomasse installiert?

10. Wie lange muss eine Anlage im Volllastbetrieb durchschnittlich laufen, um
die für den Bau, die Brennstoffgewinnung, die Entsorgung etc. aufgewen-
dete Energie zu erzeugen, differenziert nach den verschiedenen Verfahren
der Energiegewinnung in Deutschland aus Atomkraft, Kohle, Wasser,
Windkraft, Photovoltaik, Biomasse?

11. Welche Kosteneffizienz in vermiedener Tonne CO2/Euro wird für die För-
derung der Off-shore-Windenergie geschätzt?

12. Beabsichtigt die Bundesregierung, sich nach 2012 auf europäischer Ebene
für eine möglichst vollständige Versteigerung der Emissionsrechte einzuset-
zen, und wenn nein, weshalb nicht?

13. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass eine vollständige Verstei-
gerung der Emissionsrechte dazu führt, dass jeder Anlagenbetreiber prinzi-
piell selbst darüber entscheiden kann, wie viele Emissionsrechte er erstei-

gern möchte, und dass also eine individuelle „Obergrenze“ für maximal
zulässige Emissionen unter dieser Voraussetzung dann also nicht existiert?

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14. Wie ist vor diesem Hintergrund die Formulierung in den „Eckpunkten für
ein integriertes Energie- und Klimaprogramm“ zu verstehen, wonach Anla-
genbetreiber Emissionsrechte „zukaufen“ könnten, um „ihre Obergrenzen
nicht zu überschreiten“?

15. Trifft es nach Einschätzung der Bundesregierung zu, dass die prinzipiellen
Effizienzvorteile der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) vor allem unter der
Voraussetzung und in dem Ausmaß wirksam werden, in dem die bei der
Stromerzeugung entstehende Wärme genutzt werden kann, und dass die
potenziellen Vorteile der KWK also vom Wärmebedarf abhängen?

16. Welchen Anteil machen Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung (in Prozent)
an den verschiedenen Verfahren der Stromerzeugung aus, in denen Kraft-
Wärme-Kopplung eingesetzt wird?

17. Mit welchen Anlagentypen dezentral/zentral und welchen Energieträgern
wird sich nach Einschätzung der Bundesregierung die angestrebte Verdop-
pelung des KWK-Anteils am ehesten erreichen lassen?

18. Welche konkreten technischen Verfahren hat die Bundesregierung vor
Augen, wenn sie unter dem Punkt „Ausbau der Erneuerbaren Energien im
Strombereich“ als Maßnahme die „Schaffung von Speichern für fluktuie-
rende Stromeinspeisungen“ aufführt?

19. Wie, von wem und auf wessen Rechnung sollen derartige Speicher „ge-
schaffen“ werden?

20. Welche konkreten Maßnahmen und Aktivitäten hat die Bundesregierung
vor Augen, wenn sie unter dem Punkt „Förderprogramme für Klimaschutz
und Energieeffizienz (außerhalb von Gebäuden)“ als Maßnahmen anführt:
„Weitere nationale Klimaschutzprojekte (BMU)“ sowie „Klimaschutz inter-
national“ mit den dort genannten Stichworten, beispielsweise die „Anpas-
sungsstrategien (BMU)“?

21. Was unterscheidet die an dieser Stelle genannten „Anpassungsstrategien“
von den sonstigen in dem Programm genannten Maßnahmen?

22. Weshalb werden unter dem Punkt „Energetische Modernisierung der sozia-
len Infrastruktur“ keinerlei „Maßnahmen“ aufgeführt, und mit Hilfe wel-
cher konkreten Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung das an dieser
Stelle genannte Ziel zu realisieren?

23. Welche der im „Integrierten Energie- und Klimaprogramm der Bundesre-
gierung“ aufgeführten Maßnahmen sind noch nicht als Absichtserklärung
im Koalitionsvertrag der Regierungsfraktionen vom November 2005 er-
wähnt und in genau welcher Hinsicht unterscheiden sich die Ankündigun-
gen im „Integrierten Energie- und Klimaprogramm“ von den im Koalitions-
vertrag angekündigten Maßnahmen, beispielsweise im Hinblick auf die
Themenbereiche „Kraft-Wärme-Kopplung“, Ausbau erneuerbarer Ener-
gien“, „Biokraftstoffe“, „regeneratives Wärmenutzungsgesetz“, „Gebäude-
sanierung“ und „CO2-basierte Kfz-Steuer“?

24. Was genau meint die Bundesregierung, wenn unter dem Punkt „Einführung
moderner Energiemanagementsysteme“ angekündigt wird, es solle „mit der
deutschen Wirtschaft eine Vereinbarung über die Kopplung von Steuer-
ermäßigungen an die Einführung eines Energiemanagements getroffen
werden“?

25. Soll die Einführung eines Energiemanagements künftig notwendige Voraus-
setzung für die Gewährung von Steuerermäßigungen sein?

26. Ist mit der vorgenannten Maßnahme gemeint, dass die Bundesregierung

eine freiwillige Selbstverpflichtung in diesem Sinne anstrebt, und wenn ja,

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mit konkret welchen Wirtschaftsvereinigungen soll eine solche Selbstver-
pflichtung angestrebt werden?

27. Wie hoch schätzt die Bundesregierung den Verwaltungsaufwand für die un-
ter dem Punkt „Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz“ angekündigten Aus-
nahmeregelungen und Einschränkungen, und wie verhalten sich diese zu
dem Ziel des Bürokratieabbaus?

28. Für welche Zwecke und in welcher Höhe werden auf Grundlage des Kabi-
nettbeschlusses in Meseberg zusätzliche Mittel für klimarelevante For-
schung und Technologieförderung bereitgestellt?

Berlin, den 19. September 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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