BT-Drucksache 16/6387

Initiative für faire Praktika

Vom 17. September 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6387
16. Wahlperiode 17. 09. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Kai Gehring, Katrin Göring-Eckardt, Krista Sager, Priska Hinz
(Herborn), Ekin Deligöz, Grietje Bettin, Britta Haßelmann und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Initiativen für faire Praktika

Vorbemerkung der Fragesteller:

Am 26. März 2007 hat der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags eine
öffentliche Anhörung zum Thema „Generation Praktikum“ durchgeführt. An-
lass waren zwei Petitionen zu diesem Gegenstand, die zusammen weit über
100 000 Personen unterstützt haben. Die Bundesregierung – vertreten durch den
Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), Rudolf
Anzinger, und dem Parlamentarischen Staatssekretär bei der Bundesministerin
für Bildung und Forschung (BMBF), Andreas Storm, – hat in der Anhörung da-
rauf verwiesen, dass sich ein konkreter Handlungsbedarf für faire Praktika trotz
der hohen Zahl an Petitions-Unterstützerinnen und Unterstützern erst bewerten
ließe, sobald eine empirische Untersuchung der Hochschul-Informationssystem
(HIS) GmbH zum Phänomen der „Generation Praktikum“ vorliege.

Die betreffende Studie liegt seit April 2007 vor. Auch Monate nach der Präsen-
tation der HIS-Studie hat die Bundesregierung auf der Grundlage der vorliegen-
den Daten keine Initiativen für faire Mindeststandards in Praktika ergriffen, mit
denen Praktikantinnen und Praktikanten vor Ausnutzung besser geschützt wer-
den könnten (siehe auch die Antwort auf Frage 22 des Abgeordneten Kai Geh-
ring in der Fragestunde des Deutschen Bundestags am 4. Juli 2007 (Plenarpro-
tokoll 16/107, Anlage 9)). Stattdessen hat die Bundesregierung eine weitere
Studie in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse sie für Spätherbst 2007 erwartet.

Am 4. September 2007 hat die Kommission der Europäischen Union angekün-
digt, im kommenden Jahr eine „Initiative für eine europäische Qualitätscharta
für Praktika“ vorzuschlagen (KOM(2007) 498 endg). In ihrer Mitteilung be-
zeichnet die Kommission Praktika als ein wichtiges Instrument, „sofern sie mit
dem Ausbildungs- und Studienplan verknüpft sind“, spricht sich jedoch deutlich
dafür aus, „Praktika mit geringem oder ohne Entgelt“ und mit „begrenztem Wei-
terbildungswert“ zu vermeiden (S. 6). Die Kommission stellt fest: „Die Mitglied-
staaten sollten dafür sorgen, dass Praktika angemessen definiert werden“. Dane-
ben ersucht die Kommission die Mitgliedstaaten, „Praktika mit einer engen

Verbindung zu Berufsbildungs- oder Studiencurricula zu fördern und einen pas-
senden Rahmen dafür festzulegen“ (S. 8).

Drucksache 16/6387 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

I. Konsequenzen aus der Anhörung

1. Zu welchen Erkenntnissen führte die Anhörung des Petitionsausschusses
vom 26. März 2007 nach Ansicht der Bundesregierung und welche Konse-
quenzen zieht die Bundesregierung daraus?

2. Sind sich das BMBF und das BMAS darin einig, gesetzliche Klarstellungen
zum Schutz von Praktikantinnen und Praktikanten zu entwickeln?

3. Plant die Bundesregierung, konkrete Maßnahmen und Initiativen für faire
Praktika und gegen die Ausnutzung von Praktikantinnen und Praktikanten
zu ergreifen?

a) Falls ja, welche, und bis wann?

b) Falls nein, warum nicht?

II. Konsequenzen aus der HIS-Studie

4. Wie bewertet die Bundesregierung das Ergebnis der HIS-Studie, dass sich
20 Prozent der Hochschulabsolventinnen und -absolventen in Praktika aus-
genutzt fühlen, und welche Konsequenzen zieht sie daraus?

5. Wie bewertet die Bundesregierung das Ergebnis der HIS-Studie, dass die
Hälfte der Praktika von Hochschulabsolventinnen und -absolventen mehr
als drei Monate dauert, und welche Konsequenzen zieht sie daraus?

6. Wie bewertet die Bundesregierung das Ergebnis der HIS-Studie, dass jeder
dritte Universitätsabsolvent und jeder zweite Fachhochschulabsolvent Prak-
tika nur aus dem Grund absolviert, einer andernfalls drohenden Arbeits-
losigkeit zu entgehen, und welche Konsequenzen zieht sie daraus?

Wie bewertet die Bundesregierung die daraus resultierende Gefahr, dass
Unternehmen die Notlage von Absolventinnen und Absolventen ausnutzen?

7. Wie bewertet die Bundesregierung das Ergebnis der HIS-Studie, dass
34 Prozent der Universitätsabsolventinnen und -absolventen in Praktika
überhaupt nicht bezahlt werden und ein weiteres Drittel die Entlohnung als
schlecht oder sehr schlecht bezeichnet, und welche Konsequenzen zieht sie
daraus?

8. Welche konkreten Erkenntnisse, die über die Ergebnisse die HIS-Studie
hinausgehen, erhofft sich die Bundesregierung von der für Spätherbst ange-
kündigten Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin,
und inwiefern sind diese Erkenntnisse essentiell für Initiativen der Bundes-
regierung für faire Praktika?

9. Wann und durch wen wurde die Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz
und Arbeitsmedizin beauftragt, und wann genau werden ihre Ergebnisse der
Öffentlichkeit präsentiert?

III. Konsequenzen aus der KOM-Mitteilung

10. Wie bewertet die Bundesregierung das Vorhaben der Kommission der
Europäischen Union, im Jahr 2008 eine „Initiative für eine europäische
Qualitätscharta für Praktika“ vorzuschlagen, und welche Konsequenzen
zieht sie daraus?

11. Wie bewertet die Bundesregierung die Empfehlung der Kommission, Prak-
tika mit geringem oder ohne Entgelt sowie mit begrenztem Weiterbildungs-
wert zu vermeiden, und welche Konsequenzen zieht sie daraus?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6387

12. Wie bewertet die Bundesregierung die Empfehlung der Kommission, Prak-
tika angemessen zu definieren, und welche Konsequenzen zieht sie für das
Berufsbildungsgesetz und das Arbeitsrecht daraus?

13. Unterstützt die Bundesregierung die Empfehlung, Praktika mit einer engen
Verbindung zu Berufsbildungs- oder Studiencurricula zu fördern und dafür
einen passenden Rahmen festzulegen?

a) Falls ja, wie, und bis wann?

b) Falls nein, warum nicht?

Berlin, den 17. September 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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