BT-Drucksache 16/6344

Ankündigung eines "Freiwilligen technischen Jahres"

Vom 11. September 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6344
16. Wahlperiode 11. 09. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Kai Gehring, Priska Hinz (Herborn), Britta Haßelmann,
Krista Sager, Grietje Bettin, Ekin Deligöz, Katrin Göring-Eckardt
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ankündigung eines „Freiwilligen technischen Jahres“

Die Bundesregierung hat auf ihrer Klausur in Meseberg am 23./24. August 2007
beschlossen, Schulabgängerinnen und -abgängern künftig ein „freiwilliges tech-
nisches Jahr“ zu ermöglichen. Laut Bundesministerin für Bildung und For-
schung, Dr. Annette Schavan, richtet sich das Angebot an alle jungen Menschen,
die sich für technikwissenschaftliche Berufe interessierten. Im Rahmen eines
„freiwilligen technischen Jahres“ sollen die Jugendlichen durch Langzeitprak-
tika die Arbeit in Unternehmen aus technischen oder naturwissenschaftlichen
Bereichen kennenlernen. Das geplante Projekt solle dem Fachkräftemangel ent-
gegenwirken. Als gemeinsame Initiative von Bundesregierung und Wirtschaft
soll das „freiwillige technische Jahr“ bereits im kommenden Jahr starten. Im
Haushaltsentwurf für 2008 sind dafür bereits 4 Mio. Euro eingeplant. Das
Spektrum an Freiwilligendiensten würde damit offenbar erweitert um eine Art
freiwillige Berufsorientierung in einem wirtschaftlichen Teilsegment.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Was hat die Bundesregierung und das Bundesministerium für Bildung und
Forschung (BMBF) dazu veranlasst, ein „freiwilliges technisches Jahr“ ein-
zurichten?

2. Welche Ziele verfolgt die Bundesregierung mit dem „freiwilligen techni-
schen Jahr“, und wie will sie diese erreichen?

3. An welche Zielgruppen (u. a. Altersgruppen) soll sich das „freiwillige tech-
nische Jahr“ richten?

a) Richtet sich das „freiwillige technische Jahr“ schwerpunktmäßig an
Schulabgänger oder Schulabbrecher?

b) Richtet sich das „freiwillige technische Jahr“ schwerpunktmäßig an junge
Frauen oder junge Männer?

4. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um wie angekün-
digt gezielt junge Frauen für technische Berufe und damit auch für das „frei-

willige technische Jahr“ zu interessieren?

5. In welchem Verhältnis steht das „freiwillige technische Jahr“ konzeptionell
zu den anderen bereits bestehenden Freiwilligendiensten, wie u. a. dem frei-
willigen sozialen oder ökologischen Jahr?

6. Welches Ministerium wird die Federführung für das „freiwillige technische
Jahr“ innehaben?

Drucksache 16/6344 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

7. Plant das BMBF beim „freiwilligen technischen Jahr“ mit dem Bundes-
ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, dem Bundesminis-
terium für Wirtschaft und Technologie oder einem anderen Bundesminis-
terium zu kooperieren?

a) Falls nein, warum nicht?

b) Falls ja, mit welchem, ab wann, und in welcher Form?

8. Ist das „freiwillige technische Jahr“ innerhalb der Initiative „ZivilEngage-
ment: Miteinander – füreinander“ berücksichtigt?

9. Welchen konzeptionellen Stellenwert nimmt das „freiwillige technische
Jahr“ im Rahmen der neuen „Nationalen Qualifizierungsoffensive“ der
Bundesregierung ein?

10. Wie genau will die Bundesregierung mit einem „freiwilligen technischen
Jahr“ dem Fachkräftemangel quantitativ und qualitativ entgegenwirken?

11. Welche Institution soll die Vermittlung, Betreuung und Weiterqualifizie-
rung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des „freiwilligen technischen
Jahres“ übernehmen, und wie wird diese finanziert?

12. Welche Bildungsmaßnahmen sind im Rahmen des „freiwilligen techni-
schen Jahres“ vorgesehen?

13. Wie genau unterscheidet sich das von Bundesministerin Dr. Annette
Schavan angekündigte „freiwillige technische Jahr“ von den existierenden
berufsvorbereitenden Maßnahmen im sog. Übergangssystem der beruf-
lichen Bildung?

Worin liegt der Unterschied zur Einstiegsqualifizierung (EQJ)?

14. Teilt die Bundesregierung die Befürchtung, dass das „freiwillige technische
Jahr“ die Zahl und den Umfang von Warteschleifen zwischen schulischer
und beruflicher bzw. akademischer Ausbildung erhöht/erweitert, und wie
könnte eine solche Entwicklung vermieden werden?

15. Mit wie vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern rechnet das federfüh-
rende Bundesministerium für das „freiwillige technischen Jahr“, und wie
viele Plätze sollen im Jahr 2008 geschaffen werden?

16. Wie gestaltet sich die reguläre Laufzeit für einen Teilnehmer/eine Teilneh-
merin eines „freiwilligen technischen Jahres“?

Kann die Laufzeit individuell verkürzt bzw. verlängert werden?

17. In welcher Höhe und von welchen Kostenträgern sollen die Teilnehmer
eines „freiwilligen technischen Jahres“ vergütet werden?

Falls die Kosten vollständig oder zum Teil vom Staat getragen werden sol-
len, mit welcher Begründung finanziert die Bundesregierung privatwirt-
schaftlichen Unternehmen kostenlose Arbeitskräfte bzw. Praktikanten?

18. Wie ist die Förderung eines unbezahlten oder gering bezahlten „freiwilligen
technischen Jahres“ als de-facto-Langzeitpraktikum in Unternehmen mit
den Ankündigungen der Bundesregierung zu fairen Praktikabedingungen
(Stichwort Generation Praktikum) in Einklang zu bringen?

19. Wieso wird ein technisches Praktikum für Interessierte als „freiwilliges
technisches Jahr“ nach Abschluss der Schulausbildung konzipiert und nicht
als Kurzzeitpraktikum im Rahmen der schulischen oder beruflichen Ausbil-
dung integriert?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6344

20. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass ein „freiwilliges technisches
Jahr“ in einem privatwirtschaftlichen Unternehmen genauso förderungs-
würdig ist wie ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr in gemein-
nützigen Organisationen?

21. Welche Voraussetzungen muss ein Unternehmen erfüllen, um ein „freiwil-
liges technisches Jahr“ anbieten zu dürfen?

22. Mit welchen Anreizen will die Bundesregierung Jugendliche dafür gewin-
nen, ohne oder gegen geringe Bezahlung ein Jahr lang in einem Unterneh-
men zu arbeiten?

23. Sollen die Erfahrungen eines „freiwilligen technischen Jahres“ für eine
Ausbildung oder ein Studium anrechenbar gemacht werden?

Falls ja, wie?

Berlin, den 11. September 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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