BT-Drucksache 16/6247

Kommunikationsfehler im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

Vom 21. August 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6247
16. Wahlperiode 21. 08. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Kerstin Andreae, Grietje Bettin, Alexander Bonde,
Anna Lührmann, Birgitt Bender, Christine Scheel, Dr. Gerhard Schick und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kommunikationsfehler im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

Wie am 12. August bekannt wurde, hat die im Auftrag des Bundesministeriums
für Wirtschaft und Technologie handelnde Agentur Flaskamp AG gegenüber
Regionalzeitungen unzulässigerweise Angebote zur Schaltung von bezahlten
Anzeigen des Ministeriums mit Angeboten über die Mitwirkung an einer Ver-
anstaltungsreihe mit der Vereinbarung einer entsprechenden Berichterstattung
verknüpft.

Mit dieser Vorgehensweise hätte sich das Ministerium für Wirtschaft und Tech-
nologie eine genehme Berichterstattung eingekauft. Nach den Korruptionsvor-
würfen durch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Bundesminister für Wirt-
schaft und Technologie, Michael Glos, den Vertrag mit der Agentur gekündigt.

Damit kann die Aufklärung dieses massiven Verstoßes gegen die Grundsätze
demokratischer Pressearbeit aber nicht abgeschlossen sein.

Schon die gleichzeitige Vergabe der Entwicklung und des Vertriebs von An-
zeigen und von Pressearbeit an eine Agentur stellt einen schweren Verstoß ge-
gen die berufsethischen Grundsätze von Public Relations dar, wie sie u. a. der
europäische Dachverband Confédération Européenne des Relations Publiques
(CERP) der 1989 im Code de Lisbonne entwickelt hat. Dort heißt es:

„Clause 15: Any attempt to deceive public opinion or its representatives is
strictly forbidden. Any form of blackmail, corruption or exertion of undue
influence, especially in relation to the information media, is forbidden. News
must be provided without charge and with no private understanding or hidden
reward for its use or publication.“

Der deutsche Pressekodex wiederum beschreibt Berichterstattung als Gegen-
leistung für Anzeigenschaltung als schweren Verstoß gegen das Berufsethos
von Journalisten. Der deutsche Presserat sanktioniert entsprechende Vorgehens-
weisen seiner Mitglieder.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Stellen der Bundesregierung bzw. der Bundesministerien haben mit
der Flaskamp AG zusammengearbeitet?

Welche Aufgaben wurden durch diese Agentur wahrgenommen?

Wie hoch war das Auftragsvolumen?

Drucksache 16/6247 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2. In welchen Fällen hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Technolo-
gie Aufträge über die Entwicklung und Vergabe von Werbeanzeigen zu-
gleich mit Aufträgen über Pressearbeit zu den Themen der Anzeigen gleich-
zeitig an eine Agentur vergeben?

Wer war für diese Entscheidung verantwortlich?

Wie hoch war das Auftragsvolumen?

Wie rechtfertigt das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
diese gemeinsame Auftragsvergabe?

3. In welchen Fällen waren Abteilungen oder Mitarbeiter des Bundesministe-
riums für Wirtschaft und Technologie zugleich mit der Vergabe von Anzei-
genaufträgen und der Pressearbeit zu Aktionen, Veranstaltungen und Vorha-
ben des Ministeriums befasst?

4. In welchen Fällen berichteten Zeitungen über gemeinsam mit dem Bundes-
ministerium für Wirtschaft und Technologie organisierte Veranstaltungen in
Ausgaben, in denen das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
zugleich Anzeigen schaltete?

5. In welchen Fällen berichteten Radio- oder Fernsehsender über Veranstaltun-
gen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie in Sendungen,
die durch Werbeeinschaltungen von Spots der Bundesregierung oder eines
Bundesministeriums unterbrochen oder eingerahmt wurden?

6. Wie wird die Einhaltung der berufsethischen Grundsätze der Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit in den Stabsstellen und Abteilungen des Bundesminis-
teriums für Wirtschaft und Technologie kontrolliert?

Wie werden die hiermit befassten Mitarbeiter geschult?

Welche berufsethischen Grundsätze werden dabei vermittelt?

7. Welche Rolle spielt die Einhaltung des Berufsethos durch beauftragte Agen-
turen in der Auftragsvergabe des Bundesministeriums für Wirtschaft und
Technologie?

Wie will das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gewähr-
leisten, dass Verstöße gegen die Grundsätze demokratischer Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit nicht mehr vorkommen und bisher vorgekommene
Verstöße geahndet werden?

8. Wer war im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie an der Ver-
gabe des Auftrages an die Flaskamp AG beteiligt?

Welchen Inhalt hatte der Vertrag mit der Agentur?

Zu wann wurde dieser Vertrag gekündigt?

Welche Folgekosten wie z. B. Abfindungen wurden durch die Kündigung
des Vertrages fällig?

Mit welchen Konsequenzen haben an der Auftragsvergabe beteiligte Perso-
nen und Abteilungen zu rechnen?

9. Mit welchen Konsequenzen müssen die im Bundesministerium für Wirt-
schaft und Technologie beteiligten Abteilungen und Personen rechnen, die
bisher für die zeitgleiche und gemeinsame Vergabe von Werbeaktionen und
Pressearbeit an eine Agentur zuständig waren?

Welche Maßnahmen hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Techno-
logie ergriffen oder angeschoben, um solche Verstöße gegen die Grundsätze
demokratischer Pressearbeit zukünftig zu verhindern?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6247

10. Wie bewertet das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie die
im Pressekodex beschriebenen Anforderungen an journalistische Arbeit?

Welchen Wert misst das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
den berufsethischen Anforderungen an Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
bei, wie sie 1989 im Code de Lisbonne formuliert wurden?

Wie fördert es die Umsetzung dieser Grundsätze in der Arbeit ihrer eigenen
Abteilungen?

Berlin, den 21. August 2007

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.