BT-Drucksache 16/6243

Weiterentwicklung der Anhaltspunkte zur Feststellung einer Behinderung

Vom 21. August 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6243
16. Wahlperiode 21. 08. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Klaus Ernst, Dr. Martina Bunge, Katja Kipping,
Elke Reinke, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Weiterentwicklung der Anhaltspunkte zur Feststellung einer Behinderung

Die „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädi-
gungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht“ (AP) dienen als Richtlinien
zur Begutachtung von Schädigungsfolgen und Feststellung eines Grades der
Behinderung (GdB), einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) und der
Voraussetzungen für Nachteilsausgleiche durch im Schwerbehindertenausweis
eingetragene Merkzeichen. Die vom jeweils zuständigen Ministerium herausge-
gebenen und von einem ärztlichen Sachverständigenbeirat beschlossenen AP
entbehren einer gesetzlichen Grundlage. Sie werden nach ständiger Recht-
sprechung des Bundessozialgerichts (BSG) wie untergesetzliche Normen an-
gewandt. Dagegen gibt es erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Die
obersten Gerichte mahnten bereits mehrfach den Erlass einer Ermächtigungs-
grundlage für die AP an. Dennoch billigte das BSG dem zuständigen Bundes-
ministerium als Herausgeber der AP einen der gerichtlichen Nachprüfung nicht
zugänglichen Einschätzungsspielraum bei der Festlegung eines GdB/MdE-
Grades in Bezug auf eine Gesundheitsstörung zu. In der Einleitung der auf der
Internetseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) veröf-
fentlichten AP ist zu lesen: „Im Hinblick auf die bevorstehende Verrechtlichung
der ‚Anhaltspunkte‘…“.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie ist der Stand des Prozesses hin zu einer Verrechtlichung der Anhalts-
punkte, und mit wem arbeitet die Bundesregierung dabei zusammen?

2. Wie oft tagt der für die Fortschreibung der Anhaltspunkte zuständige ärzt-
liche Sachverständigenbeirat im Sektor Versorgungsmedizin des BMAS?

3. Aus welchen Personen welcher Berufsgruppen setzt sich dieser Sachverstän-
digenbeirat zusammen, und von wem werden die Personen dorthin berufen?

4. Wo veröffentlicht das BMAS die Tagungsniederschriften des Sachverständi-
genbeirats, die oftmals zur Klärung von Auslegungsfragen notwendig sind?

5. Wie erklärt sich die Bundesregierung die verbreitete Praxis der für die GdB-

Erteilung zuständigen Ämter, dass Jugendlichen mit Gesundheitsstörungen
(z. B. Mukoviszidose) bei Erreichen des 16. bzw. 18. Lebensjahres automa-
tisch und ohne Prüfung das Merkzeichen H (hilflos) aberkannt wird?

6. Was wird die Bundesregierung dagegen unternehmen?

Drucksache 16/6243 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
7. Was hält die Bundesregierung von der Forderung, Contergan geschädigten
Ohnarmern das Merkzeichen aG (außergewöhnlich gehbehindert) zuzuer-
kennen, damit sie den mit diesem Merkzeichen verbundenen Nachteilsaus-
gleich der besonderen Parkerleichterung (Benutzung von Parkplätzen mit
Rollstuhlfahrersymbol) in Anspruch nehmen können?

8. Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die Anhaltspunkte dies-
bezüglich geändert werden, oder sieht sie eine andere Lösung, die barriere-
freie Teilhabe für Conterganbetroffene diesbezüglich sicherzustellen?

Berlin, den 14. August 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.