BT-Drucksache 16/5977

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -16/5723, 16/5928- Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Verbraucherinformation

Vom 4. Juli 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5977
16. Wahlperiode 04. 07. 2007

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan,
Dr. Edmund Peter Geisen, Marina Schuster, Birgit Homburger, Dr. Karl Addicks,
Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Mechthild
Dyckmans, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich
(Bayreuth), Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen), Heinz-Peter Haustein, Elke
Hoff, Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp,
Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Ina Lenke, Michael Link
(Heilbronn), Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-
Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Cornelia Pieper, Gisela Piltz,
Jörg Rohde, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner,
Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Volker Wissing, Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 16/5723, 16/5928 –

Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Verbraucherinformation

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Rechts der Ver-
braucherinformation (VIG-E) auf Bundestagsdrucksache 16/5723 weist immer
noch erhebliche Schwachstellen auf. Dies hat die öffentliche Anhörung zum
inhaltsgleichen Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD am
13. Juni 2007 ergeben. Die in den Anträgen auf Bundestagsdrucksachen 16/2036
und 16/4447 der Fraktion der FDP vorgebrachten Kritikpunkte wurden in der
Anhörung bestätigt. Nach einer seit 2002 andauernden Diskussion über ein
Verbraucherinformationsgesetz können Verbraucher mit Recht ein ausgereiftes
und mit Informationsansprüchen aus anderen Gesetzen konsistentes Regelungs-
werk erwarten. Im Sinne einer bürgerfreundlichen Ausgestaltung des VIG ist
daher eine Nachbesserung des Gesetzentwurfs insbesondere in folgenden Be-

reichen dringend erforderlich:

1. dem gegenständlichen Anwendungsbereich des Gesetzes,

2. dem Verhältnis des VIG-E zu Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes
(IFG) und der Länder,

3. der Verfahrens- und Gebührenregelungen,

4. der Regelung zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen.

Drucksache 16/5977 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

1. Gegenständlicher Anwendungsbereich

Die Beschränkung der Auskunftsansprüche im Kern auf Gegenstände des
Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs ist nach dem Ergebnis der An-
hörung nicht zu rechtfertigen. Beispielweise liegen im Bereich der technischen
Sicherheit von Produkten als Folge einer umfassenden Gesetzgebung in diesem
Bereich bei Behörden vielfältige Informationen vor, auf die Verbraucher Infor-
mationsansprüche haben sollten. Im Bereich der Finanzdienstleistungen könnte
eine aktive Information der Behörden über bekannte Rechtsverstöße von Unter-
nehmen Anleger wirksam vor erheblichen Vermögensschäden schützen. Die
praktische Bedeutung eines erweiterten Anwendungsbereichs zeigen die jüngs-
ten Finanzskandale der sog. Göttinger Gruppe und Phoenix Kapitaldienst
GmbH.

2. Verhältnis des VIG-E zu Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes und der
Länder

Nach § 1 Abs. 4 sollen Bestimmungen über den Informationszugang auf Grund
anderer Gesetze unberührt bleiben. Nach der Gesetzesbegründung zu dieser
Norm wird hingegen im Konkurrenzverhältnis mit anderen Vorschriften zum In-
formationszugang ein Vorrang des VIG-E angenommen. Ein Vorrang des VIG- E
gegenüber dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes würde jedoch zu einer
deutlichen Schlechterstellung der Rechtsposition des Verbrauchers im Verhält-
nis zum status quo führen. Auch für die Bürger der acht Bundesländer mit eige-
nen Informationsfreiheitsgesetzen bedeutet der Gesetzentwurf teilweise einen
Rückschritt im Verhältnis zu bestehenden und weiterreichenden Verbraucher-
rechten. Dies kann nicht Ziel eines Verbraucherschutzgesetzes sein. Das Verhält-
nis zwischen VIG-E und Informationsfreiheitsgesetzen sollte daher in einer
Weise harmonisiert werden, die sich an dem für den Verbraucher aktuell güns-
tigsten Rechtsbestand orientiert.

3. Abschreckende Wirkung von Verfahrens- und Gebührenregelungen

Bürokratische Verfahrensregeln und die Gebührenpflicht für Auskünfte sowie
fehlende außergerichtliche Streitbeilegungsmöglichkeiten im Gesetzentwurf
entfalten eine abschreckende Wirkung auf Auskunftssuchende. Nach dem Ge-
setzentwurf sollen Verbraucher auch für Auskünfte zu Gesundheits- und Sicher-
heitsrisiken, die laut Gesetzesbegründung den Kernbestandteil eines vorbeugen-
den Verbraucherschutzes darstellen, zahlen müssen.

Daher sollte der Anteil kostenfreier Informationen ausgeweitet und für kosten-
pflichtige Informationen eine Obergrenze eingeführt werden. Die Möglichkeit
der Verwaltung, durch Einführung prohibitiv hoher Gebühren das Gesetz im
Vollzug zu entwerten, ist durch eine gesetzliche Regelung zu unterbinden. In den
vorgesehenen Verfahrensfristen und insbesondere in der Verdoppelung der
Bearbeitungsdauer auf zwei Monate (bei Beteiligung Dritter am Verfahren)
sehen Sachverständige zu Recht eine Regelung, die überlange Verfahrensdauern
produziert und damit Auskunftssuchende abschreckt. Entsprechend § 7 Abs. 5
IFG ist die Behörde daher zu verpflichten, Informationen „unverzüglich“ ver-
fügbar zu machen. Insbesondere im verbraucherschutzrelevanten Bereich wer-
den Informationen durch Zeitablauf rasch wertlos. Für Verbraucher sollte als
unbürokratische Alternative zu zeitlich und finanziell belastenden Rechtsmittel-
verfahren die außergerichtliche Streitschlichtung bspw. durch Anrufung des
beim Bund und in einer Reihe von Ländern bereits vorhandenen Beauftragten
für Informationsfreiheit ermöglicht werden.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/5977

4. Regelung zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen

Die Mehrheit der Sachverständigen hat in der Anhörung die Kritik der FDP-
Bundestagsfraktion an der fehlenden Rechtsklarheit und Unübersichtlichkeit der
vielfältigen Einschränkungen des Auskunftsanspruchs in Artikel 1 § 2 bestätigt.
Dies gilt insbesondere für Artikel 1 § 2 Nr. 2 Buchstabe c, wonach ein Aus-
kunftsanspruch nicht nur bei Vorliegen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnis-
sen ausgeschlossen wird, sondern darüber hinaus auch für „sonstige wett-
bewerbsrelevante Informationen, die mit den Betriebs- und Geschäftsgeheim-
nissen vergleichbar sind“. Damit entsteht eine erhebliche Unklarheit für Ver-
braucher, vollziehende Behörde und Unternehmen hinsichtlich der Frage der
„Vergleichbarkeit“. Es werden zwangsläufig unnötige Rechtsstreitigkeiten pro-
voziert. Der Deutsche Bundestag spricht sich für eine rechtsklare Regelung des
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses nach dem Vorbild des IFG aus, das eben-
falls einen solchen Zusatz nicht kennt.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

einen unter Beachtung folgender Maßgaben geänderten Gesetzentwurf für ein
Verbraucherinformationsgesetz vorzulegen:

– in Artikel 1 § 1 ist der Anwendungsbereich des Gesetzes auf alle Produkte
und Dienstleistungen zu erweitern;

– die Schlechterstellung der Verbraucherinnen und Verbraucher ist bei Aus-
kunftsansprüchen nach dem VIG-E im Verhältnis zum IFG insbesondere in
Artikel 1 §§ 2, 3, 6 und 10 zu korrigieren und an den im IFG erreichten Stan-
dard anzupassen;

– ausdrücklich in Artikel 1 § 1 Abs. 4 ist zu verankern, dass das IFG durch das
VIG-E nicht verdrängt wird, soweit es günstigere bzw. weitergehende Aus-
kunftsrechte als das VIG-E einräumt;

– die Kostenfreiheit für Auskünfte nach Artikel 1 § 1 Abs. 1 Nr. 1 ist entgegen
den Forderungen des Bundesrates beizubehalten und auf Informationen über
Erzeugnisse mit Gefahren für Gesundheit oder Sicherheit der Verbraucher
und Verbraucherinnen nach Artikel 1 § 1 Abs. 1 Nr. 2 auszudehnen;

– die Regelung des § 10 Abs. 2 IFG ist zu übernehmen, wonach Gebühren
„auch unter Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes so zu bemessen
sind,“ dass der Informationszugang wirksam in Anspruch genommen werden
kann;

– in Artikel 1 § 2 Nr. 2 Buchstabe c sind die Worte „oder sonstige wett-
bewerbsrelevante Informationen, die in ihrer Bedeutung für den Betrieb mit
einem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis vergleichbar sind“ zu streichen.

Berlin, den 4. Juli 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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