BT-Drucksache 16/5694

zu dem Antrag der Abgeordneten Gisela Piltz, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Dr. Max Stadler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -16/4607- Beitritt des Bundes zum Rechtsstreit des Landes Schleswig-Holstein gegen die EU-Kommission

Vom 15. Juni 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5694
16. Wahlperiode 15. 06. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht

des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Gisela Piltz, Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger, Dr. Max Stadler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 16/4607 –

Beitritt des Bundes zum Rechtsstreit des Landes Schleswig-Holstein
gegen die EU-Kommission

A. Problem

Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat vor dem Europäischen Gerichtshof
wie vor dem Europäischen Gericht erster Instanz (EuG) Nichtigkeitsklage gegen
die Entscheidung der Europäischen Kommission erhoben, dem Land Schleswig-
Holstein den vollständigen Zugang zum internen Kommissionsdokument SEK
(2005) 420 zu verweigern. In diesem Dokument findet sich die rechtliche Be-
gründung für die Wahl der Rechtsgrundlage für die Richtlinie 2006/24/EG zur
Vorratsdatenspeicherung. Die Antragsteller fordern die Bundesregierung auf,
dem Rechtsstreit auf Seiten des Landes Schleswig-Holstein beizutreten. Zum
einen habe der Landtag Schleswig-Holsteins die Bundesregierung hierzu in
einem einstimmigen Beschluss aufgefordert, zum anderen würden in dem Streit
bundespolitische Interessen berührt.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Drucksache 16/5694 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/4607 abzulehnen.

Berlin, den 13. Juni 2007

Der Rechtsausschuss

Andreas Schmidt (Mülheim)
Vorsitzender

Dr. Günter Krings
Berichterstatter

Klaus Uwe Benneter
Berichterstatter

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Berichterstatterin

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Jerzy Montag
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/5694

Bericht der Abgeordneten Dr. Günter Krings, Klaus Uwe Benneter,
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Jörn Wunderlich, Jerzy Montag

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
16/4607 in seiner 97. Sitzung am 10. Mai 2007 in erster
Lesung beraten und zur federführenden Beratung dem
Rechtsausschuss sowie zur Mitberatung dem Innenaus-
schuss sowie dem Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Innenausschuss hat die Vorlage in seiner 44. Sitzung
am 13. Juni 2007 beraten und mit den Stimmen der Fraktio-
nen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Frak-
tionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
die Ablehnung des Antrags empfohlen.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat die Vorlage in seiner 36. Sitzung am 13. Juni 2007
beraten und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung
des Antrags empfohlen.

III. Beratung im Rechtsausschuss

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 67. Sitzung
am 13. Juni 2007 abschließend beraten und mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung zweier Abgeordneter der
Fraktion der CDU/CSU beschlossen, die Ablehnung des An-
trags zu empfehlen.

Die Fraktion der FDP erläuterte ihren Antrag. In dem zu-
grundeliegenden Streit gehe es unter anderem um die Aus-
legung der Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit gemäß Arti-
kel 10 des Vertrages zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft (EGV), die nicht nur einseitig auf Seiten des
Bundes und der Länder, sondern auch seitens der EU-
Kommission bestehe. Grundlegende Rechte der Parlamente
im Hinblick auf den Zugang zu Dokumenten der Europäi-
schen Gemeinschaft stünden hier in Frage. Aus diesen Grün-
den sei Finnland diesem Rechtsstreit auf Seiten des Land-
tages Schleswig-Holsteins beigetreten. Die Fraktion der
FDP betonte, dass es ihr bei dem Antrag um die Klärung des
Zugangs zu EU-Dokumenten losgelöst von dem zugrunde-
liegenden Thema – der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspei-

cherung – gehe. Sie stellte fest, dass die Klage zwar bereits
im Amtsblatt veröffentlicht worden sei, ein Beitritt als Streit-
helfer jedoch noch bis zur Veröffentlichung des Beschlusses
über eine mündliche Verhandlung möglich sei.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellte den
Hintergrund der Klage dar. So habe die EU-Kommission
ihren ersten Entwurf einer Richtlinie zur Vorratsdatenspei-
cherung mit der Notwendigkeit der Bekämpfung der grenz-
überschreitenden organisierten Kriminalität begründet und
in der dritten Säule, der Zusammenarbeit im Bereich Recht
und Inneres, angesiedelt. Da die hierfür erforderliche Ein-
stimmigkeit nicht erreicht worden sei, habe die EU-Kom-
mission im laufenden Verfahren die Rechtsgrundlage geän-
dert und nunmehr ihren Vorschlag mit der Vereinheitlichung
im Binnenmarkt – erste Säule – begründet. Die Grundlage
für diesen Wechsel sei ein juristisches Gutachten gewesen,
das zunächst als geheim bezeichnet worden und Gegenstand
des dem Antrag zugrundeliegenden Rechtsstreits sei. Die
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstütze den An-
trag, um für mehr Transparenz und Offenheit bei der Euro-
päischen Kommission zu sorgen.

Die Fraktion der SPD begründete ihre Ablehnung des
Antrags damit, dass die Pflicht der loyalen Zusammenarbeit
gemäß Artikel 10 EGV nicht verletzt worden sei. Die Euro-
päische Kommission berufe sich auf die Transparenzverord-
nung, die die zu veröffentlichenden Dokumente genau fest-
lege. Bisher sei die Bundesrepublik Deutschland keinem
Gerichtsverfahren beigetreten, in dem die Vereinbarkeit von
Gemeinschaftsrecht mit Primärrecht in Frage gestanden
habe. Der Antrag auf Streithilfe sei auch gemäß Artikel 115
der Verfahrensordnung des EuG verfristet, so dass nur noch
die sog. kleine Streithilfe möglich sei. Eine Verletzung der
Rechte von Abgeordneten wies sie zurück, zumal das um-
strittene Dokument mittlerweile veröffentlicht sei.

Die Fraktion der CDU/CSU stimmte den Ausführungen
der Fraktion der SPD zu. Ergänzend wies sie darauf hin, dass
Hintergrund dieses Antrags die Vorratsdatenspeicherung sei.
Hiermit habe sich der Rechtsausschuss bereits mehrfach be-
fasst und werde dies anlässlich der Umsetzung der EU-
Richtlinie in deutsches Recht erneut tun. Im Übrigen verste-
he sie, dass der Landtag Schleswig-Holstein die Frage des
Zugangs zu Dokumenten höchstrichterlich klären lassen
wolle. Gerade wegen der föderalen Aufgabenverteilung sehe
sie aber keine Notwendigkeit, diesem Rechtsstreit eines
Landtages beizutreten. Auch die anderen Landtage seien
hierzu ja nicht aufgefordert.

Berlin, den 13. Juni 2007

Dr. Günter Krings
Berichterstatter

Klaus Uwe Benneter
Berichterstatter

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Berichterstatterin

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Jerzy Montag
Berichterstatter

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.