BT-Drucksache 16/5481

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD -16/4841 16/5452- Entwurf eines Unternehmensteuerreformgesetzes 2008

Vom 23. Mai 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5481
16. Wahlperiode 23. 05. 2007

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Frank Schäffler, Carl-Ludwig Thiele,
Dr. Volker Wissing, Birgit Homburger, Jens Ackermann, Daniel Bahr (Münster),
Uwe Barth, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Patrick Döring, Mechthild
Dyckmans, Jörg van Essen, Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich (Bayreuth),
Dr. Edmund Peter Geisen, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen), Heinz-Peter
Haustein, Elke Hoff, Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb,
Gudrun Kopp, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke,
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan
Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt),
Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Dr. Konrad Schily, Marina Schuster,
Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein,
Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle
und der Fraktion der FDP

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
– Drucksachen 16/4841,16/5452 –

Entwurf eines Unternehmensteuerreformgesetzes 2008

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Deutsche Bundestag begrüßt einerseits die geplante Entlastung der Unter-
nehmen und die Einführung einer Zinsabgeltungssteuer. Andererseits vermisst
er die notwendigen Änderungen der Strukturen des Unternehmensteuerrechts
zur Schaffung eines international wettbewerbsfähigen Steuerrechts: Rechts-
form- und Finanzierungsneutralität bei der Besteuerung der Unternehmen wer-
den nicht erreicht. Es gibt nicht einmal den Versuch, eine europafähige Gruppen-
bzw. Konzernbesteuerung vorzulegen; ebenso fehlt ein flexibles Umwandlungs-
steuerrecht, das betriebswirtschaftlich optimale Konzernstrukturen ohne steuer-
liche Belastungen ermöglicht. Schließlich bleibt die Steuervereinfachung gänz-

lich auf der Strecke, im Gegenteil wird das Steuerrecht durch neue, kaum
verständliche Regelungen weiter verkompliziert.

Die Abgeltungssteuer auf Zinsen und Dividenden ist wegen des erheblichen
Vereinfachungspotenzials bei der Besteuerung zu begrüßen. Die Einbeziehung
von Veräußerungsgewinnen ist wegen der schädlichen Wirkungen auf den
Finanzplatz Deutschland allerdings abzulehnen. Die private Altersvorsorge ins-
besondere durch das Fondssparen wird durch diese Einbeziehung deutlich

Drucksache 16/5481 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
erschwert. Leider sind die Regelungen des Gesetzentwurfs viel zu kompliziert.
Zu kritisieren ist in diesem Zusammenhang, dass anders als angekündigt der
Kontenabruf durch die Finanzämter nicht entfallen soll.

Die Tarifabsenkung für die Unternehmen im Volumen von ca. 30 Mrd. Euro soll
mit vielen z. T. unsystematischen, verfassungsrechtlich bedenklichen und will-
kürlichen Maßnahmen von etwa 25 Mrd. Euro gegenfinanziert werden, so dass
eine rechnerische Entlastung von knapp 5 Mrd. Euro bleibt. Die Wirtschaft zahlt
also ihre Steuerentlastung weitgehend selbst. Die Belastungen sind dabei unter-
schiedlich verteilt, da ertragsstarke eigenkapitalfinanzierte Unternehmen viel
stärker profitieren als ertragsschwache, auf Fremdkapital angewiesene Betriebe.
Es kommt dadurch zur sog. Mittelstandslücke. Einzelne Branchen wie Leasing-
unternehmen oder auch forschende Betriebe sind besonders betroffen.

Die Ausweitung der Bemessungsgrundlage bei der Gewerbesteuer durch die
Hinzurechnung sämtlicher Zinsen und der Finanzierungsanteile aus Mieten,
Pachten und Leasingraten ist wirtschaftspolitisch unsinnig. Die Zinsschranke
verstößt eklatant gegen das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit
und ist damit verfassungsrechtlich bedenklich. Die neuen Regelungen zur Funk-
tionsverlagerung sind mit EU-Recht sicher nicht vereinbar. Die Verschärfungen
beim Mantelkauf behindern international agierende Unternehmen, erschweren
Sanierungen und Neugründungen und schaden damit dem Wirtschaftsstandort
Deutschland. Nicht nachvollziehbar schließlich sind die alle Unternehmen tref-
fenden Verschlechterungen bei den Abschreibungsbedingungen.

Die im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens vorgenommenen Nachbesserungen
zeigen auf der einen Seite, dass die großen Schwächen des Gesetzentwurfs
erkannt wurden. Auf der anderen Seite sind diese Maßnahmen bei weitem nicht
ausreichend, um die negativen Wirkungen des Entwurfs zu beseitigen.

II. Der Deutsche Bundestag beschließt:

1. Der Deutsche Bundestag lehnt den Entwurf eines Unternehmensteuerreform-
gesetzes 2008 ab.

2. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, ein Konzept für
eine strukturelle Reform der Unternehmensbesteuerung vorzulegen, das
europatauglich ist und die wirtschaftlichen Belange der Unternehmen aus-
reichend berücksichtigt und überfällige Maßnahmen zur Steuerverein-
fachung vorsieht.

Berlin, den 23. Mai 2007

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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